Günther Klinge
Unternehmer, Mäzen, Vorstandsvorsitzender der Klinge Stiftung & Co Holding KG-München
Honors
Ehrung | Titel | Datierung | Fakultät | |
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Honorary Citizen | civ.h.c. | 1996/97 | Faculty of Humanities |
Herr Klinge wurde auf Antrag des Prof. f. Japanologie Sepp Linhart am 23. Juni 1997 vom Senat der Universität Wien zum Ehrenbürger ernannt, mit der Begründung: er "hat sich in hervorragendem Maße um den Kulturaustausch zwischen Japan und Europa im allgemeinen bzw. Österreich im Speziellem verdient gemacht und neben seiner eigenen literarischen Leistung als Haiku-Dichter das gegenseitige Verständnis beider Kulturräume wesentlich gefördert." (aus Senatsbeschluss) |
Die Ehrung wird 2022/23 als „diskussionswürdig“ eingestuft, da Günther Klinge eventuell von der „Arisierung“ eines pharmazeutischen Betriebs durch das Familienunternehmen (damals noch im Besitz seines Vaters) profitierte. Klinge verbrachte seine Jugend in Frankfurt am Main und zog mit der Familie 1933/34 wieder nach Berlin. Ein Lebenslauf aus dem Ehrungsakt formuliert dazu: „Übersiedlung der Familie nach Berlin, wo der Vater vom Onkel, der nach USA auswandert, einen pharmazeutischen Betrieb übernimmt“ – vermutlich handelt es sich um das Apotheken-Bedarfs-Contor in Berlin, das der jüdische Apotheker Dr. Erwin Schwarz (gest. 1952) von 1920 bis 1933 betrieb und der nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 vertrieben wurde. Klinges Vater gründete 1933 die Deutsche Gesellschaft für Pharmazie und Kosmetik mbH, die bei der Gründung offensichtlich den Vertrieb der Präparate des Apotheken-Bedarfs-Contors übernahm, bzw. 1934 die Firma Chemisch-pharmazeutische Fabrik Adolf Klinge (ab 1948: Klinge Pharma GmbH), in der später auch Günther Klinge mitarbeitete.
- Japanology
- Faculty of Humanities
- Faculty of Philological and Cultural Studies
Günther Klinge wurde 1910 als Sohn von Adolf Klinge (1886–1970) und Elsa Klinge, geb. Schwarz, in Berlin geboren, verbrachte seine Jugend in Frankfurt am Main und zog mit der Familie 1933/34 wieder nach Berlin. Ein Lebenslauf aus dem Ehrungsakt formuliert dazu: „Übersiedlung der Familie nach Berlin, wo der Vater vom Onkel, der nach USA auswandert, einen pharmazeutischen Betrieb übernimmt“ – vermutl. handelt es sich um das Apotheken-Bedarfs-Contor in Berlin, das der jüdische Apotheker Dr. Erwin Schwarz (gest. 1952) von 1920-1933 neben seiner Berliner Victoria-Apotheke in der Friedrichstraße 19 betrieb und der nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 vertrieben wurde. Klinges Vater gründete 1933 die Deutschen Gesellschaft für Pharmazie und Kosmetik mbH, die bei der Gründung offensichtlich den Vertrieb der Präparate des Apotheken-Bedarfs-Contors übernahm, bzw. 1934 die Firma Chemisch-pharmazeutische Fabrik Adolf Klinge (ab 1948: Klinge Pharma GmbH), in der später auch Günther Klinge mitarbeitet und dessen Leitung er nach dem Tod seines Vaters 1970 übernahm und auch Tochterunternehmen in Österreich und Irland gründete. Bereits 1945 hatte er Gertraud Petermann geheiratet und übersiedelte mit ihr 1946 in den West-Sektor nach München, wo er 1948 die neu gegründete Zweigniederlassung in München aufbaute, den späteren Stammsitz des Unternehmens, und wo auch sein Sohn Ralph (1947) geboren wurde, 1955 bis 1982 lebte Günther Klinge in Gauting, wo seine Tochter Dina (1956) geboren wurde.
Bei einer Japan-Reise im Jahr 1966 wurde er mit der Gedichtform des Haiku bekanntgemacht und war so begeistert, dass er beschloss nun täglich zumindest ein Haiku zu dichten. Ab 1973 veröffentlichte er mehr als ein Dutzend Bücher mit seinen Haiku-Dichtungen in deutscher, japanischer und englischer Sprache (zwei davon im angesehenen japanischen Verlag Kadokawa, einige auch in österreichischen Verlagen).
Er war seit 1983 Präsident der Deutsch-Japanischen Gesellschaft in Bayern e.V, und gründete 1986 einen eigenen Haiku-Verlag und ein Haiku-Büro und unterstützte mannigfaltige Aktivitäten, die zu einer noch breiteren Rezeption des Haiku führen sollten, wie etwa die Übersetzung eines japanischen Haiku-Lehrbuchs ins Deutsche, die Veranstaltung von Haiku-Dicht-Kursen oder Vortragsreisen japanischer Haiku-Dichter. Dadurch und durch seine Haiku-Bände ist Günther Klinge einer breiten Öffentlichkeit bekanntgeworden und hat somit wesentlich zur Verbreitung japanischen Kulturgutes in Europa und zur Herstellung einer kulturellen Brücke zwischen Europa und Japan beigetragen.
Dafür wurde er auf Antrag des Japanologen Prof. Sepp Linhart am 23. Juni 1997 vom Senat der Universität Wien zum Ehrenbürger ernannt.
Im Jahr 1983 erwarb das japanische Pharmaunternehmen Fujisawa-Pharmaceutical erste Anteile und 1988 die Anteilsmehrheit der Klinge Pharma GmbH. 2002 wurde das Unternehmen in Fujisawa Deutschland GmbH umbenannt, das 2005 mit der japanischen Firma Yamanouchi zum japanischen Pharma-Konzern Astellas fusionierte, deren deutscher Sitz in München firmiert, die Münchner Produktionsstätte der ehemaligen Klinge Pharma GmbH 2007 an die Temmler-Werke, Marburg, verkaufte, die 2012 durch die Aenova Group übernommen wurden, die die Produktion in München einstellte. Seit 2014 werden einige Präparate und die Marke „Klinge Pharma“ durch die Strathos Pharma Group in Bad Ems wiederbelebt und in Verkehr gebracht (Thomas und Andreas Stüngmann).
Günther Klinge war Vorstandsvorsitzender der in München, die sich auch durch großzügige Förderung der Wissenschaft, beispielsweise an der Universität Salzburg, auszeichnete und er selbst wurde auch mehrfach ausgezeichnet: mit dem Bayerischen Verdienstkreuz (1981), dem Deutschen Bundesverdienstkreuz 1. Klasse sowie dem japanischen „Orden der Aufgehenden Sonne“ am Band „Goldene Strahlen“ (1986), er war Ehrensenator der Universität Salzburg (1972), der privaten Dokkyō-Universität Tokio und der TU München (1995) sowie Ehrenbürger von Gauting/Bayern (1977) und Scharnitz/Tirol u.v.m.
Er war in zweiter Ehe verheiratet mit Lotte Habermann-Klinge und starb im Alter von 99 Jahren 2009 in Grünwald bei München/Deutschland.
Archiv der Universität Wien, Rektorat GZ 71 ex 1996/97 (= S 229.26.07)
Zuletzt aktualisiert am 07/25/23