Wilhelm Bauer, o. Univ.-Prof. Dr. phil.

31.5.1877 – 21.11.1953
geb. in Wien, Österreich gest. in Linz, Österreich

Wilhelm Franz Karl Bauer studierte von 1897 bis 1901 Geschichte an der Universität Wien, wurde 1898/99 ordentliches Mitglied des Instituts für österreichische Geschichtsforschung und promovierte 1902. Auf der Basis von Archivmaterial, das er während Studienreisen nach Rom, Neapel, Brüssel und Lille sammeln konnte, verfasste Bauer das Werk „Die Anfänge Ferdinands I.“, mit dem er sich 1907 an der Wiener Universität habilitierte. Bauer begann im Sommersemester 1908 seine Vorlesungstätigkeit als Privatdozent für allgemeine neuere Geschichte am Institut für österreichische Geschichtsforschung. Mit seinen Forschungen zur Geschichte des Zeitungswesens und der öffentlichen Meinung („Die öffentliche Meinung und ihre geschichtlichen Grundlagen“, 1914), die er auch in die Lehre einbrachte, lieferte er frühe theoretische Grundlagen für den Ansatz einer prozesshaft verstandenen Kommunikation und erhielt internationale wissenschaftliche Anerkennung. Er setzte sich auch für eine universitäre Bildung der Journalisten ein, um den Berufsstand und die Presse „sittlich“ zu heben.

Nach Beginn des Ersten Weltkriegs wurden Bauers Werke durch wachsenden Nationalismus stark beeinflusst. Er vertrat seine nationalistische Einstellung und seine Überzeugung von der Zugehörigkeit Österreichs zum Deutschen Reich öffentlich, auch aktiv journalistisch. In einem großen Teil der Artikel kam Wilhelm Bauers großdeutsche Einstellung und seine Verehrung für Nationalsozialismus und „Ariertum“ zum Ausdruck, in ihrer Radikalität der betreffenden Zeitung angepasst. Auch antisemitische und antisozialistische Äußerungen charakterisierten seine Texte. Zwischen 1923 und 1925 veröffentlichte Bauer auch in der Deutschösterreichischen Tageszeitung, dem Hauptorgan der NSDAP in Österreich.

Wilhelm Bauer erhielt am 4. Juni 1916 den Titel eines außerordentlichen Professors verliehen und am 15. Juni 1923 wurde er zum Ordinarius für Allgemeine Neuere Geschichte an der Universität Wien ernannt.

Wilhelm Bauer, der aus seiner politischen Einstellung und seinen Sympathien für den „Anschluss“ Österreichs an Deutschland keinen Hehl machte, gehörte während der Ersten Republik der antisemitischen Professorenclique „Bärenhöhle“ an. 

Während des Austrofaschismus blieb er als Ordinarius an der Universität Wien und trat erst nach dem „Anschluss“ der NSDAP bei (1941). 1943 übernahm er die Leitung des neugegründeten Instituts für Geschichte des Postwesens.

Bauer flüchtete Anfang April 1945 nach Linz und meldete sich im Oktober 1945 beim Dekanat der Philosophischen Fakultät. Zu seiner Parteizugehörigkeit gab er an, seit 1. Jänner 1941 der NSDAP, dem Reichsbund der deutschen Beamten und der Reichsdozentenschaft als Mitglied, jedoch nicht als Funktionär angehört zu haben. Vor 1933 wäre er lediglich Mitglied der Großdeutschen Partei gewesen. Mit 31. Jänner 1946 wurde Bauer in den dauernden Ruhestand versetzt. Die am 18. Juni durchgeführte Überprüfung durch eine „Sonderkommission“ bestätigte diese Entscheidung, da er „nach seinem bisherigen Verhalten keine Gewähr dafür [biete], dass er jederzeit rückhaltlos für die unabhängige Republik Österreich eintreten werde“. Der Ruhegenuss wurde ihm um 10 % gekürzt. Ab Juni 1947 mit Erreichung des Emeritierungsalters von 70 Jahren wieder zum Bezug seiner ungekürzten Pension berechtigt.

Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am 02.09.2021 - 13:12

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