Ludwig Mitteis, Univ.-Prof. Dr. jur., Dr. phil. h.c.
Vater von Heinrich Mitteis
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Ludwig Mitteis, Sohn des Laibacher Gymnasialdirektors (später Vizedirektor der Theresianischen Akademie in Wien) Heinrich Mitteis und dessen Frau Franziska Mitteis, schloss seine humanistische Schulbildung in Wien ab und studierte ab 1876 an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien. Hier zählten vor allem Franz Hofmann, Leopold Pfaff, Friedrich Maassen, Heinrich Siegel, Adolf Exner sowie Anton Menger zu seinen Lehrern. 1881 wurde er zum Doktor der Rechtswissenschaften promoviert. Zwischen 1880 und 1886 absolvierte er die Gerichtspraxis in Wien und setzte daneben 1882/83 sein Studium an der Universität Leipzig fort.
1884 wurde Ludwig Mitteis mit der Arbeit „Die Lehre von der Stellvertretung nach römischem Recht mit Berücksichtigung des österreichischen Rechts“ für Römisches Recht an der Universität Wien habilitiert und wirkte hier bis 1887 als Privatdozent. Ab 1886 fungierte er zudem als Juristenpräfekt an der Theresianischen Akademie in Wien.
Mitteis folgte 1887 einem Ruf an die Deutsche Universität Prag, wo er zunächst außerordentlicher und 1891 ordentlicher Professor für Bürgerliches Recht wurde. 1895 kehrte er als Nachfolger von Adolf Exner als Ordinarius für Römisches Recht an die Universität Wien zurück, wechselte jedoch bereits vier Jahre später als ordentlicher Professor für Römisches Recht und Deutsches Bürgerliches Recht an die Universität Leipzig. In dieser Position blieb er bis zu seinem Tod 1921 und erlangte internationale Bekanntheit als herausragender Lehrer. Zu seinen Schülern zählten u. a. Hans Kreller, Leopold Wenger sowie sein Sohn Heinrich Mitteis. In den Studienjahren 1904/05, 1911/12 und 1920/21 fungierte er auch als Dekan der Leipziger Juristenfakultät.
Ludwig Mitteisʼ Forschungen erstreckten sich vor allem auf das Gebiet des Römischen Rechts und der antiken Rechtsgeschichte. Besonders das 1891 erschienene Werk „Reichsrecht und Volksrecht in den östlichen Provinzen des römischen Kaiserreichs“ machte ihn international berühmt, da er hier nicht die gängigen Rechtsquellen heranzog, sondern hellenistische und altorientalische Elemente des tatsächlich praktizierten Rechts im Mittelmeerraum anhand des syrisch-römischen Rechtsbuches und gräco-ägyptischer Papyrusurkunden untersuchte. Durch diese und zahlreiche weitere Arbeiten machte sich Mitteis als Pionier der juristischen Papyrologie einen Namen, u. a. durch Quelleneditionen der Papyrussammlung Erzherzog Rainer sowie die 1912 gemeinsam mit Ulrich Wilcken verfasste papyrologische Einführung. Ab 1901 leitete er für zwei Jahrzehnte die Romanistische Abteilung der renommierten Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (ZRG).
Ehrungen
Für seine Verdienste wurde Mitteis vielfach geehrt und ausgezeichnet. Er war seit 1895 korrespondierendes, seit 1907 Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien und gehörte zudem den Akademien in Leipzig (seit 1901), in München (seit 1903) und Berlin (seit 1905) an. Die Universitäten Breslau (1902), Athen (1912) und Oxford (1914) ernannten ihn zum Ehrendoktor (Dr. phil. h.c.).
Die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien beantragte am 13. Mai 1955, den Namen von Ludwig Mitteis als berühmtes Mitglied des Lehrkörpers in die Ehrentafel der Juridischen Fakultät aufzunehmen:
„[A]m 26. Dezember 1921 ist er mitten aus seiner Gelehrtenarbeit durch einen allzu frühen Tod abberufen worden. Die Rechtswissenschaft ‚beklagt in ihm den weit über das deutsche Sprachgebiet hinaus gefeierten Träger eines ihrer grössten Namen, den Bahnbrecher auf unbetretenen Gebieten, einen der wenigen, denen es in der Gegenwart vergönnt war, eine grosse und einflussreiche Schule zu bilden‘ (Heinrich Silber, Jher. Jahrb. 72, S. I). Die Universität Wien, an der Ludwig Mitteis einen wesentlichen Teil seiner Lehr und Forschungstätigkeit ausgeübt hat, darf mit Stolz diesen überragenden Meister seines Faches auch zu den Ihrigen zählen.“
(Antrag von Hans Kreller, 6.5.1955, in: Archiv der Universität Wien, Akademischer Senat GZ 6 ex 1954/55)
Der Antrag wurde am 30. Juni 1955 durch den Senat einstimmig angenommen, doch wurde die offiziell genehmigte Eintragung aus unbekannten Gründen nicht durchgeführt.
Werke (Auswahl)
Die Lehre von der Stellvertretung nach römischem Recht mit Berücksichtigung des österreichischen Rechts (Habilitationsschrift), 1885 (Neudruck 1962).
Reichsrecht und Volksrecht in den östlichen Provinzen des römischen Kaiserreichs, 1891 (Nachdruck 1935, 1963).
Römisches Privatrecht bis auf die Zeit Diokletians, 1908.
Erinnerung an Adolf Exner. Vortrag in der Vollversammlung der Wiener juristischen Gesellschaft, 1894.
Zur Kenntnis des literarisch-artistischen Urheberrechts nach dem österreichischen Gesetz vom 26. December 1895, 1898 (Teil der Festschrift zum siebzigsten Geburtstage Sr. Excellenz Dr. Joseph Unger).
gem. mit Ulrich Wilcken (Hg.): Griechische Urkunden der Papyrussammlung zu Leipzig (2 Bände), 1906 (Nachdruck 1970).
gem. mit Ulrich Wilcken (Hg.): Grundzüge und Chrestomathie der Papyruskunde (2 Bände: Band 1: Historischer Teil 1. Hälfte, 2. Hälfte; Band 2: Juristischer Teil 1. Hälfte, 2. Hälfte), 1912 (Nachdruck 1963).
Archiv der Universität Wien, Akademischer Senat GZ 6 ex 1954/55 (Eintragung Ehrentafel der Fakultät).
Archiv der Universität Wien, Jur. Dekanat GZ 214 ex 1954/55 (Eintragung Ehrentafel der Fakultät).
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Zuletzt aktualisiert am 03/26/24