Alfred Verdroß-Droßberg, o. Univ.-Prof. Dr. jur., Dr. h.c. mult.

22.2.1890 – 27.4.1980
geb. in Innsbruck, Österreich gest. in Innsbruck, Österreich

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Ehrensenator*in sen.h.c. 1960 Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät
Ehrendoktorat Dr.theol. h.c. 1961 Katholisch-Theologische Fakultät
Tor der Erinnerung Verdross-Tor 1998/99 Rechtswissenschaftliche Fakultät

Die Ehrungen werden 2022/23 aufgrund von Alfred Verdroßʼ Naheverhältnis zum Nationalsozialismus als „diskussionswürdig“ eingestuft. Verdroß war nie NSDAP‐Mitglied, sympathisierte jedoch früh mit dem Nationalsozialismus, engagierte sich auch nach dem Verbot der NSDAP in illegalen NSDAP‐Kreisen und pflegte Kontakte zu Parteimitgliedern. Er deklarierte seine sowohl nationale als auch christlich‐katholische Einstellung offen, war daher unter deutsch‐nationalen bzw. nationalsozialistischen Studenten überaus beliebt und intervenierte auch mehrmals für diese.

Nach dem „Anschluss“ wurde er im Sommer 1938 kurzfristig vom Dienst suspendiert, durfte seine Völkerrechtsvorlesungen aber ab Juli 1939 wieder aufnehmen. Die Lehrberechtigung für Rechtsphilosophie wurde ihm jedoch entzogen. Es gelang ihm, sich mit der NSDAP‐Regierung zu arrangieren und passte sich an nationalsozialistische völkerrechtliche Vorstellungen an.

Da Verdross zu keinem Zeitpunkt der NSDAP angehört hatte, konnte er seine Karriere nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ohne Entnazifizierungsverfahren fortsetzen.

Funktionen

Dekan*in Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1931/32
Senator Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1935/36
Senator Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1936/37
Senator Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1937/38
Senator Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1945/46
Senator Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1946/47
Dekan*in Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1947/48
Rektor 1951/52
Rektor 1952/53
Senator Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1955/56
Senator Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1956/57
Senator Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1957/58
Dekan*in Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1958/59

Der Sohn des Kaiserjägerhauptmannes Ignaz Verdross Edler von Drossberg wurde 1913 an der Universität Wien zum Doktor der Rechte promoviert. Damals stand er bereits im richterlichen Vorbereitungsdienst und legte 1916 die Richterprüfung ab. Nach dem Ende der Donaumonarchie wurde er Legationssekretär der österreichischen Gesandtschaft in Berlin bis 1920 und wirkte dann 1920-24 in der Völkerrechtsabteilung des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten, ab 1922 auch als Professor an der Konsularakademie in Wien. Mit der Schrift „Die völkerrechtswidrige Kriegshandlung und der Strafanspruch der Staaten“ wurde er 1921 an der Universität Wien habilitiert, 1924 erfolgte seine Berufung zum außerordentlichen Professor für Völkerrecht, Rechtsphilosophie und Internationales Privatrecht in Wien, 1925 die Ernennung zum ordentlichen Professor. In der Folge gehörte er der Wiener Rechtswissenschaftlichen Fakultät bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1961 an.

Involvierung in den Nationalsozialismus

Alfred Verdroß war nie NSDAP-Mitglied, sympathisierte jedoch früh mit dem Nationalsozialismus, engagierte sich auch nach dem Verbot der NSDAP in illegalen NSDAP-Kreisen und pflegte Kontakte zu Parteimitgliedern. Er deklarierte seine sowohl nationale als auch christlich-katholische Einstellung offen, war daher unter deutsch-nationalen bzw. nationalsozialistischen Studenten überaus beliebt und intervenierte auch mehrmals für diese.
Nach dem "Anschluss" wurde er im Sommer 1938 kurzfristig vom Dienst suspendiert, durfte seine Völkerrechtsvorlesungen aber ab Juli 1939 wieder aufnehmen. Die Lehrberechtigung für Rechtsphilosophie wurde ihm jedoch entzogen. Es gelang ihm, sich mit der NSDAP-Regierung zu arrangieren und passte sich an nationalsozialistische völkerrechtliche Vorstellungen an.

Nachkriegszeit

Da Verdross zu keinem Zeitpunkt der NSDAP angehört hatte, konnte er seine Karriere nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ohne Entnazifizierungsverfahren fortsetzen. 1945 erlangte er wieder seine akademischen Ämter im vollen Ausmaß, wurde 1947 zum ordentlichen Professor ernannt und wurde zweimal 1946/47 und 1958/59) Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät sowie 1951/52 Rektor der Universität Wien. 1949 gehörte er zu den ersten Lehrenden der international ausgerichteten Sommerhochschule der Universität Wien. Neben seiner universitären Tätigkeit übte Verdross zahlreiche hohe internationale Funktionen aus. So gehörte er von 1957 bis 1966 der International Law Commission der Vereinten Nationen an und von 1958 bis 1977 als Richter dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. 1969 war er Präsident der Konferenz der Vereinten Nationen über das Recht der Verträge. Bis 1977 gehörte er auch der Haager Akademie für Internationales Recht an, wo er Vorlesungen hielt. Mit Hans Kelsen und Adolf Merkl gilt Verdross als einer der Gründer der „Wiener Schule“, die „weltweit der Rechtsphilosophie neue Wege wies“. Aus seinem umfangreichen Oeuvre sind seine Arbeiten über „Österreichs immerwährende Neutralität“ sowie sein Lebenswerk „Völkerrecht“ (5. Aufl. Wien 1964), das als das führende deutschsprachige Standardlehrbuch des Faches gilt, und seine „Abendländische Rechtsphilosophie“ (2. Aufl. 1963) hervorzuheben.

Auf internationaler Ebene zählt Alfred Verdross zu den angesehensten Völkerrechtlern des 20. Jahrhunderts.
Alfred Verdross erhielt zahlreiche hohe Auszeichnungen. Er wurde zum Ehrensenator der Universität Wien (1960) gewählt, erhielt Ehrendoktorate der Universitäten in Paris, Salamanca, Frankfurt, Thessaloniki, den Doctor theologiae honoris causa der Universität Wien und den Doctor philosophiae honoris causa der Universität Salzburg. Er war Mitglied (seit 1928), seit 1977 Ehrenmitglied des Institut des Droit International, dessen Präsident er 1959 bis 1961 war, seit 1950 war er Ordentliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Er erhielt 1954 das Große Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, 1959 das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst, 1960 den Ehrenring der Stadt Wien. Zum 90. Geburtstag erhielt er 1980 das Große Goldene Ehrenzeichen mit Stern für Verdienste um die Republik Österreich verliehen. An der Universität Wien wurde er zudem 1998 durch die Benennung eines der „Tore der Erinnerung“ am Campus der Universität Wien geehrt (Verdross-Tor, Durchgang von Hof 3 zu Hof 5).

Katharina Kniefacz, Kurt Mühlberger

Zuletzt aktualisiert am 01.03.2024 - 22:37

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