Kurt Gödel, Hon.-Prof. Dr., Dr. rer. nat. h.c.
„Kurt Gödels bahnbrechende Resultate über die Unvollständigkeit axiomatischer Systeme haben die zentralen Begriffe der Mathematik und der Informatik, die Beweisbarkeit und die Berechenbarkeit, überraschend und dramatisch geklärt.“
Sy David Friedman, Professor für mathematische Logik an der Universität Wien
Honors
Ehrung | Titel | Datierung | Fakultät | |
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Honorary Doctorate | Dr. rer. nat. h.c. | 1977/78 | Faculty of Natural Sciences |
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Room Name | Kurt Gödel-Hörsaal (Physik) | 21. Jhdt. | Faculty of Physics |
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Memorial Plaque of Honor Mathematics | 2009 | Faculty of Mathematics |
Die Ehrentafel wurde 1984 am Mathematischen Institut der Universität Wien enthüllt. Am 7. Oktober 2009 wurde der Name von Kurt Gödel der Ehrentafel hinzugefügt. |
- Mathematics
- Faculty of Philosophy
Gödel, Sohn eines Textilfabriksdirektors, besuchte das Realgymnasium in Brno und studierte ab 1924 Physik an der Universität Wien, um sich im Laufe seines Studiums aber zunehmend der Mathematik und der mathematischen Logik zu widmen. 1930 promovierte er zum Dr. phil. und fand noch im gleichen Jahr eine Anstellung an der Fakultät. In diesem Zeitraum wurde Gödel durch seine Untersuchung "Über formal unentscheidbare Sätze der Principia Mathematica und verwandte Systeme" (1931) bzw. die "Unvollständigkeitstheorie" bekannt. Er hatte darin festgestellt, dass "zum Nachweis der Widerspruchsfreiheit eines Systems mehr an Mitteln benötigt wird, als dieses System selber enthält". Während der 1930er Jahre bzw. seiner Wiener Zeit erschienen auch die bedeutendsten Arbeiten Gödels, die sich v. a. mit der Problematik der Logik auseinandersetzten. In Wien schloss er sich um 1926 auch dem "Wiener Kreis" an. Sein Interesse galt hier v. a. den Grundfragen der Mathematik wie auch der Logik und der Wissenschaftsphilosophie.
Nach dem "Anschluss", per 22. April 1938, hatte seine Lehrbefugnis "bis auf weiteres zu ruhen", womit ihm eine weitere Lehrtätigkeit an einer "reichsdeutschen" Universität versagt blieb. Zurückzuführen ist diese Maßregelung v. a. auch auf den Vorwurf, "immer in liberal-jüdischen Kreisen verkehrt zu haben". Überdies hatte mit Hans Hahn ein Jude Gödels Habilitation durchgeführt. Die Nähe zum "Wiener Kreis" kommt zumindest in den politischen Gutachten nicht zur Sprache. Gödel sah sich jedenfalls zur Emigration gezwungen und folgte im Wintersemester 1938/39 einer Einladung nach Princeton.[8] Als er sich im Sommersemester 1939 noch immer in den USA aufhielt, laut Dekanat aber keinen Urlaub beantragt hatte, suchte Dekan Viktor Christian um die endgültige Aberkennung seiner Lehrbefugnis an. Dieser revidierte den Antrag allerdings wieder, als Gödel einen Antrag auf Ernennung zum "Dozenten neuer Ordnung" stellte.
Arthur Marchet, NS-Dozentenbundführer an der Universität Wien, konnte in seiner politischen Beurteilung Gödels keinerlei "Äußerungen oder eine Betätigung gegen den Nationalsozialismus" festhalten, und resümierte angesichts der Kontakte Gödels zu "liberal-jüdischen Kreisen", die Ernennung zum "Dozenten neuer Ordnung" weder befürworten noch ablehnen zu können. Viktor Christian stellte daraufhin fest, dass Gödel "kaum ein inneres Verhältnis zum Nationalsozialismus" besitze. Gleichwohl sei er in jener Zeit herangewachsen, "da die Mathematikerschaft Wiens gänzlich unter jüdischem Einfluss stand", er wirke allerdings als "durchaus unpolitische[r] Mensch[en]". Aufgrund Gödels "erspriessliche[r] Lehrtätigkeit" sprach sich Christian aber für die Ernennung aus. Inzwischen hatte Gödel allerdings seine Ausreise in die USA beantragt, da ihm in Princeton eine weitere wissenschaftliche Tätigkeit möglich war. Christian konstatierte, ihm diese mangels einer adäquaten bezahlten Stelle im Deutschen Reich schlecht verweigern zu können. Das REM genehmigte am 9. Dezember 1939 auch die Ausreise nach Übersee, Ende Juni 1940 auch die Ernennung zum "Dozenten neuer Ordnung". Eine weitere Lehrtätigkeit an der Universität Wien wäre ihm dadurch möglich gewesen.
Nach NS-Deutschland sollte Gödel aber nicht mehr zurückkehren. So teilte sein Bruder, der Röntgen-Facharzt Rudolf Gödel, dem Dekanat im Jänner 1941 etwa mit, dass er nicht nach Europa zurückkehren werde, "da ihm das Deutsche Konsulat in New York eine Rückreise dringend abgeraten" habe. Das Reichserziehungsministerium (REM) nahm daraufhin eine weitere Beurlaubung vor. Hinweise auf einen Entzug der venia finden sich nicht in den Akten.
Gödel sollte von 1939 bis 1976 dem "Institute for Advanced Studies in Princeton" angehören, wo er 1953 einen Lehrstuhl erhielt. Zwei Jahre zuvor hatte er, seit 1948 amerikanischer Staatsbürger, nach einem Vorschlag Albert Einsteins für Berechnungen im Bereich der Relativitätstheorie den Einsteinpreis erhalten. Ernsthafte Bemühungen um eine Rückkehr Gödels nach Kriegsende waren weder von Seiten des Ministerium noch von der Universität zu verzeichnen gewesen. 1966 kehrte er als Honorarprofessor an die Universität Wien zurück.
Neben seinen essenziellen Arbeiten zur Logik und zur mathematischen Grundlagenforschung publizierte Gödel auch in den Bereichen Mengenlehre, Zahlentheorie, Kosmologie und Grundlagen der Relativitätstheorie.
Er war u. a. Inhaber der National Medal of Science (1975), Mitglied der National Academy of Sciences, der American Philosophical Society, der American Mathematical Society und der Association for Symbolic Logic. Die Universitäten Yale, Harvard, das Amherst College wie auch die Universität Wien (posthum 1978) verliehen ihm Ehrendoktorate. Die Ehrenmitgliedschaft in der Österreichischen Akademie der Wissenschaften hatte er 1966 abgelehnt.
Am 7. Oktober 2009 wurde sein Name der Ehrentafel des Mathematischen Instituts der Universität Wien hinzugefügt.
Weiters wurde der Hörsaal im EG der Fakultät für Physik, Strudlhofgasse 4/Boltzmanngasse 5 (RaumNr. 3E63, ehemal Hörsaal 2) in "Kurt-Gödel Hörsaal" umbenannt.
2023 initiierten Vertreter*innen verschiedener Fakultäten die Errichtung eines Denkmals für Kurt Gödel. Der ursprünglich angedachte Aufstellungsort - der Arkadenhof im Hauptgebäude der Universität Wien am Universitätsring - schied im Sommer 2024 aus, als eine Satzungsänderung jede weitere Denkmalserrichtung dort ausschloss.
Aus diesem Anlassfall entwickelte sich im Sommer 2024 die grundsätzliche Frage, wie herausragende Wissenschafterinnen und Wissenschafter im 21. Jahrhundert angemessen ausgezeichnet und in Erinnerung gerufen und ihre Leistungen auch der jungen Generationen präsent gemacht werden können? Wo künftig Denkmäler/Gedenkformen (ent-)stehen sollen? Und wie sollten solche Denkmäler/Gedenkformen generell im 21. Jahrhundert aussehen ? Wie kann dies zur Reputation der Universität beitragen und ein wirksames Instrument der Wissenschaftskommunikation werden? Welche neuen künstlerischen Konzepte und begleitende Formate der Vermittlung sollten hier entwickelt werden? Aktuell werden diese Fragen intensiv diskutiert.
Archiv der Universität Wien, Philosophische Fakultät, Personalakt 1757 und GZ 659-1937/38.
Zuletzt aktualisiert am 06/25/24