Michael Puff, Mag. art., Dr. med.
Michael Puff de Schrick (Schrichk, Schrickh, Schrika, Slichk, Srik)
geb. um 1401
Funktionen
Dekan*in | Medizinische Fakultät | 1435 |
Dekan*in | Medizinische Fakultät | 1438/39 |
Dekan*in | Medizinische Fakultät | 1442 |
Dekan*in | Medizinische Fakultät | 1445/46 |
Dekan*in | Medizinische Fakultät | 1448/49 |
Dekan*in | Medizinische Fakultät | 1451/52 |
Dekan*in | Medizinische Fakultät | 1456 |
Dekan*in | Medizinische Fakultät | 1458/59 |
Dekan*in | Medizinische Fakultät | 1463 |
Dekan*in | Medizinische Fakultät | 1466/67 |
Dekan*in | Medizinische Fakultät | 1470 |
- Medizin
- Anatomie
- Chemie
- Medizinische Fakultät
Schon 1898 musste der an der Universität Wien für Medizingeschichte habilitierte Dr. Leopold Senfelder feststellen, dass man beim Betreten der Aula der Universität Wien den Eindruck gewinnen könnte, die „ruhmvolle Gelehrtengeschichte der medicinischen Schule [hätte]erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts […] ihren Anfang genommen und während der vorausgegangenen Jahrhunderte [wäre] kein einziger Lehrer der Verewigung in Stein würdig gewesen.“
Unter den Professoren des 15. Jahrhunderts an der Universität Wien zählt Michael Puff – in einer Reihe stehend mit den Astronomen Johannes von Gmunden und Georg von Peuerbach sowie dem Mathematiker Johannes Müller, genannt Regiomontanus – zu den bedeutendsten.
Er wurde 1400 (oder 1401) geboren. Seine Familie lebte ursprünglich in Schrick, einem damals wichtigen Ort im Weinviertel, einige Kilometer südlich von Mistelbach. Er immatrikulierte an der Universität am 14. April 1417. Ab 1423 hielt er als magister artium eigene Vorlesungen. Nach einem Studium an der medizinischen Fakultät absolvierte er am 26. Oktober 1431 das Baccalaureatsexamen, 1433 erwarb er das Licentiat und wurde zum Doktor promoviert. Zwischen 1435 und 1470 war er elfmal Dekan. Rektor konnte er nicht werden, weil es damals für Verheiratete nicht möglich war diese Würde zu erlangen.
Er heiratete Kathrein Holzer, die Schwester des Wiener Bürgermeisters Wolfgang Holzer, der im Zuge von gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Herzog Albrecht VI. und Kaiser Friedrich III. am 14. April 1463 auf dem Platz am Hof hingerichtet wurde. (Kathrein Puff, die sich nach dem Tod ihres ersten Gatten mit dem Arzt Wolfgang Stadler vermählte, starb selber um 1490.) Michael Puff hatte insgesamt vier Kinder: Lukas, der 1502 als Konventuale des Stifts St. Florian in Erscheinung trat, Christoph, der 1490 Vikar in Laa an der Thaya war, Anna, die 1468 den Wiener Apotheker Laurenz Taschendorfer heiratete, und eine weitere namentlich unbekannte Tochter, die Erhart Pirchenauer ehelichte.
Prof. Puff, der in Wien zuletzt im Haus Singerstraße Nr. 3 wohnte, starb Anfang des Jahres 1473. Er wurde am 12. Februar 1473 im Stephansdom beim Veitsaltar bestattet.
1444, 1447 und 1457 nahm Michael Puff Sektionen an Leichen vor, was großes Aufsehen in Wien erregte. Ende November 1463 behandelte er den an einem Karbunkel erkrankten Herzog Albrecht VI., wobei der Herzog wenige Tage danach verstarb.
Unter den zahlreichen medizinischen Schriften Michael Puffs sind besonders seine Rezeptsammlungen von Hausmitteln für Arme hervorzuheben (z.B. Codex 353, p. 373 der Zisterzienserabteil Hohenfurt). Der Titel eines Druckwerks, das unter Verwendung des Destillierbuchs Michael Puffs kompiliert wurde und erstmals 1529 im Druck erschien (in Nürnberg, Erfurt, Wittenberg und Augsburg, ein weiterer Druck 1619 in Erfurt) lautet: „Apoteck für den gemainen Man/ der die Ertzte zu ersuchen/ am Gut nicht vermügens/ oder sonst in der Not/ albege nicht erraichen kan“. Die von Ärzten, im Sinne der galenschen Medizin verordneten sehr teuren Komponenten (wie Gold, zerriebene Perlen etc.) kamen in seinen Rezepten nicht vor. Prof. Puff war der Vorkämpfer einer „Armenapotheke“. Er muss als Bahnbrecher einer Gesundheitspflege für breitere Bevölkerungsschichten bezeichnet werden.
Berühmt wurde Michael Puff durch sein Destillierbuch. Erste handschriftlich Fassungen dieses Werk hat es schon ab 1455 gegeben, so den in deutscher Sprache 41 Artikel umfassenden und mit einem lateinischen Titel versehenen Codex 793 der Fürstenbergischen Hofbibliothek Donaueschingen (heute Badische Landesbibliothek). Dieser beginnt auf f.30r mit: „Incipit tractatus de virtutibus aquarum compositus per magistrum michaelem schrickh arcium et medicinae doctorem anno dom. etc. 1455 wienne … Von wasser aus prennen…“ und endet auf f. 33v mit „Excipit tractatus anno dom. etc. 1466“. (Fragmente des Textes finden sich auch im Codex 331 (aus der Mitte des 15. Jhts.) der Stiftsbibliothek Heiligenkreuz (f.164r – 172v).)
Das erste geduckte Destillierbuch der Welt erschien zum ersten Mal am 27. Oktober 1477 bei Johann Bämler in Augsburg. Das Werk war dermaßen begehrt, dass es bis 1500 nicht weniger als 21 Mal aufgelegt wurde. Eine unüberschaubare Zahl an (zum Teil z. B. von Hieronymus Brunschwig erweiterten) Ausgaben wurden nach 1500 dem Druck übergeben, nach Senfelder „eine in der Geschichte der Wiener medicinischen Schule einzig dastehende Thatsache".
(Schon Leopold Senfelder verzeichnete 11 Postinkunabeln für den Zeitraum von 1502 bis 1601. Unter dem Titel Apotheke für den gemeinen Mann wurde das Büchlein von den ausgebrannten Wässern zusammen mit dem Thesaurus pauperum aus dem Liber de arte distillandi de compositis (= Großes Destillierbuch – 1512) des Hieronymus Brunschwig von 1529 bis 1619 dreißig Mal gedruckt.)
Das Werk enthält Angaben zu 82 verschiedenen pflanzlichen Arzneien sowie Hinweise auf die Nützlichkeit des Weinbrands. Zahlreiche der Rezepte wurden von Dr. Puff selbst überprüft. Zu erwähnen ist, dass bis hinein ins 16. Jahrhundert üblicherweise die Destillierkunst nicht von Schulmedizinern ausgeübt oder gar propagiert wurde. Wie Joachim Telle feststellte, gehörten die „vngelehrten Artzet“ (also eigentlich die Laienärzte) zum maßgeblich beteiligte Personenkreis der Fortentwicklung der Destillierkunst. Wie schon Hieronymus Brunschwig in seinem „neüwen Destillierbuoch“ von 1531 vermerkte, werde in diesem Destillierbuch nicht nur „von manchen geleten“, sondern auch von „leyen/ man vnd frawen“ stammendes Wissensgut geboten. Offensichtlich hat Michael Puff, der in seinen Schriften wohl aus Klosterapotheksoffizinen stammende Destilliervorschriften mit Rezepturen zur Herstellung von Kräuterextrakten verband, in diesen Destillaten billig herzustellende „Armenarzneien“ erblickt.
Die Vorreiterrolle Michael Puffs, der in gewisser Weise auch als Vorläufer der chemiatrischen Intentionen eines Paracelsus gelten kann – also einer Verwendung alchemischer Technologien (wie der Destillation) für medizinische Zwecke –, viel zu wenig gewürdigt worden. Die Gemeinde Wien hat immerhin die Schrickgasse in Wien XX., Kagran nach ihm benannt.
> Wikipedia: Büchlein von den ausgebrannten Wässern
> Antiquariat InLibris: Informationen zum Destillierbuch (Ausgabe 1528)
> Überblick über derzeit verfügbare Digitalisate (Handschriften und frühe Drucke) des Destillierbuchs
> Text des Destillierbuches von ca. 1500
Zuletzt aktualisiert am 12.05.2023 - 15:34