Ehrensenator*innen der Universität Wien
Mit der akademischen Ehrung des Ehrensenats werden langjährige Verbundenheit und höchste Verdienste um die Universität Wien honoriert.
Die aktuellen Satzungen der Universität Wien legen zur akademischen Ehrung des Ehrensenators bzw. der Ehrensenatorin fest:
"Die Universität Wien kann an Persönlichkeiten, die sich in einem besonderen Maße um die Universität Wien und um die Förderung ihrer wissenschaftlichen Aufgaben verdient gemacht haben, den Titel einer Ehrensenatorin oder eines Ehrensenators der Universität Wien verleihen. Die Verdienste der oder des zu Ehrenden haben in einem außergewöhnlichen und langfristig wirksamen Engagement für die wissenschaftlichen Aufgaben der Universität Wien zu bestehen."
Aus den Richtlinien für akademische Ehrungen, § 4 (Ehrensenatorin oder Ehrensenator)
Die akademische Auszeichnung "Ehrensenator" wurde erst im Nationalsozialismus 1938 an der Universität Wien eingeführt. Von 1938 bis 2000 wurden insgesamt 60 Personen mit dieser akademischen Ehrung ausgezeichnet (darunter wäre eine Frau gewesen, die aber verstarb, bevor sie die Ehrung annehmen konnte). Seit 1.1.2000 wurden 11 Personen zu Ehrensenator*innen der Universität Wien ernannt, 2020 ermals auch eine Frau - bis Ende 2022 wurden im 21. Jahrhundert somit 5 Männer und 6 Frauen mit dieser Ehrung ausgezeichnet..
(Näheres zum aktuellen Procedere >>> Veranstaltungsmanagement)
Zur Geschichte
1938 | Die in Deutschland seit Anfang des 20. Jahrhunderts übliche akademische Ehrung "Ehrensenator" war im österreichischen Hochschulsystem nicht vorhanden und wurde erst im Zuge des "Anschlusses" im Nationalsozialismus 1938 auch an der Universität Wien eingeführt, ursprünglich mit dem ausschließlichen Ziel, verdiente Nationalsozialisten aus der Zeit der Illegalität zu ehren, die "in Zeiten schwerer politischer Bedrängnis unserer engeren Heimat für die völkischen Rechte der Hochschule, wie überhaupt für die gesamtdeutsche Idee mannhaft und unter Preisgabe aller persönlichen Interessen eingetreten" sind, "Die Ernennung zum Ehrensenator soll der Dank und die Anerkennung der Universität für diese Verdienste sein." Dementsprechend wurden sechs der prominentesten illegalen NS-Professoren der Universität Wien, darunter drei Altrektoren der 1930er Jahre, geehrt (17. Jänner 1941) und am 27. April 1943 auf Drängen der deutschen Botschaft in Tokyo und des Reichserziehungsministeriums Berlin an einen japanischen Baron und Großindustriellen, der das Wiener Institut für Japanologie 1939 gestiftet und seit damals finanziert hatte, als Pfand der faschistischen Achse Berlin–Rom–Tokyo).
1945 | Auf Vorschlag Rektor Ludwig Adamovichs beschließt der Senat am 19. Mai 1945 die nunmehr peinlichen Ehrungen ohne inhaltliche Diskussion zu entsorgen mit dem Formal-Argument, dass es diese Ehrung im österreichischen Rechtssystem vor 1938 nicht gegeben hat und daher auch jetzt nicht mehr gibt. Das zuständige Staatsamt stimmt dieser Rechtsauffassung zu. Die 5 damals noch lebenden Ehrensenatoren wurden darüber explizit NICHT informiert und die Aufhebung wurde auch nicht öffentlich verlautbart und schließlich selbst vergessen. Der einzige bei 600-Jahr-Jubiläum 1965 noch lebende Ehrensenator der NS-Zeit, Baron Takaharu Mitsui (Tokyo), wurde zur Feier als Ehrensenator nach Wien eingeladen und als Ehrengast gefeiert.
1955 | Das Hochschulorganisationsgesetz vom 13. Juli 1955, BGBl. Nr. 154/1955 führte im VIII. Abschnitt, betreffend Ehrentitel, neben dem schon bislang üblichen "Ehrendoktorat" (§ 63) auch die "Ehrenbürger" und die "Ehrensenatoren" (§ 65) (wieder) ein. Da die Aberkennungen 1945 nicht aus inhaltlichen, sondern ausschließlich aus formalen Gründen erfolgten – akademische "Ehrensenatoren" gibt es in Österreich nicht –, wären diese formal damit wiederaufgelebt, doch wurde dies damals nicht thematisiert. "Ehrensenator" wurde (wieder) eingeführt für (1) "Personen, die sich um die von der Hochschule vertretenen wissenschaftlichen oder anderen kulturellen Ziele besondere Verdienste erworben haben". Diese Verleihung bedarf (3) "der Genehmigung des Bundesministeriums für Unterricht." Die Ehrensenatoren erhalten (4) ein Diplom, ihre Namen werden im Ehrenbuch der Hochschule verzeichnet, und sie haben das Recht, an allen akademischen Feierlichkeiten im Gefolge der akademischen Funktionäre teilzunehmen. Diese wird sinngemäß in alle nachfolgenden Universitäts(organisations)gesetze übernommen und gilt bis dato.
Kritische Reflexion der bisherigen Ehrungspraxis 2022/23
Die Universität Wien hat sich 2022 entschieden, nach den Grundsätzen „Transparenz – Kommentierung – Sichtbarmachung“ ihre bisherige Ehrungspraxis kritisch aufzuarbeiten (selbst wenn solche Ehrungen zu einem früheren Zeitpunkt bereits wieder aufgehoben worden waren). Dabei wurden auch 9 „problematische“ bzw. 6 „diskussionswürdige“ Ehrensenats-Auszeichnungen festgestellt.
Ziel der kritischen Auseinandersetzung war es nicht, symbolische posthume Aberkennungen auszusprechen (die Ehrung erlischt mit dem Tode des Trägers/der Trägerin) oder sie aus den Ehrungslisten zu streichen, sondern die kritischen Aspekte sollten hier auf der offiziellen Geschichte-Website der Universität Wien dokumentiert, benannt und sichtbar gemacht werden.