Berthold Hatschek, Univ.-Prof. Dr.

3.4.1854 – 18.1.1943
geb. in Kirwein, Mähren, Tschechische Republik gest. in Wien, Österreich

Mitbegründer der Entwicklungsbiologie

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Raumbenennung Berthold-Hatschek-Übungssaal 8 (UZA I) 2011 Fakultät für Lebenswissenschaften
Denkmal Gedenktafel am Grab von Berthold Hatschek 2022 Fakultät für Lebenswissenschaften

Hatschek besuchte das Gymnasium in Linz und inskribierte 1872 an der Universität Wien, um hier ebenso wie in Leipzig Medizin und Naturwissenschaften zu studieren. 1877 promovierte er mit der Arbeit "Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Lepidopteren", arbeitete anschließend als Privatgelehrter und habilitierte sich im Juli 1879 als Privatdozent für Zoologie an der Universität Wien.

Bereits 1885 erlangte er als Nachfolger Friedrich Steins das Ordinariat für Zoologie an der Deutschen Universität Prag, nachdem er mit bedeutenden embryologischen Untersuchungen hervorgetreten war. In morphologischen Arbeiten konnte er wesentliche Gesetze der Gestaltung bei niederen und höheren Würmern, Moostierchen wie auch Wirbeltieren entwickeln. Im Jahr darauf, 1896, wurde er als Nachfolger des zurückgetretenen Carl Claus Leiter des II. Zoologischen vergleichend-anatomischen Instituts. An die bis dahin durchaus bedeutungsvolle wissenschaftliche Tätigkeit konnte Hatschek in Wien leider nicht anschließen, zumal er an Depressionen litt, die sich zusehends verschlimmerten. Er veröffentlichte immer seltener Forschungsergebnisse, während seine geplanten Werke, das "Lehrbuch der Zoologie" wie auch eine Osteologie, unverwirklicht blieben. Zum Aufbau einer neuen Morphologie der Wirbeltiere, wozu er bereits Wesentliches geleistet hatte, erschienen ebenfalls nur vereinzelt Mitteilungen. Nach dem Ersten Weltkrieg zog er sich vollends zurück, wonach auch keine Arbeiten mehr von ihm erschienen. Im Lehramt blieb er allerdings noch bis zum Studienjahr 1924/25.

Aufgrund seines mosaischen Glaubensbekenntnisses enthoben ihn die Nationalsozialisten im April 1938 seines Amtes. 1941 wurde er enteignet und aus seiner Wohnung vertrieben, worauf er kurze Zeit später im Alter von 87 Jahren verstarb.

Trotz seiner krankheitsbedingt eher kurzen Schaffensperiode schuf Hatschek im Bereich der Zoologie Grundlegendes und prägte – trotz seiner Beschränkung auf wenige Objekte – v. a. das Bild der vergleichenden Morphologie. Er wählte einzelne Tierformen und erklärte damit den Bauplan ganzer Tiergruppen, so etwa das Lanzettfischchen (Amphioxus) beispielgebend für die Gruppe der Wirbeltiere. Die Geißelgrube am Dach der Präoralhöhle des Lanzettfischchens ist zudem nach ihm benannt ("Hatschek-Grube"). Weiters erwies seine Trochophora-Theorie phylogenetische Zusammenhänge weit auseinander liegender Tierkreise, wie er auch den Stamm der Zygoneura, die Gattung der Schwammmücken, schuf.

Zu seinen bedeutendsten Werken zählen das "Lehrbuch der Zoologie" (1888) und "Das neue zoologische System" (o. J.).

Er war ab 1896 korrespondierendes und ab 1932 wirkliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften, trug den Titel eines Hofrates und gehörte zudem der Leopoldina in Halle an. Außerdem war er seinerzeit Mitglied der k. k. wissenschaftlichen Prüfungs-Kommission für das Lehramt an Gymnasien und Realschulen und ordentliches Mitglied der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen.

Zu seinem Andenken wurde 2011 der Praktikumsraum 8 RaumNr. 1.053 im UZA I, 9., Althanstraße (EB01) in "Übungssaal 8 - Berthold-Hatschek" umbenannt, zugeordnet 763 Integrative Zoologie.

Die im Archiv des Departments überlieferten rund 1.200 Dokumente von Berthold Hatschek wurden 2016-2018 von der NS-Provenienzforschung der Universität Wien aufgearbeitet und restituiert.

Am 9. November 2022 wurde auf Initiative des Department für Evolutionsbiologie der Universität Wien zu seinem Andenken sein Name am Grabstein der Familie nachgetragen und eine Gedenktafel der Universität Wien angebracht angebracht (Zentralfriedhof 1. Tor/ Gruppe 19/ Reihe 1/ Grab 104).

> Österreichisches Biographisches Lexikon

Archiv der Universität Wien, Philosophische Fakultät, Personalakt 1894. | Österreichisches Staatsarchiv/Allgemeines Verwaltungsarchiv, Bestand Unterricht, Personalakt Hatschek.

Andreas Huber

Zuletzt aktualisiert am 22.01.2024 - 23:36

Druckversion

  • Gedenktafel Berthold Hatschek, 2022

    Gedenktafel für Prof. Berthold Hatschek am Familiengrab am Wiener Zentralfriedhof, enthüllt am 9. November 2022

    BestandgeberIn: Universität Wien
    2022