Campus Vienna Biocenter

1988–2015

Der Campus Vienna Biocenter (VBC) ist einer der wichtigsten Forschungsstandorte in Österreich und ein „Hot Spot“ für die Life Sciences in Wien. In einer Reihe architektonisch auffallender Gebäude versammelt er mehrere Institutionen. Hierzu zählen das Institut für Molekulare Pathologe (IMP), ein Grundlagenforschungszentrum von Boehringer Ingelheim, je ein Zentrum der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien und die Max F. Perutz Laboratories (MFPL) als gemeinsame Gründung der beiden Universitäten. Zudem sind mit dem Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) und dem Gregor-Mendel-Institut für Molekulare Pflanzenbiologie (GMI) zwei Forschungseinrichtungen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), ein FH-Studiengang für molekulare Biotechnologie, Biotech-Firmen und Einrichtungen aus dem Bereich der Wissenschaftskommunikation (Open Science) am VBC angesiedelt. Gemeinsam sind diese heute Arbeits- und Studienort für mehr als 2000 Personen aus über 40 Nationen.

Die Ansiedlung des IMP in Wien und die Gründung des „Wiener Biozentrums“

Die Entstehung des Campus Vienna Biocenter (VBC) reicht in die 1980er Jahre zurück und ist eng mit der Geschichte des Instituts für Molekulare Pathologe (IMP) verbunden.

Für seine beiden Gründerfirmen – den deutschen Pharma-Konzern Boehringer Ingelheim und den US-Biotech-Pionier Genentech – war ein akademisches Umfeld, das gestärkt werden sollte, eine wichtige Voraussetzung für die Realisierung des IMP in Wien. Deshalb wurde zunächst eine Ansiedlung im neunten Bezirk erwogen, wo sich die thematisch verwandten Universitätsinstitute befanden. Nachdem sich dies nicht verwirklichen ließ, wurde das IMP 1988 im dritten Gemeindebezirk (Dr. Bohr-Gasse) eröffnet. Zugleich wurde – nicht nur mit Unterstützung des Bundes, sondern wie beim IMP auch mit jener der Stadt Wien – in unmittelbarer Nachbarschaft ein neues Universitätsgebäude errichtet. In dieses sind nach seiner Fertigstellung 1992 drei Institute der Medizinischen Fakultät (Biochemie, Molekularbiologie, Molekulare Genetik) und zwei Institute der Naturwissenschaftlichen Fakultät (Allgemeine Biochemie; Mikrobiologie und Genetik) mit zwei neuen Lehrstühlen eingezogen.

Das damit verbundene Ziel war die Gründung eines „Wiener Biozentrums“, das nicht nur die gemeinsame Nutzung von Infrastruktur, sondern auch weitere Kooperationen zwischen dem IMP und der Universität ermöglichen sollte. So wurde bereits 1993/94 ein gemeinsames internationales PhD-Programm als erstes dieser Art in Österreich gestartet, nachdem ein vom FWF genehmigtes Wissenschaftskolleg die finanziellen Voraussetzungen für die Teilnahme der Universität gab. In den folgenden Jahren wurden nicht nur weitere Programme gestartet, sondern auch neue Akteure in das internationale PhD-Programm am VBC eingebunden. 

Das „Wiener Biozentrum“ wächst zum VBC

Das „Wiener Biozentrum“ ist nach seiner Gründung kontinuierlich gewachsen.

So wurde in Zusammenhang mit dem Gentechnik-Volksbegehren 1997 einerseits die „Plattform Gentechnik & Wir“ gegründet, aus der später der Verein dialog<>gentechnik (heute Open Science) hervorging, der mit dem Vienna Open Lab das erste offene Labor in Österreich aufgebaut hat.

Anderseits stellte die Gründung der Firma Intercell, die 2013 mit dem französischen Unternehmen Vivalis unter dem Namen Valneva fusioniert wurde, einen wichtigen Entwicklungsschritt dar. Intercell, das 1997 von Mitarbeitern aus dem IMP der Universität gegründet wurde, entwickelte sich nicht nur zum ersten Biotech-Wert an der Wiener Börse. Dies hat am VBC auch zur Errichtung von zwei neuen Gebäuden beigetragen, in die weitere universitäre Einrichtungen eingezogen sind. So wurde im 2000 eröffneten „VBC 5“ nicht nur die Strukturbiologie angesiedelt. Im „VBC 2“, der als Gründerzentrum für neue Firmen gedacht war und 2004 in Betrieb genommen wurde, hat (für mehrere Jahre) auch das spätere Department für Chromosomenbiologie eine Unterkunft gefunden.

1999 und 2000 folgten die Gründungen des Instituts für Molekulare Biotechnologie (IMBA) und des Gregor-Mendel-Instituts für Molekulare Pflanzenbiologie (GMI) und 2006 die Eröffnung des sie beherbergenden Life Sciences-Zentrum der ÖAW. Maßgeblich für die Errichtung der beiden Institute am VBC war, dass das IMBA nicht nur nach dem Vorbild des IMP, sondern auch in Kooperation mit diesem aufgebaut werden sollte und beide Institute in einem fachverwandten Kontext starten sollten. Zugleich gab es eine wichtige Unterstützung der Stadt Wien, die sich – insbesondere vor dem Hintergrund der erfolgreichen Entwicklung am VBC – zum Life Sciences-Standort erklärte.

2002/2003 nahm auch der neue FH-Studiengang für molekulare Biotechnologie – zunächst in den Räumlichkeiten der Universität Wien – seinen Betrieb auf.

Die Gründung der MFPL und das Zentrum für molekulare Biologie

Einen in universitätsgeschichtlicher Hinsicht besonders wichtigen Meilenstein markiert jedoch die Gründung der Max F. Perutz Laboratories (MFPL, 2019 umbenannt in Max Perutz Labs Vienna).

Nach der Übersiedlung der Universitätsinstitute in die Dr. Bohr-Gasse war zwar mehrfach über eine Strukturreform nachgedacht worden, die eine verbesserte Ressourcenverwaltung, raschere Entscheidungen oder einen gemeinsamen Außenauftritt ermöglichen sollte. Erst mit der Umwandlung der Medizinischen Fakultät in eine eigene Universität in Folge des UOG 2002 wurde diese jedoch umgesetzt. Ausschlaggebend war hierfür, dass am VBC, wo einst Institute der Medizinischen und der Naturwissenschaftlichen Fakultät angesiedelt worden waren, die universitäre Trennlinie durch das Gebäude verlief. Zudem musste entschieden werden, wo eine vom WWTF ausgeschriebene Stiftungsprofessur für Bioinformatik angesiedelt wird, um die sich das „Konsortium Dr. Bohrgasse“ (mit einer Beteiligung beider Universitäten) beworben hatte.

Um eine „Spange“ für ihre Einrichtungen am VBC zu schaffen, haben die Universitäten 2005 daher die MFPL (in Form einer GmbH) ins Leben gerufen und diesen folgende Aufgaben übertragen: die Forschungstätigkeit, den Betrieb und die Verwaltung der ihr zugeordneten Raumressourcen und den Aufbau des Forschungsbereichs Bioinformatik durch die Etablierung des Centrums für Integrative Bioinformatik (CIBIV). In personeller Hinsicht wurden nicht nur ein gemeinsamer Direktor und eine administrative Leitung bestellt, sondern auch zehn junge ForscherInnengruppen durch die beiden Universitäten eingerichtet. Neben einer Stärkung der interuniversitären Kooperation war die MFPL-Gründung, die auch die Sichtbarkeit der Universitäten am VBC durch die Etablierung einer neuen „Marke“ und die Zusammenarbeit mit den nicht-universitären Forschungseinrichtungen erleichtern sollte, somit ebenfalls mit einer verstärkten Investition in junge ForscherInnen verbunden.

2007 folgte als weitere organisatorische Reform die Etablierung des Zentrums für Molekulare Biologie. In diesem wurden die molekularbiologisch arbeitenden Gruppen der Universität Wien am VBC zusammengeführt, nachdem diese in den vorhergehenden Jahren auf zwei Fakultäten (Lebenswissenschaften, Chemie) aufgeteilt waren. Die der Medizinischen Fakultät angehörenden Institute hatten sich bereits 2000 zum Institut für Medizinische Biochemie zusammengeschlossen, das 2004 in das Department für Medizinische Biochemie übergeleitet wurde.

Jüngste Entwicklungen

Weitere Entwicklungen am VBC betreffen sowohl die Fertigstellung von drei neuen Gebäuden (Intercell-Gebäude 2008, Solaris-Gebäude 2008, Marxbox 2011/2012) als auch die Gründung der Campus Science Support Facilities GmbH, die garantieren soll, dass der Campus auch in Zukunft auf moderne Infrastrukturen zurückgreifen kann. Ihre institutionenübergreifende Entwicklung und Etablierung 2010 stellt einen wichtigen Schritt in der Zusammenarbeit der unterschiedlichen Akteure am VBC dar.

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