Helene Wastl
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Helene Wastl, Tochter des Oberstaatsbahnrates Peter Wastl, besuchte das Staatsgymnasium in Innsbruck und studierte ab 1916 an der medizinischen Fakultät der dortigen Universität Medizin. Zu diesem Zeitpunkt war ihr Vater bereits verstorben. Während ihrer Studienzeit arbeitete sie als Demonstrator am physiologischen Institut der Universität Innsbruck, dabei entstand ihre erste, gemeinsam mit dem Leiter des Institutes (Ernst Theodor Brücke) verfasste wissenschaftliche Arbeit. Während eines halbjährigen Aufenthaltes in Holland 1920 arbeitete sie am physiologischen Institut der Universität Groningen. Die Rigorosen absolvierte sie allesamt mit Auszeichnung.
Nach der Promotion im Februar 1922 zog sie nach Wien und war hier ab April desselben Jahres als außerordentlicher Assistent am physiologischen Institut der Universität tätig. Ab Herbst dieses Jahres begann sie, in Vertretung des Institutsvorstandes die Vorlesung aus Physiologie für Turnlehrer abzuhalten. Ihre wissenschaftliche Tätigkeit war stark international orientiert. Nachdem sie 1923 einen sechswöchigen Studienaufenthalt am experimentell-pathologischen Institut der Universität Graz verbracht hatte, arbeitete sie zwischen Herbst 1924 und Herbst 7925 als Stipendiatin am physiologischen Institut der Universität Cambridge. Im Jahr 1928 reichte sie an der medizinischen Fakultät der Universität Wien um Verleihung der Venia Legendi ein, die ihr am 22. Jänner 1930 verliehen wurde. Die Habilitationsschrift befasste sich mit der Wirkung des Adrenalins und einiger anderer Inkrete auf die Kontraktionen des Warmblütler-Skelettmuskels.
Ihr internationales Ansehen scheint dermaßen groß gewesen zu sein, dass man in Wien damals davon ausging, dass ihr in absehbarer Zeit eine Stelle an einer amerikanischen Hochschule angeboten werden würde. Zwischen 20. April und 30. Mai 1931 unternahm sie als Delegierte der Hygienesektion des Völkerbundes Reisen in verschiedene europäische Staaten. Ab 15. November 1931 übernahm sie die Leitung der Lehrkanzel für Physiologie am Women’s Medical College in Philadelphia, USA. Diese Position bekleidete sie bis 1934. Dann wurde auf ihrem Meldenachweis Saratow als Aufenthaltsort angegeben. Zwischenzeitlich dürfte sie nach Wien zurückgekehrt sein, da sie am 9. Juli 1932 Franz Lippay heiratete. Sie selbst nannte sich jedoch weiterhin Helene Wastl. 1934 bis 1935 war sie „graduate student“ an der Cornell University. 1936 hielt sie sich am Department of Physiology and Biochemistry der Cornell University, Ithaka/USA, auf. Sie suchte in Wien um weitere Enthebung der Lehrverpflichtung an/ was ihr für das Studienjahr 1936/1937 gewährt wurde, allerdings mit dem Hinweis, dass eine weitere Enthebung nicht mehr möglich wäre.
In den Meldenachweisen von ihr und Franz Lippay ist kein Datum einer Ehescheidung angeführt. Im März 1939 meldete sich Franz Lippay unbekannten Ortes aus Wien ab, die Meldung enthält den Vermerk „Gattin in Amerika“. Helene Wastl kehrte vermutlich nicht mehr nach Osterreich zurück. Ihr weiteres Schicksal ist nach gegenwärtigem Forschungsstand nicht eindeutig nachzuvollziehen. Aufgrund ihrer im Jahr 1943 erfolgten Ausbürgerung wurde ihr jedenfalls ein Jahr später der Doktorgrad aberkannt. 1960 wurde vom „Alumni-Secretary“ der Cornell University in Ithaka eine Anfrage bezüglich einer Wiederverleihung des Doktorates gestellt. Als man ihr diesen wieder zuerkennen wollte, war Helene Wastl aber bereits verstorben. Über den Todeszeitpunkt besteht nach wie vor Unklarheit. Im Professorenkollegium der medizinischen Fakultät. Innsbruck wurde am 20. Mai 1960 die Vermutung geäußert, sie sei vor zehn Jahren Verstorben, das Dekanat stellte am 10. und 29. Juni dieses Jahres „ungefähr im Jahre 1940“ als Zeitpunkt ihres Ablebens fest.
Die Universität Innsbruck benannte das „Helene Wastl Medizin Mentoring-Programm“, ein medizinspezifisches Mentoring-Programm mit Fokus auf Nachwuchswissenschafterinnen, nach ihr.
Archiv der Universität Wien, Nationalien WS 1916/17; Personalakt Wastl.
Zuletzt aktualisiert am 03/01/17