Robert Reininger, Univ.-Prof. Dr. phil.

28.9.1869 – 17.6.1955
born in Linz, OÖ, Austria died in Wien, Austria

Honors

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Monument in arcaded court 1967 Faculty of Philosophy

Die Ehrung wird 2022/23 aufgrund von Robert Reiningers Involvierung in den Nationalsozialismus und seine aktive Mitgliedschaft im antisemitischen universitären Netzwerk „Bärenhöhle“ als „diskussionswürdig“ eingestuft.

Robert Reininger wurde 1869 in Linz geboren und wuchs anfangs in wohlhabenden Verhältnissen auf, wurde aber bald Halbwaise mit einem erblindeten Vater und drei älteren Brüdern. 1887 legte er seine Reifeprüfung (Matura) mit Auszeichnung ab, absolvierte sein Freiwilligenjahr beim Feldjägerbataillon in Linz und zog 1888 ins Deutsche Reich und studierte an der Universität Bonn Philosophie und Naturwissenschaften und setzte sich intensiv mit den Lehren Kants auseinander, die ihn stark beeinflussten. Unzufrieden mit den Bonner Studien übersiedelte er nach Wien, wo er an der Universität Rechtswissenschaften studierte, was er aber nach drei Semester ebenfalls abbrach und wechselte wieder zum Philosophiestudium, das er 1893 in Wien mit der einer Dissertation über Schopenhausers Kritik der Kantischen Lehre vom Objekt der Erfahrung und der Promotion zum „Dr.phil.“ abschloss (Nebenfach: Zoologie).
Zehn Jahre später habilitierte er sich 1903 in Geschichte der Philosophie an der Universität Wien und wurde von den Professoren Friedrich Jodl und Müllner freudig aufgenommen. Von 1912-1939 war er Obmann der Philosophischen Gesellschaft an der Universität Wien und wurde 1913 zum außerordentlichen Professor ernannt. Als Friedrich Jodl 1914 starb, vertrat Reininger seine Lehrkanzel und heiratete auch im selben Jahr die Linzerin Luise Kirchmaier und wurde auf Antrag der Universität vom Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg befreit.
1922 erfolgte seine Ernennung zum ordentlichen Professor für Philosophie (zeitgleich mit der Berufung von Moritz Schlick und Karl Bühler auf die anderen beiden philosophischen Lehrstühle).

Robert Reininger war Mitglied der antisemitischen Professorenclique „Bärenhöhle“, die ab 1922 erfolgreich daran arbeitete, Habilitationen und Berufungen von jüdischen und linken Wissenschafter*innen zu verhindern und eine antisemitische und deutschnationalistischen Dominanz an der Philosophischen Fakultät etablierte. Er setzte sich aber auch für seine jüdische Bibliothekarin Amalia Rosenblüth ein und für den ebenfalls 1936 entlassenen jüdischen Bibliothekar Friedrich Waismann (Wiener Kreis - nach der Ermordung von Moritz Schlick fungierte er an dessen Stelle als Erstgutachter von Waismanns Dissertation vor dessen Emigration nach Cambridge 1937).

Reininger beschäftigte sich vor allem mit Philosophiegeschichte und der Transzendentalphilosophie und versuchte mit der Klarheit des kritizistischen Denkens die Grundprobleme der Philosophie zu lösen. Er wurde 1922 zum korrespondierenden und 1924 zum ordentlichen Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien gewählt und veröffentlichte 1930 sein Hauptwerk „Metaphysik der Wirklichkeit“. Seine bereits für 1936 geplante Zwangspensionierung wurde nach der Ermordung des Philosophen Moritz Schlick im Juni 1936 ausgesetzt. Er wurde erst 70-jährig 1939 pensioniert und wurde im Nationalsozialismus 1940 zum korrespondierenden Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften Berlin ernannt. Im Jahr 1954 wurde er mit dem Preis der Stadt Wien für Geisteswissenschaften audgezeichnet.

Zu seinen Werken gehören „Kants Lehre vom inneren Sinn und seine Theorie der Erfahrung“ (Wien u. Leipzig 1900), „Das Kausalproblem bei Hume und Kant, Kantstudien VI“ (Berlin 1901), „Das psychophysische Problem“ (1916), „Friedrich Nietzsches Kampf um den Sinn des Lebens“ (Wien und Leipzig 1922), „Kant und die deutsche Kultur“, Volksbildung Bd V, s/3 (1924), „Metaphysik der Wirklichkeit“ (Wien und Leipzig 1931), „Wertphilosophie und Ethik“ (Wien u. Leipzig 1939, 1947).

Er wurde 1954 mit dem Preis der Stadt Wien für Geisteswissenschaften geehrt.

Robert Reininger starb am 17. Juni 1955 in Wien.

Seine Witwe finanzierte kurz nach seinem Tod ein Denkmal für ihn im Arkadenhof, dass trotz der obligatorischen Wartefrist von zehn Jahren umgehend errichtet werden sollte, was vom Professorenkollegium der philosophischen Fakultät 1957 unterstützt wurde. Der Akademische Senat beauftragte Günther Baszel mit der Anfertigung des Denkmals, der 1958 ein Relief fertigstellte. Reiningers Nachfolger Erich Heintel versuchte, das Denkmal bereits 1959 aufstellen zu lassen, was der Senat ablehnte. Es wurde im Depot des philosophischen Instituts zwischengelagert, und Mitte 1966 beschloss der Senat, das Relief Reiningers im Arkadenhof anbringen zu lassen. Es wurde unter Einhaltung der Interkalarfrist am 9.Mai 1967 im Arkadenhof der Universität Wien enthüllt

Archiv der Universität Wien, PH GZ 750, PH S 34.24, Senat S 265.5.132, Senat S 304.1032, Senat S 222.34, Senat S 222.49, 131.147.2.2.47, 131.88.40, 102.9.9, 131.88.02.02.06, 106.I.366, 106.I.453, 106.I.959, 106.I.1261

Herbert Posch

Zuletzt aktualisiert am 01/22/24

Druckversion

  • Robert Reininger, Relief

    Relief des Philosophen Prof. Robert Reininger (1869-1955) vom Bildhauer Günther Baszel (1902-1973) 1958 angefertigt, 1967 im Arkadenhof des...

    Courtesy: Archive of the University of Vienna, picture archive Originator: Franz Pflügel ©

    Universität Wien

    2014