Jakob Markus Schipper, o. Univ.-Prof. Dr. phil.

19.7.1842 – 20.1.1915
born in Friedrich-August-Groden/Kirchspiel Middoge bei Oldenburg, Germany died in Wien, Austria

Honors

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Monument in arcaded court 1928 Faculty of Philosophy

Functions

Dean Faculty of Philosophy 1886/87
Rector Faculty of Philosophy 1901/02
Senator Faculty of Philosophy 1904/05
Senator Faculty of Philosophy 1905/06
Senator Faculty of Philosophy 1906/07
Rector 1903 (Ersatz)

Der aus Ostfriesland stammende Jakob Markus Schipper, Sohn eines Landwirts, nahm nach der Reifeprüfung 1863 am Gymnasium in Jever zunächst ein Medizinstudium an der Universität Heidelberg auf, wo er Mitglied der Burschenschaft Allemannia Heidelberg wurde, und wechselte nach kurzer Zeit zur Evangelischen Theologie (Heidelberg und Berlin). Nach dem Besuch einer Anthropologie-Vorlesung von Emil du Bois-Reymond wechselte Schipper 1865 von der Theologie zur Neueren Philologie und studierte an der Universität Bonn, u. a. bei den Anglisten Nikolaus Delius, dem Romanisten Friedrich Diez sowie dem Germanisten Karl Simrock. 1867 wurde er hier zum Doktor der Philosophie promoviert und legte – nach einem Sommerjob in der Abteilung des amerikanischen Unterrichtswesens in der Pariser Weltausstellung – die Lehramtsprüfung aus den Fächern Deutsch, Englisch, Französisch und Latein ab. Anschließend betätigte sich Schipper als Hauslehrer und Vorleser, bildete sich als Autodidakt weiter und bereiste Frankreich, Italien und England. 1869 nahm er schließlich in Oxford eine Stellung als wissenschaftliche Hilfskraft bei der Neuausgabe des angelsächsischen Wörterbuches unter Leitung Joseph Bosworths an, wo er sich intensiver in die alt- und mittelenglische Sprach- und Literaturwissenschaft einarbeiten konnte.

1871 folgte Schipper dem Ruf auf eine neugegründete außerordentliche Professur für Neuere Sprachen an der Universität Königsberg (Kaliningrad), wo er 1872 zum Ordinarius ernannt wurde. Hier war er mit seiner umfangreichen Lehrtätigkeit, die sowohl alt-, mittel- und neuenglische als auch ‑französische Sprache und Literatur umfasste, ausgelastet. Er unternahm daneben zwar auch Studienreisen nach England und Schottland, die Gelegenheit, kontunierliche Forschung zu betreiben, erhielt er jedoch erst mit der Berufung nach Wien.
1877 übernahm Jakob Schipper als Nachfolger des nach Berlin berufenen Julius Zupitza, der erst im Jahr zuvor zum Ordinarius für nordischgermanische Sprachen ernannt worden war, die erste ordentliche Professur für Englische Philologie an der Universität Wien. Im Vergleich zu seinem Vorgänger konnte Schipper neben seiner sprachwissenschaftlichen Erfahrung auch umfangreiches literaturwissenschaftliches Wissen vorweisen.

In den 36 Jahren seiner Tätigkeit an der Universität Wien bis zu seiner Emeritierung 1913 hatte Schipper nun die Gelegenheit, systematische Forschung zu betreiben. Neben der intensiven wissenschaftlichen Bearbeitung der englischen Metrik, zu der er seine Hauptwerke vorlegte, setzte er sich mit alt- und mittelenglischer Literatur auseinander. Er betätigte sich auch als Übersetzer von alt- und mittelenglischen sowie schottischen Werken und als Herausgeber kritischer Texteditionen (u.a. die mittelenglischen Alexiuslegenden sowie Dichtungen William Dunbars) und verfasste Biografien über William Dunbar und James Shirley.

Jakob Schipper musste mit seiner Lehre das gesamte Gebiet der Englischen Philologie alleine vertreten und hielt Vorlesungen zu Sprachgeschichte, Metrik, alt-, mittel- und neuenglischer Literatur sowie Sprachkurse. Erst 1882 wurde zusätzlich einen muttersprachlichen Lektor angestellt, der den Sprachunterricht übernahm. Ab 1897 bearbeitete er das von Julius Zupitzka eingeführte „Alt- und mittelenglische Übungsbuch“ neu und gab ab 1895 Dissertationen seiner Schüler in den „Wiener Beiträgen zur englischen Philologie“ heraus. Zu seinen Schülern zählten u. a. die späteren namhaften Wissenschafter Alois Brandl, Rudolph Brotanek, Leon Kellner, Arnold Schröer sowie Karl Luick. Schipper gelang es, den Ausbau des Englischen Seminars voranzutreiben, und begann 1877 eine eigene Büchersammlung anzuschaffen. 1885 übersiedelte das Seminar samt Bibliothek in das neueröffnete Hauptgebäude an der Ringstraße. 1908 wurde schließlich ein zweites Ordinariat genehmigt, das sein Schüler Luick übernahm.

Darüber hinaus engagierte sich Jakob Schipper auch in universitätspolitischen Belangen: So veröffentlichte er nicht nur 1896 einen Artikel „Zur Kollegiengeldfrage in Österreich“, sondern fungierte im Studienjahr 1886/87 als Dekan der Philosophischen Fakultät und wurde für 1901/02 zum Rektor der Universität Wien gewählt. Als der ihm nachfolgende Rektor Carl Gussenbauer am 19. Juni 1903 im Amt verstarb, übernahm Schipper nochmals ersatzweise bis zur Inauguration des nachfolgenden Rektors Gustav Escherich im Herbst die Amtsgeschäfte. In den Jahren 1904 bis 1907 fungierte Schipper schließlich noch als Mitglied des Akademischen Senats der Universität Wien.

Ein wichtiges Anliegen war Schipper auch die Verbesserung des Unterrichts moderner Fremdsprachen an den Gymnasien. 1894 gründete er den „Wiener Neuphilologischen Verein“, der die Verbindung von Schule und Universität fördern sollte, und wurde 1898 Vorsitzender der Prüfungskommission für das Lehramt an Mittelschulen. Nicht zuletzt widmete er auch seine Inaugurationsrede „Alte Bildung und moderne Kultur. Die Bedeutung der modernen Fremdsprachen im Schulunterricht“ diesem Problembereich.

Jakob Schipper wurde für seine Leistungen vielfach geehrt: 1886 zum korrespondierenden, 1887 zum wirklichen Mitglied der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien gewählt, war er auch Ehrenmitglied der „Modern Language Association of America“, des „Greenock Burns Club“ und der „Scottish Literature Society“. Neben dem Hofratstitel, der ihm 1897 verliehen wurde, wurde er zum Ehrendoktor der Universitäten Oxford, Cambridge, Edinburgh, Aberdeen und St. Andrews ernannt.

13 Jahre nach seinem Tod wurde 1928 zu seinen Ehren eine Gedenkplakette mit Porträtrelief (gestaltet von Josef Müllner) im Arkadenhof der Universität Wien enthüllt. 1933 wurde die Schippergasse in Wien-Großjedlersdorf (21. Bezirk) nach ihm benannt.

Werke (Auswahl)

De versu Marliovii (Dissertation), 1867.
(Hg.): Englische Alexiuslegenden aus dem XIV. und XV. Jahrhundert, 1877.
Englische Metrik, 2 Bände, 1881/88.
Grundriß der englischen Metrik, 1895 (engl. Übersetzung 1910).
Zur Kritik der Shakespere [sic]-Bacon-Frage, 1889.
Der Bacon-Bacillus. Zur Beleuchtung des Shakespere-Bacon-Unsinns älteren und neuesten Datums, 1896.
Alte Bildung und moderne Kultur. Die Bedeutung der modernen Fremdsprachen im Schulunterricht (Inaugurationsrede), 1901. 
Beiträge und Studien zur englischen Kultur- und Literaturgeschichte, 1908.
James Shirley. Sein Leben und seine Werke. Nebst einer Übersetzung seines Dramas „The Royal Master“, 1911.
​Aus meinem Leben (Autobiografie) (in: Neue Freie Presse, Teil 1: 19.6.1912, S. 1-3, und Teil 2: 20.6.1912, S. 1-3), 1912.

Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am 03/27/24

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