Robert von Zimmermann, o. Univ.-Prof. Dr. phil.

2.11.1824 – 31.8.1898
geb. in Prag, Tschechische Republik gest. in Prag, Tschechische Republik

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Denkmal Arkadenhof 1916 Philosophische Fakultät

Funktionen

Dekan*in Philosophische Fakultät 1865/66
Dekan*in Philosophische Fakultät 1876/77
Rektor Philosophische Fakultät 1886/87

Robert Zimmermann, Sohn des Prager Gymnasiallehrers und späteren Beamten der Studienhofkommission Johann August Zimmermann, besuchte das Gymnasium in Prag und erhielt daneben Privatunterricht in Philosophie und Mathematik durch Bernard Bolzano. 1840 nahm er das Studium an der Universität Prag auf, wo der spätere Unterrichtsminister Franz Serafin Exner zu seinen Lehrern zählte. Exner brachte ihm u.a. die Philosophie Johann Friedrich Herbarts näher. An der Universität Wien setzte Zimmermann seine Studien mit naturwissenschaftlichem Schwerpunkt fort und besuchte u.a. Lehrveranstaltungen bei dem Physiker Andreas Ettingshausen, dem Chemiker Anton Schrötter von Kristelli und dem Astronomen Karl Ludwig von Littrow. Bereits während seines Studiums war er auch literarisch tätig und verfasste mehrere Gedichte. Am 26. Mai 1846 wurde er zum Doktor der Philosophie promoviert.

1847 wurde Robert Zimmermann für zwei Jahre Littrows Assistent an der Universitätssternwarte Wien. Im Revolutionsjahr 1848 gehörte er der Akademischen Legion an und verfasste aus dieser Erfahrung heraus das Gedicht „An die Märzgefallenen“. Die provisorischen Reformgesetze unter Minister Leo Thun-Hohenstein erfüllten 1849 die studentischen Forderungen nach grundsätzlicher Lehr- und Lernfreiheit.

Zimmermann hatte sich inzwischen wissenschaftlich der Philosophie zugewandt und 1847 an der in Gotha veranstalteten Philosophenversammlung teilgenommen. 1848 gewann er mit seiner später publizierten Schrift „Leibnitz und Herbart, eine Vergleichung ihrer Monadologien“ einen von der Dänischen Akademie der Wissenschaften in Kopenhagen gestifteten Preis. Zimmermann wurde 1849 an der Universität Wien für Philosophie habilitiert und im selben Jahr zum außerordentlichen Professor an der Universität Olmütz ernannt. 1852 erfolgte seine Berufung als ordentlicher Professor an der Karls-Universität Prag, wo er im Studienjahr 1860/61 zum Dekan der Philosophischen Fakultät gewählt wurde.

Robert Zimmermann wurde schließlich 1861 als Nachfolger von Johann Peithner von Lichtenfels als ordentlicher Professor für Philosophie an die Universität Wien berufen, wo er bis zu seiner Emeritierung 35 Jahre lang wirkte. In seiner Lehre behandelte er verschiedenste Teilbereiche der Philosophie wie Ethik, Rechts- und Staatsphilosophie, Logik, Psychologie und Ästhetik sowie Philosophiegeschichte. Zu seinen Schülern zählte u.a. der Theologe Heinrich Swoboda.

Ebenso wie Franz Lott, der zweite Philosophieprofessor an der Wiener Universität, lag der Schwerpunkt Zimmermann weitgehend auf der Philosophie Johann Friedrich Herbarts. Auch seine naturwissenschaftliche Ausbildung prägte Zimmermanns philosophische Tätigkeit nachhaltig. Er vertrat eine objektivistische Philosophie, die empirische Erkenntnisse der Psychologie und der Naturwissenschaften einbezog, auf Wissenschaftlichkeit und Exaktheit setzte und damit im Gegensatz zur spekulativen Methode stand. Seine wissenschaftliche Tätigkeit stand vor allem unter Einfluss von Gottfried Wilhelm Leibniz, Bernard Bolzano und Johann Friedrich Herbart. 1852 veröffentlichte Zimmermann sein zweibändiges Werk „Philosophische Propädeutik“, das rasch zum meistverwendeten Lehrbuch für Philosophie an österreichischen Gymnasien wurde.
Ab Ende der 1850er-Jahre rückte die Ästhetik ins Zentrum von Zimmermanns philosophischer Forschung: 1858 und 1865 legte er die zwei Bände seines später berühmten Werks „Aesthetik“ vor. Während der erste historisch-kritische Teil „Geschichte der Aesthetik als philosophischer Wissenschaft“ eine Pionierleistung darstellte und ihn als „ersten Geschichtsschreiber der Aesthetik“ bekannt machte, begründete er ausgehend von Herbart mit dem zweiten systematischen Teil „Allgemeine Aesthetik als Formwissenschaft“ die Formästhetik. Zimmermann begriff Ästhetik als eine formale, „exacte“ Wissenschaft – die künstlerische Form (der Kunstwert) war aus seiner Sicht Ergebnis formalisierbarer, berechenbarer und ewig gültiger Gesetze und „das Schöne“ daher objektiv – unabhängig von Zeit und Raum – bewertbar. Als bekennender Herbartianer stellte sich Zimmermann im Rahmen des Philosophenstreits damit auch gegen die Auffassungen von Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Friedrich Theodor Vischer.
Das 1882 veröffentlichte Spätwerk „Anthroposophie im Umriss“ bezeichnete Zimmermann selbst als sein philosophisches „Lebenswerk“. Sein hier präsentierter „Entwurf eines Systems idealer Weltsicht auf realistischer Grundlage“ entwickelte Ideen Herbarts weiter. Philosophie definierte Zimmermann als anthroposophisch – und nicht theosophisch –, als von der menschlichen Erfahrung ausgehende Wissenschaft, die jedoch mittels logischen Denkens über empirische Erkenntnisse (etwa der Anthropologie) hinausgehe. Die Philosophie habe Ideen zu erforschen sowie Gesetze und Normen der wissenschaftlichen, künstlerischen und sittlichen Tätigkeit festzustellen.
Neben seinen zahlreichen selbstständigen Publikationen verfasste Robert Zimmermann eine große Anzahl von philosophischen und literarischen Beiträgen in verschiedenen Fachzeitschriften, darunter über 1.000 Rezensionen, sowie alle Artikel über Philosophie für die dritte und vierte Auflage von „Meyers Konversations-Lexikon“.
Zimmermanns Ästhetikbegriff prägte auch die Musiktheorie Eduard Hanslicks, mit dem er eine enge Freundschaft pflegte, wesentlich mit. In seinem Hauptwerk „Vom Musikalisch Schönen“ (1854) vertrat Hanslick eine objektivistisch orientierte Sichtweise auf „das Schöne“, das unabhängig von dem betrachtenden Subjekt sei. Der Kunsthistoriker Alois Riegl wiederum übernahm von Zimmermann die formanalytische Methode.

An der Universität Wien fungierte Robert Zimmermann in den Studienjahren 1865/66 und 1876/77 als Dekan der Philosophischen Fakultät, 1886/87 wurde er zum Rektor gewählt. In seiner Inaugurationsrede „Über den Antheil Wiens an der deutschen Philosophie“ betonte er die große Bedeutung des Philosophen Carl Leonard Reinhold, einem der wichtigsten Vertreter der deutschen Aufklärung.

Neben seiner Tätigkeit in Forschung und Lehre war Zimmermann 1866/67 Mitglied des kurzzeitig bestehenden k. k. Unterrichtsrats, ab 1878 Mitglied der Ministerialkommission für die Verleihung von Künstlerstipendien sowie ab 1879 Direktor der Prüfungskommission für Kandidaten des Lehramtes für Mittelschulen. Seine Leidenschaft für Literatur äußerte sich in der Mitgliedschaft diverser literarischer Zirkel, besonders aber in der Gründung der Grillparzer-Gesellschaft – heute eine der ältesten literarischen Gesellschaften Österreichs –, die Zimmermann 1890 gemeinsam mit Emil Reich ins Leben rief.

Für seine Leistungen wurde Robert Zimmermann vielfach geehrt: Bereits seit 1854 außerordentliches Mitglied der königlich Böhmischen Gesellschaft für Wissenschaft in Prag, wurde er 1869 auch zum wirklichen Mitglied der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien gewählt. Er wurde 1870 zum Regierungsrat und 1874 zum Hofrat ernannt und erhielt 1889 das Ritterkreuz des Leopold-Ordens. Anlässlich seines 72. Geburtstages und seiner Emeritierung im Jahr 1896 wurde Zimmermann von Kaiser Franz Joseph I. in den Adelsstand erhoben (Edler von Zimmermann).

Trotz des Antritts seines Ruhestandes war Robert von Zimmermann weiterhin wissenschaftlich aktiv. So war er Mitglied des Komitees zur Vorbereitung der Festschrift „Geschichte der Wiener Universität von 1848 bis 1898“, die der Akademische Senat anlässlich des 50. Thronjubiläums Kaiser Franz Josephs I. herausgab. Zimmermann übernahm die Ausarbeitung des einführenden allgemeinen Teiles dieses Werks, der nach einem kurzen Rückblick auf die Universitätsgeschichte seit ihrer Gründung 1365 einen Schwerpunkt auf die Entwicklung der Institution in den letzten 50 Jahre legte. Zimmermann verstarb jedoch vor Erscheinen der Festschrift, am 31. August 1898 in Prag.

18 Jahre nach seinem Tod – 1916 – wurde für Robert von Zimmermann, der am Wiener Zentralfriedhof beerdigt wurde, eine Büste im Arkadenhof der Universität Wien enthüllt (gestaltet von Edmund Klotz, finanziert aus dem Legat der Witwe Henriette von Zimmermann).

Werke (Auswahl)

Leibnitz und Herbart. Eine Vergleichung ihrer Monadologien, 1849.
Das Rechtsprincip bei Leibnitz. Ein Beitrag zur Geschichte der Rechtsphilosophie, 1852. 
Philosophische Propädeutik (für Obergymnasien), 1852 (3. Auflage 1867: Philosophische Propädeutik. Prolegomena – Logik – Empirische Psychologie. Zur Einleitung in die Philosophie).
Über das Tragische und die Tragödie, 1856.
Aesthetik (2 Bände), 1858–1865 (Teil 1: Geschichte der Aesthetik als philosophischer Wissenschaft, Teil 2: Allgemeine Aesthetik als Formwissenschaft).
Philosophie und Erfahrung (Antrittsrede, Universität Wien), 1861.
Studien und Kritiken zur Philosophie und Ästhetik (2 Bände), 1870.
Anthroposophie im Umriß. Entwurf eines Systems idealer Weltsicht auf realistischer Grundlage, 1882.
Über den Antheil Wiens an der deutschen Philosophie (Inaugurationsrede), 1886.
Kant’s Kritik der reinen Vernunft, 1890.

Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am 03.04.2024 - 21:18

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