Camillo Praschniker, Univ.-Prof. Dr. phil.
Honors
Ehrung | Titel | Datierung | Fakultät | |
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Commemorative Plaque of Faculty | 1980 | Faculty of Philosophy |
Die Ehrung wurde im Dezember 1979 von Prof. Hermann Vetters und Prof. Hedwig Kenner, beide Schüler*innen Praschnikers, in Würdigung seines wissenschaftlichen Gesamtwerkes beantragt:
In ihrem Antrag hoben die Antragsteller zudem Praschnikers Arbeit an den „am Parthenon verbliebenen Metopen […] in lebensgefährlich schwieriger Arbeit von einer schwankenden Leiter aus […]“ besonders hervor. Nachdem das Fakultätskollegium der Geisteswissenschaftlichen Fakultät bereits am 31. Oktober 1979 beschlossen hatte, die Eintragung Praschnikers auf der Philosophischen Ehrentafel zu befürworten, beschloss der Akademische Senat am 30. Oktober 1980, den Namen von Camillo Praschniker in die marmornen Ehrentafel einzumeisseln und zu vergolden. |
Die Ehrung wird 2022/23 als „diskussionswürdig“ eingestuft: Seit 1908 Mitglied der deutschnationalen schlagenden Verbindung „Staufen“, formulierte er sein Wissenschaftsverständnis schon 1921/23 als „Kunstübung eines Volkes als Funktion seiner Rasse und seines Blutes“ und wurde 1938 Leiter der „Führergrabung“ Carnuntum sowie 1939 Co-Leiter des Archäologischen Instituts des Deutschen Reichs. Er suchte im Dezember 1938 um Mitgliedschaft in der NSDAP an, musste aber 1942 seine Anwärterschaft zurücklegen, nachdem seine Großmutter nach NS-Rassekriterien als „nicht rein arisch“ eingeordnet wurde und er selbst somit als „Mischling II. Grades“ galt. Aber aufgrund seiner nationalsozialistischen Gesinnung und Leistung (diverse Leitungsfunktionen) wurde Praschniker als Professor nicht entlassen, sondern vielmehr mit Unterstützung aller NS-Funktionäre der Universität Wien in allen Leitungsfunktionen bestätigt
- Archaeology
- Classical Archaeology
- Faculty of Philosophy
Camillo Alois Franz Praschniker wurde am 13. Oktober 1884 als Sohn eines Eisenbahningenieurs und Unternehmers in Wien geboren. Nach der Matura in Graz im Juli 1902 studierte er an der Universität Innsbruck Klassische Philologie und Klassische Archäologie. In Innsbruck trat er der deutschnationalen schlagenden Verbindung „Staufen“ bei und promovierte im Juli 1908.
In den Jahren 1908 bis 1910 bereiste er mit einem Stipendium des Ministeriums für Cultus und Unterricht Italien, Kleinasien und vor allem Griechenland. In Athen kristallisierte sich durch die Arbeit an den Akroteren des Parthenon und den Skulpturen im Akropolismuseum bereits ein Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Tätigkeit heraus: die klassische griechische Kultur und vor allem der Parthenon. Die Beschäftigung mit den noch original am Bau befindlichen Metopen des Parthenon führte ihn in den folgenden Jahren immer wieder nach Athen.
Von Oktober 1910 bis April 1912 war Praschniker Assistent von Emil Reisch an der Archäologischen Lehrkanzel der Universität Wien, von 1912 bis 1923 Sekretär (wissenschaftlicher Bediensteter) des Österreichischen Archäologischen Instituts. 1914/15 habilitierte er sich an der Universität Wien im Fach Klassische Archäologie.
Im Ersten Weltkrieg rückte Praschniker als Kriegsfreiwilliger ein und war von Februar 1915 bis November 1918 im Militärdienst. 1916 nahm er an einer kunstgeschichtlich-ethnographisch und archäologisch-linguistischen Balkanexpedition im Auftrag der Wiener Akademie der Wissenschaften teil. 1917/18 war er von der Orientabteilung des Kriegsministeriums mit Maßnahmen zur Erhaltung und Bergung der antiken Denkmäler in den besetzten Gebieten Albaniens beauftragt. Die antiken Objekte waren durch Kriegshandlungen und durch Verschleppung durch die Besatzungssoldaten gefährdet. Praschniker befürwortete ihren Verbleib an sicheren Orten in der Region.
1918/19 begann Praschniker seine Vorlesungen an der Universität Wien, 1922 erhielt er den Titel eines außerordentlichen Professors. 1923 folgte er dem Ruf als Ordinarius für Klassische Archäologie an die Deutsche Universität Prag, 1929/30 war er dort Dekan der Philosophischen Fakultät. Im März 1930 wechselte er als ordentlicher Professor an die Thüringische Landesuniversität Jena, wo er aber nur ein Semester lang blieb. 1930 kehrte er nach Wien auf das nach der Pensionierung von Emanuel Löwy freigewordene Extraordinariat zurück. 1934 wurde er als Nachfolger von Emil Reisch zum Ordinarius ernannt.
Zu Praschnikers frühen Feldforschungen gehört auch die Teilnahme an Ausgrabungen im biblischen Sichem (Nablus in Palästina/Israel) im Auftrag der Wiener Akademie der Wissenschaften in den Jahren 1913 und 1914 sowie 1926 und 1927. 1933 und 1935 nahm er an den Ausgrabungen in Ephesos teil, wo er mit dem Althistoriker Josef Keil und dem Architekten Max Theuer erste Forschungen am Mausoleum von Belevi durchführte.
1935, nach der Angliederung des bisher direkt dem Unterrichtsministerium unterstellten Österreichischen Archäologischen Instituts an die Universität Wien, wurde Praschniker auch zum Direktor dieses Instituts ernannt. Die ehrenamtliche Leitung hatte er gemeinsam mit Rudolf Egger, dem Wiener Ordinarius für Römische Geschichte, Altertumskunde und Epigraphik, inne. Praschniker war außerdem Direktor der Archäologischen Sammlung. Praschniker, Egger und Josef Keil waren auch Direktoren des Archäologisch-Epigraphischen Seminars.
Nationalsozialismus
Mit dem Anschluss des Österreichischen Archäologischen Instituts an das Archäologische Institut des Deutschen Reiches (offiziell ab 1. April 1939) wurden Praschniker und Egger Leiter der Zweigstelle Wien des Archäologischen Instituts des Deutschen Reiches.
Im Dezember 1938 stellte Praschniker erstmals einen Antrag auf Aufnahme in die NSDAP. 1942 stellte sich heraus, dass seine Großmutter mütterlicherseits nicht „rein arischer Abstammung“ war. Praschniker informierte den Dekan Viktor Christian davon. Seinen Erfassungsantrag und ein neuerliches Aufnahmeansuchen zog er im Frühjahr 1942 zurück.
In einer Darstellung seiner „Angelegenheit […] in Form eines Gesuches an den Führer“, einem Schreiben mit der Bitte, ihn in seiner Stellung zu belassen, verwies er neben anderen Beteuerungen seiner nationalen Haltung auch darauf, dass er schon 1921 in seiner Wissenschaft „die Kunstübung eines Volkes als Funktion seiner Rasse und seines Blutes erklärt“ habe. Praschniker bezog sich dabei auf seinen Aufsatz „Mykenai – Kreta – Dipylon“ im Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte 2 (XVI), 1923, 14–35. Unterstützung erhielt er von Rektor, Dekan und Dozentenführer der Universität. Im Herbst 1943 fiel die Entscheidung des Reichserziehungsministeriums, Praschniker als „Mischling II. Grades“ ausnahmsweise in seinem Amt als Universitätsprofessor zu belassen.
Ab dem 1930er Jahren war mit der provinzialrömischen Archäologie ein weiterer Schwerpunkt in Praschnikers archäologischer Arbeit in den Vordergrund getreten. 1938/39 war er organisatorisch mit der „Führergrabung“ Carnuntum befasst, die mit viel Propaganda und hohem Budget vom Land bzw. Gau Niederdonau initiiert worden war, nach Kriegsbeginn 1939 aber eingestellt werden musste.
Im September 1941 wurde Praschniker zum Wehrdienst einberufen, wurde aber – damals 58 Jahre als – als „unabkömmlich“ eingestuft.
Nachkriegszeit, Entnazifizierung
Nach Kriegsende 1945 war Praschniker gemäß Verbotsgesetz vom Mai 1945 wie alle Mitglieder und Anwärter der NSDAP zur Registrierung verpflichtet. In einem Schreiben an das Staatsamt für Inneres der Republik Österreich, dem sieben Entlastungsschreiben aus dem Zeitraum Juli bis September 1945 beiliegen, bat er um Nachsicht von der Registrierung. Er wurde zunächst durch Entscheid der Sonderkommission beim Staatsamt für Volksaufklärung, Unterricht und Erziehung auf seiner Stelle belassen. Von August 1946 bis September 1947 war er vorübergehend vom Dienst enthoben. Im September 1947 wurde er aber aufgrund der Ausnahmeregelungen des neuen Verbotsgesetzes von der Verzeichnung als Nationalsozialist ausgenommen, im Mai 1948 als ordentlicher Professor an der Universität Wien (wieder-)ernannt und als Direktor des wieder an die Universität angegliederten ÖAI bestätigt.
Archäologischer Schwerpunkt der Nachkriegszeit waren die Ausgrabungen auf dem Magdalensberg in Kärnten ab 1948/49 unter Praschnikers Leitung. Nach seinem Tod wurden sie von Rudolf Egger weitergeführt.
Mitgliedschaften und Ehrungen
An der Akademie der Wissenschaften wurde Praschniker 1932 zum korrespondierenden, 1937 zum wirklichen Mitglied ernannt; 1945 bis 1948 war er Obmann der Limeskommission.
Am Deutschen Archäologischen Institut war er seit 1914 korrespondierendes, seit 1921 wirkliches Mitglied; im Dezember 1938 wurde er (als Leiter der Zweigstelle Wien) zum Mitglied der Zentraldirektion ernannt.
Er war Ehrenmitglied der Griechischen Archäologischen Gesellschaft in Athen und Ehrenmitglied des Geschichtsvereins für Kärnten. Auf dem Magdalensberg wurde im September 1950 eine von der Kärntner Landesregierung gestiftete Gedenktafel für Praschniker angebracht.
1954 wurde in Strebersdorf im 21. Wiener Gemeindebezirk (Floridsdorf) ein Weg nach Camillo Praschniker benannt.
1979 stellten Hedwig Kenner und Hermann Vetters, die beiden Ordinarien für Klassische Archäologie, den Antrag, Praschnikers Namen auf der Ehrentafel der Universität Wien anzubringen. In der Würdigung seines wissenschaftlichen Werkes hob Kenner auch die Arbeit an den „am Parthenon verbliebenen Metopen […] in lebensgefährlich schwieriger Arbeit von einer schwankenden Leiter aus […]“ hervor. Am 30. Oktober 1980 wurde der Antrag im Akademischen Senat angenommen.
Werke
- mit Schober A., Archäologische Forschungen in Albanien und Montenegro, Schriften der Balkan-Kommission, Antiquarische Abteilung 8 (Wien 1919).
- Muzakhia und Malakastra. Archäologische Untersuchungen in Mittelalbanien, Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes 21/22, 1922–24, Beiblatt Sp. 5–224.
- Mykenai – Kreta – Dipylon, Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte 2 (XVI), 1923, 14–35.
- Parthenonstudien (Augsburg, Wien 1928).
- Zur Geschichte des Akroters. Schriften der phil. Fakultät der Deutschen Universität in Prag 5 (Brünn u.a. 1929).
- Zwei antike Gemälde auf Marmor, Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes 28, 1933, S. 79–101.
- Zu den Friesen des Heroons von Gjölbaschi-Trysa, Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes 28, 1933, S. 1–40.
- Die kapitolinische Trias von Ödenburg-Sopron, Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes 30, 1937, S. 111–134.
- mit Kenner H., Der Bäderbezirk von Virunum (Wien 1947).
- Die Versuchsgrabung 1948 auf dem Magdalensberg, Carinthia I 139/1, 1948 (1949), S. 145–176 (mit Beiträgen von Vetters H., Egger R., Dolenz H., Moßler G., Kenner H.).
- Neue Parthenonstudien, Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes 41, 1954, S. 5–54 (posthum erschienen, mit einem Zusatz von Kenner H.).
- mit Theuer M., Das Mausoleum von Belevi, mit ergänzenden Beiträgen von Alzinger W., Fleischer R., Fossel-Peschl E., Mitsopoulos V., Reuer E. und Schottenhaml O., Forschungen in Ephesos 6 (Wien 1979).
- Archiv der Universität Wien
- Archiv des Österreichischen Archäologischen Instituts
- Archiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
- Archiv des Deutschen Archäologischen Instituts Berlin
- Bundesarchiv Berlin
- Österreichisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv
- Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik
- Österreichisches Staatsarchiv, Haus- Hof- und Staatsarchiv
- Österreichisches Biographisches Lexikon
- Wien Geschichte Wiki
- Deutsche Biographie
- Wikipedia
- Austria-Forum
Zuletzt aktualisiert am 04/04/24