Universitäre Stiftungen

Mittel der Finanzierung von Lehre und Studium
1384–1784

Im Mittelalter und während der frühen Neuzeit bildeten Einkünfte aus Stiftungen eine wesentliche Quelle zur Finanzierung des Universitätsbetriebs. Aus den Erträgen der Stiftungskapitalien wurde der Lebensunterhalt von Lehrenden bestritten oder wenigstens ergänzt, und es wurden Stipendien oder Unterkünfte für Studierende finanziert. So lange es kein vom Staat zugeteiltes Budget gab, war der Studienbetrieb auch von solchen Mitteln abhängig.

Als Stifter fungierten teils die habsburgischen Landesfürsten, teils Privatpersonen, welche Kapitalien oder Grundbesitz in das Stiftungsvermögen einbrachten. Sie definierten den Zweck ihrer Stiftungen, welche dauerhaft nicht nur der Wohltätigkeit dienen sollten, sondern auch dem Andenken oder dem Seelenheil der Stifter. Viele dieser Stiftungen wurden der Verwaltung durch die Universität oder durch eine ihrer Fakultäten anvertraut.

Schon die Gründung der Universität Wien durch Herzog Rudolf IV. 1365 war eine Stiftung, die auch in frommer Absicht vorgenommen wurde, und gemeinsam mit dem zeitgleich gestifteten Allerheiligenkapitel zu St. Stephan dem Seelenheil des Herzogs dienen sollte. Der Herzog verabsäumte es jedoch, der von ihm ins Leben gerufenen Universitas magistrorum et scholarium (Gemeinschaft der Lehrer und Schüler) eine ausreichende finanzielle Basis zu schaffen. Zwar wies er seiner Universität die Einkünfte aus der landesfürstlichen Pfarre Laa an der Thaya zu, dies war jedoch nicht genug. Sein Projekt eines eigenen Universitätsviertels („Pfaffenstadt“) blieb eine Absichtserklärung.

Sein Bruder Albrecht III., der bereits 1365 an der Universitätsgründung mitgewirkt hatte, bestätigte und erneuerte 1384 die Wiener hohe Schule, und stiftete gleichzeitig ein Magisterkollegium, dem er Einkünfte und eigene Gebäude zuwies. Das so ins Leben gerufene Herzogskolleg (Collegium ducale) sicherte seinen Kollegiaten, die auch die Anwartschaft auf einen Platz im Domkapitel erhielten, ein regelmäßiges Einkommen, und bot der Universität erstmals ein eigenes Gebäude im Stubenviertel. Bis zur Übergabe an die Jesuiten 1623 bildete es das Zentrum von Lehre und Verwaltung der Universität. Albrecht III. stiftete auch weitere Gebäude für die Errichtung des Collegium iuristarum (Juristenschule in der Schulerstraße, 1384) und des St. Nikolauskollegs für Theologen (Singerstraße, 1385).

Seelenheil, Totengedenken und Wohl der Allgemeinheit

Ein wichtiges Motiv für Stiftungen im Mittelalter, auch solcher für die Universitäten, war neben der Wohltätigkeit die Sorge für das eigene Seelenheil im Jenseits. Die Begünstigten einer Stiftung wurden dazu verpflichtet, vor allem durch Gebete der Memoria der Stifter dienlich zu sein. Dies galt etwa auch für Studenten, die in zu diesem Zweck gestifteten Bursen einen Wohnplatz erhielten. Handelte es sich bei den Benefiziaten um Bedürftige oder Arme, so erhöhte dies noch den Wert des frommen Werkes. Seit Ende des 15. und mit Beginn des 16. Jahrhunderts trat der Jenseitsgedanke als Stiftermotivation eher in den Hintergrund; die Wohltätigkeit sollte dann fallweise auch das künftige Studium eigener Familienangehöriger oder von Personen einer bestimmten Herkunftsregion ermöglichen.

Zwischen 1365 und 1700 wurden bei der Universität Wien 32 private Stipendienstiftungen getätigt. Aber auch nach diesem Zeitraum war es üblich, das Andenken der eigenen Person durch Stipendienstiftungen zu befördern. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden von der Universität über 130 Stiftungen verwaltet. Viele Stiftungskapitalien fielen jedoch der Hyperinflation der 1920er Jahre zum Opfer. 1926 wurden die meisten davon wegen des Verlusts ihrer Vermögen zu einem Stipendienfonds zusammengefasst.

Verstaatlichung des Stiftungsvermögens der Universität

Schon im 16. Jahrhundert hatte der Rückgriff des Staates auf die der Universität gestifteten Vermögensbestandteile begonnen, was auch mit der zunehmenden Verwahrlosung des Stipendien- und Stiftungswesens begründet werden konnte. Die Leitung der universitären Vermögensverwaltung wurde dem landesfürstlichen Superintendenten übertragen. Seit der Reformatio nova Ferdinands I. von 1554 wurden die Gehälter der Professoren vollständig aus dem landesfürstlichen Haushalt bestritten. Geldbeträge, welche der Universität aus Legaten oder durch Verkauf von Immobilien zugekommen waren, musste diese dem landesfürstlichen Aerar als Darlehen überlassen. Sie sollte nunmehr aus der Verzinsung von insgesamt 10% ihre Ausgaben bestreiten, was jedoch mit großen Schwierigkeiten verbunden war, da die Zahlungsmoral der landesfürstlichen Verwaltung nicht sehr hoch war. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts akkumulierten sich die Forderungen der Universität an den Staat auf eine Summe von über einer halben Million Gulden. Der Staat löste dieses Problem einfach dadurch, dass das gesamte Universitätsvermögen 1754 inkameriert – also verstaatlicht – wurde. Die Schuldbriefe mussten der Regierung ausgehändigt werden. Die privatrechtlichen Beziehungen zwischen Universität und Staat waren damit beendet, an ihre Stelle trat ein öffentlich-rechtliches Verhältnis finanzrechtlicher Art.

Wenigstens hatte die Universität 1755 von Maria Theresia ein eigenes neues Gebäude – die sogenannte Neue Aula (heute Sitz der Österreichischen Akademie der Wissenschaften) erhalten. Aber auch dieses wurde schließlich 1784 von Kaiser Joseph II. zusammen mit anderem Haus- und Grundbesitz, den die Universität zum Teil aus Stiftungen erhalten hatte, in die staatliche Finanzverwaltung übernommen. Somit ist das gesamte Finanzvermögen der Universität auf den Staat übergegangen.

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