Albert (Albrecht) von Rickmersdorf (Albert von Sachsen)
geb. um 1320/30
Functions
Rector | 1365/66 |
- Logics
- Physics
- Arts Faculty
Der meist Albert von Sachsen genannte Gelehrte stammte aus Rickensdorf (heute Teil der Gemeinde Bahrdorf), weshalb er auch als Albert von Rickmersdorf (Ricmerstorp) oder Albert von Helmstedt (nach der nächstgelegenen Stadt) bezeichnet wurde. Um ihn von dem Universalgelehrten Albertus Magnus (gest. 1280) zu unterscheiden, wurde er auch „Albertus parvus“ oder „Albertutius“ genannt. Der in der Literatur kaum genannte Name der Familie lautete „Rike“ und ist zumindest in der lateinischen Form „Dives“ (lateinisch für „Reich“) urkundlich belegt; Alberts Vater war der Bauer Bernhard Rike. Über Alberts frühe Jahre ist kaum etwas bekannt. Vermutlich erhielt er seinen ersten Unterricht in Helmstedt und setzte seine Studien in Magdeburg fort. Hier könnte Albert erstmals mit den Werken Wilhelm von Ockhams (gest. 1347) in Kontakt gekommen sein, auf die er sich später in seinen eigenen Schriften bezog. Möglicherweise studierte er auch in Erfurt, während ein Aufenthalt an der Universität Prag mittlerweile als unwahrscheinlich gilt.
In den 1340er Jahren setzte Albert seine Ausbildung an der Universität Paris fort, wo er 1351 zum Magister artium promoviert wurde und ab 1353 Theologie studierte. In den Folgejahren bekleidete er verschiedene Ämter der universitären Verwaltung: Er war bereits 1351/52 Prokurator sowie 1361/62 Kassier der Englischen Nation; 1353 wirkte er als Rektor der Universität. Daneben war er von 1352 bis 1361 Lehrer an der Artistenfakultät.
Ab 1362 hielt sich Albert am päpstlichen Hof in Avignon auf. Spätestens ab April 1364 stand er in Kontakt mit Herzog Rudolf IV., der die Gründung einer Universität in Wien betrieb und dabei auf Alberts Expertise als Universitätsprofessor mit guten Beziehungen zur Kurie zurückgriff. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Albert 1365 der erste Rektor der neugegründeten Hochschule wurde. Allerdings verließ er Wien schon ein Jahr später, da er am 21. Oktober 1366 zum Bischof von Halberstadt ernannt wurde. Als Bischof Albrecht III. setzte er u. a. Maßnahmen zur Verbesserung der Disziplin von Ordens- und Weltklerus sowie der Finanzen des Bistums und förderte den Bau des Domes. In seiner Amtszeit kam es zu Auseinandersetzungen mit der Stadt und kriegerischen Ereignissen; außerdem wurde gegen ihn eine Untersuchung wegen Häresieverdachts eingeleitet. Über das Ergebnis dieser Untersuchung ist nichts bekannt, vermutlich verliefen die Anschuldigungen im Sand. Albert starb am 8. Juli 1390 und wurde im Dom von Halberstadt begraben.
Während seiner Zeit in Paris verfasste Albert über zwanzig Schriften zur Logik, Naturphilosophie und Mathematik sowie zur Moralphilosophie. Diese als Unterrichtsbehelfe entstandenen Werke sind in ca. dreihundert Handschriften sowie in ca. fünfzig Frühdrucken erhalten. Seine Traktate zur Logik sind beeinflusst von den Thesen Ockhams und Johannes Buridans (gest. um 1358). Dank ihres systematischen Aufbaus waren Alberts Schriften sehr beliebt, wie auch die hohe Zahl der erhaltenen Handschriften zeigt. Er trug damit wesentlich zur Verbreitung der Positionen Ockhams und Buridans in Zentraleuropa bei. Dennoch war Albert nicht nur Kompilator, seine Schriften enthalten Weiterentwicklungen und originale Erkenntnisse in der Logik und Physik. Beispielsweise verbesserte er die von Buridan im Rahmen der Impetustheorie entwickelte Berechnung von Flugbahnen. Vor Entwicklung der klassischen Mechanik durch Isaac Newton wurde der Impetus als immaterielle Ursache der Bewegung von Körpern angenommen. Buridan definierte – in Anlehnung an Avicenna – eine gerade Flugbahn mit Anfangs- und Endpunkt. Albert teilte die Flugbewegung nach drei Punkten ein: Der ursprünglich hohe Impetus lasse nach, so dass das Objekt im zweiten Teil des Fluges einen Bogen beschreibe. Damit kam er der Parabelform der Flugbahn deutlich näher als Buridan.
Zuletzt aktualisiert am 05/28/22