Karl Diener, o. Univ.-Prof. Dr. phil.
Functions
Dean | Faculty of Philosophy | 1919/20 |
Rector | Faculty of Philosophy | 1922/23 |
- Geography
- Geology
- Paleontology
- Faculty of Philosophy
Karl (Carl) Diener, Sohn des Blechwarenfabrikanten Carl Diener und Bruder u. a. der Schriftstellerin Bertha Eckstein-Diener (Pseudonym „Sir Galahad“), maturierte 1879 am Gymnasiums Wien-Landstraße. Anschließend studierte er Geographie, Geologie und Paläontologie an der Universität Wien, u.a. bei dem Geographen Friedrich Simony, dem Geologen Eduard Suess sowie dem Paläontologen Melchior Neumayr und promovierte 1883 „sub auspiciis imperatoris“ zum Doktor der Philosophie.
Zunächst vor allem auf geographischem Gebiet forschend sowie als begeisterter Alpinist, unternahm Diener zahlreiche Wanderungen in die Ost- und Westalpen und fungierte 1887/88 sowie 1892/93 als Präsident des Österreichischen Alpenklubs. 1885 unternahm er eine Forschungsreise über Syrien in den Libanon, auf der seine Habilitationsschrift „Libanon. Grundlinien der physischen Geographie und Geologie von Mittel-Syrien“ basierte. 1886 wurde er an der Universität Wien für Geographie habilitiert. Im Zuge weiterer ausgedehnter Studienreisen in Europa (1886, Auvergne, Pyrenäen und Graubünden, 1893 Spitzbergen), in die USA (1891 Rocky Mountains, Grand Canyon) und nach Asien (1892 Expedition zur Erforschung der Triasbildungen des Zentralhimalayagebietes im Auftrag der Akademie der Wissenschaften), verlagerte sich sein Forschungsinteresse allmählich auf Geologie (und Paläontologie). 1893 erfolgte auch seine Habilitation für das Fach Geologie und 1897 seine Ernennung zum außerordentlichen Professor für dieses Fach an der Universität Wien.
Zusammen mit Wilhelm Heinrich Waagen schlug Karl Diener 1895 die heute international definierte chronostratigraphische Stufe des Anisium vor. Erarbeitete mehrere Jahre an der Untersuchung des im Himalaya 1892 gesammelten Fossilienmaterials und wandte sich damit vermehrt paläontologischen Fragestellungen zu (bes. Ammoniten als Leitfossilien). Als Folge davon wurde er 1903 zum außerordentlichen, 1906 zum ordentlichen Professor für Paläontologie an der Universität Wien ernannt und übernahm ab 1903 auch die die Leitung des Paläontologischen Institutes.
Seine vielfältige wissenschaftliche Publikationstätigkeit setzte er jedoch auch im Bereich der stratigraphischen, faunistischen und geologischen Erforschung der Alpen fort, wo er zahlreiche Bergtouren unternahm. 1903 war er in der Rolle des Generalsekretärs maßgeblich an der Abhaltung des 9. Internationalen Geologenkongresses in Wien beteiligt.
Diener, den weitere ausgedehnte Reisen in den Ural und in den Kaukasus, nach Sibirien, Mexiko, Japan, Hawaii und Kanada führten, verfasste u.a. 1915 den Band über die wirbellosen Tiere der Triasformation für den „Fossilium Catalogus“ und übernahm 1920 die Herausgabe dieses Sammelwerks. 1925 publizierte er das Lehrbuch „Grundzüge der Biostratigraphie“.
Karl Diener gehörte zahlreichen in- und ausländischen Fachgesellschaften an, so der Geographischen Gesellschaft in Wien (1883 Mitglied, 1893 korrespondierendes Mitglied, später Ehrenmitglied), der Geologischen Gesellschaft in Wien (1907 Gründungsmitglied, 1910–1911 Präsident) und der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien (1909 korrespondierendes, seit 1914 wirkliches Mitglied). Auf internationaler Ebene gehörte er der Russischen Akademie der Wissenschaften in Leningrad (St. Petersburg), der Geological Society in London, der Geographischen Gesellschaft in München, der Sociedad Cientifica Antonio Alzate in Mexiko sowie der Academy of Natural Sciences in Philadelphia an und war außerdem Ehrenmitglied der Paläontologischen Gesellschaft in Leningrad und der British Assocation of Sciences in London.
Auch an der Universität nahm Karl Diener zentrale Ämter ein: Er amtierte im Studienjahr 1919/20 als Dekan der Philosophischen Fakultät und wurde im Studienjahr 1922/23 zum Rektor der Universität Wien gewählt. Bei seiner Wahl zum Rektor dürfte die antisemitische Professorenclique „Bärenhöhle“ eine wichtige Rolle gespielt haben.
Als Rektor trat er bereits in seiner Antrittsrede dafür ein, den „deutschen Charakter“ der Universität aufrechterhalten zu wollen. Mit seiner antisemitischen, deutschnationalen Haltung unterstützte er die gleichgesinnte Deutsche Studentenschaft auch explizit in ihrer Forderung für einen Numerus clausus von 10 Prozent für jüdische Studierende und Lehrende, so etwa in einem Beitrag für die Tageszeitung "Reichspost":
„In der geradezu erschreckenden Invasion solcher rassen- und wesensfremder Elemente, deren Kultur, Bildung und Moral tief unter jener der bodenständigen deutschen Studentenschaft stehen, liegt der wahre Krebsschaden unserer akademischen Verhältnisse. Der Abbau der Ostjuden muss heute im Programm jedes Rektors einer deutschen Hochschule einen hervorragenden Platz einnehmen. Der fortschreitenden Levantisierung Wiens muss wenigstens an den Hochschulen Einhalt geboten werden.“
(Das Memorandum der deutschen Studentenschaft, in: Reichspost, 10.12.1922, S. 1)
In seiner Amtszeit als Rektor wurde außerdem das lange geplante Denkmal für die gefallenen Universitätsangehörigen des Ersten Weltkrieges realisiert. Der Ankauf der von Josef Müllner geschaffenen Plastik mit der Inschrift „Ehre, Freiheit, Vaterland“ erfolgte vor allem mit Mitteln der Deutschen Studentenschaft im Mai 1923. Der in der Aula der Universität Wien aufgestellte „Siegfriedskopf“ wurde zu einem zentralen Symbol für die deutschvölkischen, später auch für die nationalsozialistischen Studenten.
Krankheitsbedingt legte Karl Diener 1924 die alleinige Leitung des Paläontologischen Institutes zurück und wurde bis 1928 von Gustav Adolf von Arthaber als Mitvorstand vertreten. Diener starb 1928 in Wien und wurde nach Einäscherung auf dem Evangelischen Friedhof Matzleinsdorf beigesetzt. 1932 wurde die Karl-Diener-Gasse in Wien-Favoriten nach ihm benannt.
Werke (Auswahl)
Das Zemmthal und seine Umrandung. Eine monographische Studie (Dissertation), 1882.
Die Struktur des Jordanquell[en]gebietes, 1885.
Libanon. Grundlinien der physischen Geographie und Geologie von Mittel-Syrien, 1886.
Der Gebirgsbau der Westalpen, 1891.
Ergebnisse einer geologischen Expedition in den Central-Himalaya von Johár, Hundes, und Painkhánda, 1895.
Bau und Bild Österreichs, 1903.
gem. mit Gustav von Arthaber: Excursion in die Dolomiten von Südtirol (Seiser Alpe, Schlern, Ampezzaner Dolomiten), 1903.
Paläontologie und Abstammungslehre, 1910.
(Hg.), Fossilium Catalogus I: Animalia. Cephalopoda triadica; Lamellibranchiata Triadica, 1915/1923.
Probleme des Lebendigen, aus dem fossilen Material beurteilt (Inaugurationsrede), 1922.
Das Memorandum der deutschen Studentenschaft (in: Reichspost, 10.12.1922), 1922.
Wien, sein Boden und seine Geschichte. Vorträge, 1924.
Grundzüge der Biostratigraphie, 1925.
Die Fossilienlagerstätten in den Hallstätter Kalken des Salzkammergutes, 1926.
Von Bergen, Sonnen- und Nebelländern. Erlebnisse in europäischen und außereuropäischen Hochgebirgen, 1929.
Zuletzt aktualisiert am 11/08/24