Die Universität als „Hohe Schule“
Der Polizeistaat unter Metternich, der durch Verfolgung liberaler Köpfe, Zensur, Unterdrückung von Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit geprägt war, ließ akademische Freiheiten nicht aufkommen.
Das österreichische Studienwesen des Vormärz fußte auf den Bildungsreformen aus der Zeit Maria Theresias und ihres Sohnes Joseph II. Wesentliche Neuerungen waren die Verstaatlichung der bislang formal selbständigen Universitäten sowie die Ausrichtung der akademischen Studien auf ihre Nützlichkeit und Anwendbarkeit für die Aufgaben des Staates. An die Stelle der kirchlichen bzw. jesuitischen Dominanz trat die staatliche Aufsicht im Zeichen der Spätaufklärung und des Josephinismus. Die „hohen Schulen“ wurden nicht mehr als Korporationen sondern als „Veranstaltungen des Staates“ betrachtet. Sie dienten der Ausbildung von Beamten, Advokaten, Ärzten und Geistlichen etc., wissenschaftliche Forschung und Innovation waren nicht ihre Aufgaben. Dazu kamen die strenge obrigkeitliche Kontrolle des Lehrbetriebes durch staatliche Studiendirektoren und die Bindung der Lehre an approbierte Lehrbücher oder Vorlesungsskripten. Die Studierenden mussten den obligaten zweijährigen „Cursus philosophicus“ an der Philosophischen Fakultät als Propädeutikum für ein nachfolgendes Fachstudium an einer der drei „höheren Fakultäten“ absolvieren: Theologie (3 Jahre), Jus (4 Jahre) oder Medizin (5 Jahre). Die Ablegung der strengen Prüfungen (Rigorosen) fand unter Aufsicht staatlicher Studiendirektoren statt, Professoren waren von den akademischen Funktionen ausgeschlossen und allein der Lehre verpflichtet.
Obrigkeitliche Furcht vor Lehr- und Lernfreiheit
Die großen Erfolge der deutschen Reformuniversitäten wie Halle, Göttingen oder Jena, welche im Zeichen von Lehr- und Lernfreiheit sowie durch die Betonung der wissenschaftlichen Qualifikation der Lehrkräfte, erzielt worden waren, wurden in der Habsburgermonarchie zwar wahrgenommen. Zu einer vergleichsweise liberalen Reform konnte man sich nicht durchringen. Auch die Gründung einer Akademie der Wissenschaften als Pflanzstätte innovativer Forschung blieb bis 1847 ein mehrfach ventilierter, aber unausgeführter Plan. So war wissenschaftliche Forschung auf die medizinischen Kliniken (Allgemeines Krankenhaus) und die Hofinstitute (Sammlungen, Museen, Bibliotheken, Archive) beschränkt.
Abschottung gegen internationale Entwicklung
Der Polizeistaat unter Metternich, der durch Verfolgung liberaler Köpfe, Zensur, Unterdrückung von Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit geprägt war, ließ akademische Freiheiten nicht aufkommen. Das österreichische Bildungswesen blieb konservativ, katholisch geprägt und von ausländischen Kontakten abgeschottet. Ein Studium an fremden Universitäten war verboten. Es wurden Professorengenerationen von gelehrten Enzyklopädisten herangezogen, denen wissenschaftliche Forschung oft fremd war. Diese Entwicklung führte dazu, dass die universitäre Lehre den Anschluss an das geistige Europa verlor. Thuns Berater Karl Ernst Jarcke meinte sogar: „Der Geist der Wissenschaft hatte von den hohen Schulen des Landes Abschied genommen, und seit Menschengedenken hatte […] kein österreichischer Professor einen deutschen, geschweige denn einen europäischen Namen gehabt.“ Zaghafte Versuche nach 1800, die veralteten Studiengänge zu modernisieren und „freie Vorlesungen“ neben den „obligaten“ zu etablieren änderten an der Rückständigkeit der Universitäten wenig. Der schulmäßige Studienbetrieb mit Anwesenheitskontrolle, den verhassten Kollegial-, Semestral- und Annualprüfungen und der verpflichtenden Teilnahme an den akademischen Gottesdiensten blieb aufrecht.
Die Befreiung von diesen Zwängen erfolgte schließlich im Gefolge der revolutionären Bewegung des Jahres 1848.
Zuletzt aktualisiert am 04/15/24
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Maria Theresia von Österreich (Habsburg)
13.5.1717–29.11.1780 -
Joseph II. von Österreich (Habsburg-Lothringen)
13.3.1741–20.2.1790