Thomas Ebendorfer von Haselbach, Mag. art., Dr. theol.

10.8.1388 – 12.1.1464
born in Haselbach bei Stockerau, Herzogtum Österreich | Niederhollabrunn, Austria died in Wien, Austria

(Thomas Ebendorffer)

Functions

Dean Arts Faculty 1419
Dean Arts Faculty 1422
Rector 1423/24
Vice Chancellor 1428–1432
Dean Faculty of Catholic Theology 1428
Dean Faculty of Catholic Theology 1428/29
Dean Faculty of Catholic Theology 1429
Rector 1429/30
Dean Faculty of Catholic Theology 1430
Dean Faculty of Catholic Theology 1430/31
Dean Faculty of Catholic Theology 1435
Dean Faculty of Catholic Theology 1435/36
Dean Faculty of Catholic Theology 1437/38
Dean Faculty of Catholic Theology 1438/39
Dean Faculty of Catholic Theology 1443
Rector 1445/46
Dean Faculty of Catholic Theology 1447
Dean Faculty of Catholic Theology 1449
Dean Faculty of Catholic Theology 1450/51
Dean Faculty of Catholic Theology 1452/53
Dean Faculty of Catholic Theology 1455
Vice Chancellor 1461–1463

Thomas Ebendorfer war einer der bedeutendsten Theologen und Historiker der mittelalterlichen Wiener Universität. Ab 1408 studierte er an der Artistenfakultät (Bakkalaureat 1409, Magisterium 1412), danach an der Theologischen Fakultät. Von 1412 bis 1425 lehrte er an der Artistenfakultät. Als Kollegiat des von Herzog Albrecht III. gegründeten Collegium ducale wurde er wohl 1421 zum Priester geweiht, 1428 in Wien zum Doktor der Theologie promoviert. Ebendorfer war Schüler des Nikolaus von Dinkelsbühl und lehrte bis 1460 an der Theologischen Fakultät, war mehrmals Dekan der Artistenfakultät und der Theologischen Fakultät sowie Rektor der Universität. 1432 verfasste er die Statuten der Rosenburse. Diese ältesten überlieferten Statuten einer Wiener Burse waren Vorbild für spätere Ordnungen. Außerdem waren ihm die Pfarren Krems, Falkenstein und Perchtoldsdorf zugeteilt; 1427 wurde er in das Domkapitel zu St. Stephan in Wien aufgenommen.

Ab dem Frühjahr 1432 nahm Ebendorfer als offizieller Gesandter der Wiener Universität am Basler Konzil teil und beteiligte sich auf vielfache Weise am Konzilsgeschehen. Zwei Hauptfelder seiner Tätigkeiten lassen sich bestimmen: Zum einen engagierte er sich mit konziliaristischen Stellungnahmen, in denen er das allgemeine Konzil als höchste Autorität in der Kirche verteidigte, gegen die papalistischen Bestrebungen Papst Eugens IV., der für die Oberhoheit des Papstes argumentierte; zum anderen tat er sich als Berater in der Hussitenfrage hervor. Zwischen 1433 und 1437 nahm Ebendorfer (anfangs im Namen der Universität, ab 1434 wohl im Namen Herzog Albrechts V.) an den Gesandtschaften des Basler Konzils nach Prag, Brünn, Pressburg, Stuhlweißenburg und Iglau teil, wo 1437 ein Friedensschluss mit den Hussiten (Kompaktaten) erreicht werden konnte. Ebendorfer nahm gegenüber den Hussiten eine kompromisslose Haltung ein und gehörte zu den entschiedensten Gegnern der Böhmen. Selbst ein Zugeständnis des Laienkelches lehnte er kategorisch ab. Zwischen 1441 und 1444 engagierte er sich als Gesandter und Berater König Friedrichs III. auf den Reichstagen in Mainz, Frankfurt und Nürnberg sowie am Basler Konzil. Als Friedrich III. Papst Nikolaus V. 1447 seine Obödienz versicherte, trat Ebendorfer als Festredner auf. Der überzeugte Konziliarist Ebendorfer musste bei dieser Gelegenheit seinen gleichgesinnten Kollegen an der Universität den politischen Schwenk des Fürsten plausibel machen, den er selbst kaum für richtig erachtete. Nicht nur an der Königskrönung Friedrichs III. in Aachen 1441, auch an dessen Kaiserkrönung in Rom 1452 nahm Ebendorfer teil. In den letzten Lebensjahren nahmen Ebendorfers politisch-diplomatische Aktivitäten ab, wobei er 1460 noch zwischen dem Kaiser und Erzherzog Albrecht VI. vermittelte. Nach seinem Tod 1464 wurde Ebendorfer in der Pfarrkirche in Perchtoldsdorf begraben.

Das Œuvre Ebendorfers besteht vor allem aus lateinischen Schriften zu theologischen oder historischen Themen, die in sechs Gruppen eingeteilt werden können: Predigtzyklen – theologisch-philosophische Schriften – Berichte bzw. Schriften vom oder für das Basler Konzil – Gutachten – Reden – Historische Werke.

Besonders bekannt wurde Ebendorfer durch seine umfangreichen, v.a. in Österreich und Süddeutschland verbreiteten Predigtzyklen de evangeliis de tempore (ca. 1426-nach 1431), de evangeliis de sanctis (ca. 1426-43), de epistolis de tempore (ca. 1427-40) und de epistolis de sanctis (ca. 1435-43), in denen er als Sittenmahner auftrat und abergläubische Praktiken tadelte. Dazu kommen weitere Predigtreihen zu unterschiedlichen Themen wie Beichte, zehn Gebote, fünf Sinne, Sünde und Reue, Genugtuung oder wirtschaftliche Aspekte (Schulden, Darlehen, Kaufverträge, Testamente, Mietsachen, Schadensersatz usw.). Einige Predigten wurden von dem Melker Benediktiner Wolfgang Suppan bereits im 15. Jahrhundert ins Deutsche übersetzt (Melk, Stiftsbibliothek, Cod. 1794).

Von Ebendorfers Vorlesungen an der Universität Wien sind ein Kommentar zum Johannesevangelium (1417-18), zwei Sentenzenkommentare (1420-21 / 1427), ein Kommentar über Buch 1-5 der Nikomachischen Ethik (1423-24) sowie ein umfangreicher, sechsbändiger Kommentar zu Jesaja 1-16 (1428-60) erhalten, der als theologisches Hauptwerk Ebendorfers gilt und – wie alle seine Vorlesungen – bislang nur handschriftlich vorliegt. Das theologische Werk Ebendorfers ist weithin nicht erforscht.

Auf dem Basler Konzil stellte Ebendorfer mehrere konziliaristische Schriften zusammen, darunter – im Auftrag Kardinal Giuliano Cesarinis – ein Gutachten de potestate concili (1432), worin er die Autorität und Superiorität des Konzils über den Papst verteidigt, sowie einen Traktat gegen die Translationsbulle Papst Eugens IV. (1434), mit welcher der Papst das Konzil bereits kurz nach dessen Eröffnung gegen den Willen der Konzilsväter aufzulösen und nach Bologna zu verlegen versuchte; ein Plan, der letztlich am Widerstand der Konzilsteilnehmer scheiterte. Neben einem Bericht über den Konzilsverlauf an seine Universität (1432) führte er in seinem Diarium gestorum per legatos concilii Basiliensis pro reductione Bohemorum detailliert über die Verhandlungen mit den Böhmen zwischen 1433 und 1436 Buch. Als Mitglied der Delegationen verfasste er zudem zwei Gutachten gegen den Laienkelch (Motiva / Deliberacio Thome de Haselpach).

Auch außerhalb des Basler Konzils trat Ebendorfer mit Gutachten zu Eucharistie und Frömmigkeitspraktiken, über Zinskauf und erlaubte bzw. unerlaubte wirtschaftliche Tätigkeiten Geistlicher hervor. Zudem hinterließ Ebendorfer zahlreiche akademische Reden (besonders in ÖNB, CVP 4680), darunter Universitätspredigten zu kirchlichen Hochfesten oder Promotionen, Ansprachen für kirchliche und weltliche Würdenträger bei Universitätsbesuchen oder Ansprachen auf dem Basler Konzil oder bei Reichstagen.

Ebendorfer war auch als (kirchen-)historischer Publizist aktiv. So stellte er im Auftrag Kaiser Friedrichs III. die landesgeschichtlich reiche Chronica regnum Romanorum (1449-51) zu den Kaisern seit der Antike zusammen, aus welcher die Chronica Austrie (bis 1463), ursprünglich als Kapitel der Chronica regnum Romanorum konzipiert, als eigenständiges Werk ausgegliedert wurde. Darin berichtet er u.a. aus christlicher Sicht über die Vertreibung und Ermordung der österreichischen Juden 1420/21 (Wiener Geserah). Aus derselben Zeit stammt der Kathalogus presulum Laureacensium, in dem Ebendorfer die Geschichte der Bistümer Lorch und Passau behandelt. Zu nennen sind weiters Ebendorfers Tractatus de scismatibus (1451, fortgeführt bis 1458) über 24 Papstschismen in der Kirchengeschichte, sein Überblick über den 1. und 3. Kreuzzug mit dem Titel De duobus passagiis christianorum principum bzw. Historica Hierosolymitana (1454-56) sowie die Chronica pontificum Romanorum (1458, fortgef. bis 1463), welche auf dem Tractatus de scismatibus beruht. Sein theologisches, historisches und kirchenpolitisches Engagement zeichnen Ebendorfer als bedeutsamen Lehrer der mittelalterlichen Universität Wien aus, auf dessen Expertise die Universität, das Basler Konzil und die österreichischen Herzöge wiederholt zurückgriffen.

> Verzeichnisse der Werkausgaben Thomas Ebendorfers: s. Paul Uiblein, Art. "Ebendorfer, Thomas", in: Verfasserlexikon 2 (1980), S. 253-266 und Verfasserlexikon 11 (2004), S. 389 sowie Mike Malm, Art. "Ebendorfer, Thomas (de Haselpach)", in: Deutsches Literatur-Lexikon. Das Mittelalter, Bd. 3: Reiseberichte und Geschichtsdichtung, hg. v. Wolfgang Achnitz, mit einführenden Essays von Gerhard Wolf und Christoph Fasbender. Berlin/Boston 2012, S. 737-741.

Christina Traxler

Zuletzt aktualisiert am 02/15/24

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