Wilhelm Lamormaini, Dr. phil., Dr. theol.

29.12.1570 – 22.2.1648
geb. in La Moire Mannie bei Dochamps, Belgien gest. in Wien, Österreich

Wilhelm Lamormaini (Guillaume Lamormain), Sohn des Bauern Eberhard Germain (Beiname Lamormaini), besuchte 1584 bis 1586 das Jesuitenkolleg in Trier und studierte anschließend bei den Jesuiten in Prag, wo er 1590 zum Doktor der Philosophie promoviert wurde. 1590 trat er in Brünn in den Jesuitenorden ein. 1592 nahm er in Wien das Studium der Theologie auf, das er 1597 mit der Promotion zum Dr. theol. abschloss. In Pressburg (Bratislava) empfing er 1596 die Priesterweihe. Anschließend wirkte er als Lehrer in Sillein/Ungarn sowie in Prag, bis er 1598 an die neugegründete Universität Prag wechselte.

An der von den Jesuiten geleiteten Universität Graz wurde Lamormaini 1600 zum Professor für Philosophie ernannt. Nach Ablegung der Gelübde wechselte er 1606 als Professor zur Theologie. Von 1613 bis 1621 übernahm er das Rektorat der Universität. In Graz wurde er zu einem engen Vertrauten des Erzherzogs Ferdinand, der 1619 zum Kaiser Ferdinand II. gekrönt wurde. Nach Abschluss seines Rektorats unternahm er eine Reise nach Rom.

Aus Rom zurückgekehrt, übernahm Wilhelm Lamormaini zwischen 1622 und 1624 das Amt des Rektors des Wiener Jesuitenkollegs. Als enger Vertrauter Ferdinands II. und ab 1624 als dessen Beichtvater wirkte er entscheidend an der Inkorporation des Jesuitenkollegs in die Universität Wien mit, die in der Pragmatischen Sanktion von 1623 festgehalten wurde. Auch baulich wurde das mittelalterliche Universitätsviertel unter Lamormainis Einfluss radikal umgestaltet und anstelle des Herzogskollegs und mehrerer Bursen für arme Studenten das neue Akademische Kolleg mit der Universitätskirche und dem Jesuitentheater errichtet.

Lamormaini übte auch über die Universität Wien hinaus großen Einfluss auf die Politik Kaiser Ferdinands II. aus. So war er Initiator der Reaktivierung zahlreicher weiterer Jesuitenkollegien. Er gilt außerdem als einer der zentralen Akteure der Gegenreformation in Mitteleuropa und plädierte für ein Bündnis der katholischen Herrscher in Europa gegen die Protestanten. Seine kompromisslose Haltung rief jedoch auch unter Katholiken Widerstände hervor. Nach dem Tod Kaiser Ferdinands II. 1637 wirkte er zwar noch als Ratgeber bei Ferdinand III., sein politischer Einfluss schwand jedoch massiv.
Von 1639 bis 1643 war nochmals Rektor des Jesuitenkollegs in Wien und wurde anschließend Oberer der österreichischen Ordensprovinz (1643 bis 1645).

Werk

Ferdinandi II., Romani Imperatoris Virtutes, 1637.

Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am 02.04.2024 - 22:33

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