Gabriel Gutrater, Mag. art. lib., Lic. jur.
(Gabriel Gvtrater, Guetrater, Guetratter)
Functions
Rector | 1500 |
- Legal Science
- Arts Faculty
- Juridical Faculty
Gabriel Gutrater stammte aus einer Bürgersfamilie in Laufen an der Salzach, die ihr Vermögen als Ausfergen erworben hatten: Ausfergen waren Schiffsherren, denen der Erzbischof von Salzburg das Recht zur Ausfuhr des in Hallein und Schellenberg abgebauten Salz verliehen hatte. In der Familienchronik wird Gutraters Geburtsjahr mit 1451 angegeben, wahrscheinlicher ist, dass er zwischen 1465 und 1470 geboren wurde.
Im Sommersemester 1483 wurde er als Gabriel Guetrater de Lauffn in die Hauptmatrikel eingetragen, ein späterer Vermerk berichtet, dass er 1500 Rektor der Universität wurde. Im Wintersemester 1483/84 ließ sich Gutrater zusätzlich bei der Rheinischen Nation immatrikulieren. 1485 wurde er zum Bakkalar, ein Jahr später zum Lizenziaten der artes promoviert. 1487 hielt er an der Artistenfakultät eine Vorlesung zur Rhetorik. Darüber hinaus war er jedoch kaum an dieser Fakultät tätig, lediglich im März 1501 wird er als Mitglied einer Deputation genannt, die beim Wiener Stadtrat wegen des Testaments des Matthäus Lucaster vorsprach, der der Fakultät 200 Gulden für die Errichtung eines neuen Spitals vermacht hatte.
Gutraters geringes Engagement an der Artistenfakultät hängt vermutlich damit zusammen, dass er seit 1486 Rechtswissenschaften studierte – im Wintersemester 1486/87 wurde Magister Gabriel Guetratter ex Lauffen in die Fakultätsmatrikel eingetragen. Im Wintersemester 1489/90 wurde seine Promotion zum Bakkalar, im Wintersemester 1492/93 jene zum Lizenziaten des (Kirchen)Rechts vermerkt. Es ist anzunehmen, dass er nach seiner Promotion auch an der Fakultät lehrte, Quellenbelege gibt es dazu allerdings keine. In den Jahren 1504 und 1506 gehörte er Delegationen der Hochschule an, die mit der Stadt Wien über die Universitätsprivilegien der steuerfreien Einfuhr und Ausschank von Wein sowie über die Jurisdiktionsrechte verhandelte.
Im Wintersemester 1497/98 war Gutrater Prokurator der Rheinischen Nation, hinterließ jedoch keine Einträge zu seiner Amtszeit in der Nationsmatrikel.
Dagegen vermerkte er als Rektor des Sommersemesters 1500 in der Matrikel, dass er die Immatrikulationen dieses Semesters eigenhändig vorgenommen habe. Das Ende seiner Einträge kennzeichnete er mit der griechischen Endformel τέλος σὺν θεῷ, was in etwa mit „Ende [des Textes] mit Gott[es Hilfe]“ übersetzt werden kann.
Ab 1506 war Gabriel Gutrater Stadtschreiber von Wien. Dieses Amt bekleidete er bis 1521 sowie von 1524 bis zu seinem Tod. Auch als Stadtschreiber hatte er mehrfach mit der Universität zu tun: 1517 nahm er eine Petition der Medizinischen Fakultät entgegen, die sich über nichtakademische Heilkundige (empirici) beschwerten. 1521 befasste er sich als Mitglied des städtischen Ausschusses mit der Steuerfreiheit der Universitätsangehörigen.
Außerdem beglaubigte er als Stadtschreiber 1512 das Vidimus dreier Urkunden aus dem Privilegium maius-Komplex. Als angebliche Vorlage diente ein Kopialbuch der Stadt Wien. Die reich dekorierte Urkunde entstand vermutlich in Vorbereitung auf die Wiener Doppelhochzeit von 1515 und sollte den dynastischen Ansprüchen und der Selbstdarstellung der Habsburger dienen.
In den Aufstand der Stände, die nach dem Tod Maximilians I. das von diesem eingesetzte Regiment vertrieben hatte, war Gutrater nicht involviert. Deshalb wurde er 1522 zum Bürgermeister gewählt, als sich abzeichnete, dass der neue Regent Ferdinand I. hart durchgreifen würde. Gutraters Vorgänger als Bürgermeister Martin Siebenbürger wurde gemeinsam mit fünf weiteren Wiener Bürgern im Zuge des sogenannten Wiener Neustädter Blutgerichts am 11. August 1522 hingerichtet. Als Bürgermeister musste er ausgleichend zwischen den Interessen der Stadt und der Loyalität zum Landesfürsten agieren, was ihm offenbar gelang: Er genoss sowohl die Wertschätzung Ferdinands als auch des Magistrats. Gutraters Rücktritt vom Bürgermeisteramt erfolgte nicht aufgrund von Differenzen, sondern da nach dem plötzlichen Tod des Stadtschreibers Hans Murringer kein geeigneter Kandidat für dieses Amt zur Verfügung stand. Deshalb legte Gutrater seine Funktion als Bürgermeister zurück und war erneut als Stadtschreiber tätig. Diese zweite Amtsperiode dauerte bis zu seinem Tod am 9. Februar 1527. Gutrater wurde in St. Stephan begraben; das Grab, das sich in der Nähe des Hauptaltars befunden hatte, ist heute nicht mehr erhalten. In der Literatur findet sich teilweise 1529 als Todesjahr – ein Irrtum, der auf den bei Johann Joseph Locher überlieferte Grabinschrift zurückzuführen ist: Die Jahreszahl 1529 bezieht sich auf Gutraters Frau Katrei (Katharina), die ebenfalls in diesem Grab bestattet wurde.
Gabriel Gutrater, der im Vergleich zu vielen seiner Zeitgenossen über bemerkenswert gute Kenntnisse des Griechischen verfügte, gehörte dem Humanistenkreis um Johannes Cuspinian an. Als „Eubolius“ war er Mitglied der von Konrad Celtis gegründeten Sodalitas Danubiana.
Archiv der Universität Wien, PH 9, Liber Tertius Actorum Facultatis Artium (1447-1497), fol. 327r.
Archiv der Universität Wien, PH 10, Acta Facultatis Artium Moderna. Liber Quartus Actorum (1497-1559), fol. 17v, 33r-v, 46r.
Zuletzt aktualisiert am 02/28/24