Bernhard Gottlieb
Professor für Zahnheilkunde
Ehrungen
Ehrung | Titel | Datierung | Fakultät | |
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Raumbenennung | Bernhard Gottlieb-Universitätszahnklinik | 2004 |
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Stipendien/Preise/Stiftungen | Bernhard Gottlieb-Medaille | 2005 |
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- Medizin
- Zahnmedizin
- Medizinische Fakultät
Bernhard GOTTLIEB, geb. am 14. Juli 1885 als Berisch Gottlieb in Kuty, Galizien/Österreich-Ungarn [Polen, heute: Кути/Ukraine], gest. am 16. März 1950 in Dallas, Texas/USA, war seit 1921 Privatdozent für Zahnheilkunde an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien und leitete das histologische Labor des Zahnärztlichen Univ.-Instituts, seit 1931 mit dem Titel eines ausserordentlichen Professors (Pd.tit.ao.Prof.). Er gilt als Begründer der wissenschaftlich fundierten Diagnostik und Behandlung von Zahnfleischerkrankungen und gehörte in den 1930er Jahren als Spezialist für Parodontose zu den weltweit bedeutendsten Zahnärzten.
Er wurde im Nationalsozialismus aus rassistischen Gründen verfolgt, seine Venia legendi wurde widerrufen und am 22. April 1938 wurde er seines Amtes enthoben und von der Universität Wien vertrieben.
1905 maturierte er am deutschen Gymnasium in Radautz, Galizien [Rădăuți/Rumänien] und begann 1906 sein Medizinstudium an der Universität Wien. Nach Absolvierung der drei Rigorosen (I.: 12.01.1909, II.: 24.10.1911, II. 23.11.1911) schloss er mit der Promotion zum "Dr.med.univ." am 11. Dezember 1911 ab sein Medizinstudium ab. Anschließend studierte er Zahnmedizin und arbeitete in der zahnärztlichen Ordination seines späteren Schwiegervaters Dr. Siegmund Herz. Abends betrieb er zusätzlich wissenschaftliche Studien am I. Anatomischen Institut bei Julius Tandler. Ab 1914 rückte er in die k.k. Armee ein und leitete im 1. Weltkrieg 1914-16 eine mobile Krankenstation, 1916-18 eine mobile Zahnambulanz. Er sammelte im Krieg Kieferpräparate, die die Grundlage für seine späteren berühmten histologischen Untersuchungen werden sollten. Nach 1918 eröffnete er eine Ordination in Wien 9., Türkenstraße 13 und richtete im Nebenhaus (Türkenstraße 15) ein Labor ein. 1920 änderte er amtlich seinen Vornamen "Berisch" in "Bernhard" (Erl. d. nö. Landesreg. v. 6.7.1920)
Er habilitierte sich im Dezember 1921 zum Privatdozenten und erhielt im Juli 1931 den Titel eines außerordentlichen Professors (Pd., tit. ao. Prof.) an der Medizinischen Fakultät. 1923 übernahm er ehrenamtlich auch die Leitung des Histologischen Labors des Zahnärztlichen Instituts, das er zu einem international renommierten Forschungs- und Lehrstätte ausbaute. Er war 1925 Präsident der Federation Dentaire Internationale und organisierte zahnärztliche Forschungsgruppen in Wien und Chicago/USA. Am 7. Internationalen Zahnärztekongress in Philadelphia 1926 wurden die Vertreter der Universität Wien – neben Gottlieb auch Pichler, Orban, Kronfeld und Stein – akklamiert für ihre Ergebnisse in der Grundlagenforschung. William Logan, Rektor der Loyola Universität in Chicago, lädt Gottlieb ein, in Amerika Labors nach dem Wiener Vorbild einzurichten, der dafür seine Schüler Orban und später Kronfeld entsendet, die damit den Grundstock ihrer späteren Karrieren in Amerika legen konnten.
In den folgenden Jahren entstehen die wichtigsten Werke Gottliebs gemeinsam mit seinen Schülern Balint Orban, Rudolf Kronfeld. Grundlagenforschung für die Entwicklung der Parodontologie und Kieferorthopädie entstehen. Zum Teil kontroversiell diskutiert mit den in Berlin tätigen Wissenschaftern (Oskar Weski) aber auch in Wien mit dem Leiter der Kieferorthopädischen Abteilung Albin Oppenheim.
Er hatte bereits vor seiner Emigration zahlreiche Ehrungen erhalten, u.a. das Ehrendoktorat der Univ. Bonn (Dr.med.dent.hon.c.), der Loyola University, Chicago (Dr.h.c.), er war korrespondierendes Mitglied der Royal Society of medicine in London, Ehren-Mitglied der Nederlandsch Tandheelkundig Genootschap, des Allied Dental Council, New York, der British Dental Association, der Société Odontologique de Paris, der Schwedischen und der Ungarischen Zahnärztlichen Gesellschaften, der Dental Association in Caracas, Venezuela, war weiter Fellow of the American Academy of Periodontology, der Nippon Dental Association, Japan und der Wiener Zahnärztlichen Gesellschaft.
Nach der Machtübernahme durch den Nationalsozialismus wird er aus rassistischen Gründen von der Universität entlassen und seine Lehrbefugnis am 22. April 1938 entzogen. Er muss aus Wien fliehen, ebenso wie die Zahnmediziner Orban, Oppenheim, Sicher, Weinmann und Stein.
Gottlieb trennt sich schwer von Europa, kann aber noch 1938 nach Palästina [Israel] auswandern wo er zwei Jahre an der Hebrew University lehrte bevor er weiter in die USA (Dallas/Texas) emigrierte, und 1940 Mitarbeiter in der Kellogg Foundation in Ann Harbor, Michigan wurde und eine Gastprofessur an der Universität in Michigan und 1941 eine Professur für Oral Pathology erhielt und die Leitung des Departement for Dental Research im Baylor College Dallas, Texas übernahm. Von seinen ehemaligen Mitarbeitern abgeschnitten nur mit geringen Mitteln ausgestattet und wenig ausgebildeten Assistenten unterstützt, konnte Gottlieb seine Studien nur mehr mit großen Mühen weiterführen.
Berthold Gottlieb stirbt 1950 mit 65 Jahren in Dallas, Texas.
1982 wird er in die Hall of Fame am Baylor College of Dentistry in Dallas aufgenommen
Klinik-Benennung 2004-2016
Die Wiener Klinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde – bis Ende 2003 ein Institut der Medizinischen Fakultät an der Universität Wien – wurde mit 1. Jänner 2004 Teil der nun eigenständigen Medizin Universität Wien und in Bernhard Gottlieb Universitätszahnklinik umbenannt - in Anerkennung der herausragenden wissenschaftlichen Leistungen von Bernhard Gottlieb: "Diese Ehrung stellt auch eine dankbare Verneigung vor allen so wertvollen Österreichern dar, die - weshalb auch immer - in den Grauen des Zweiten Weltkrieges ihre geliebte Heimat verlassen mussten". Mit 1. Juli 2004 wurde sie in die gemeinnützige Bernhard Gottlieb Universitätszahnklinik GesmbH als 100%-Tochtergesellschaft der Medizinischen Universität Wien umstrukturiert (um "als Supportorganisation die notwendigen flexiblen Organisationsstrukturen für den nichtuniversitären Krankenanstaltenbetrieb in einem universitären Umfeld" zu ermöglichen).
Laut Universitätsleitung der MUW wurden "im Zuge des ab 2014 laufenden Prozesses der harmonisierten Namensgestaltung aller Klinken der Medizin Universität zwecks international wiedererkennbare Markenpositionierung alle Logos und Namen vereinheitlicht" und am 2. Juli 2016 wurde daher die "Bernhard Gottlieb Universitätszahnklinik" zur "Universitätszahnklinik Wien" rückbenannt, "ein formeller Umbenennungsakt erfolgte nicht".
Bernhard Gottlieb Medaille 2005
In Gedenken an und Ehrung von Bernhard Gottlieb, Begründer der Wiener Schule der Parodontologie, welche heute noch als die Keimzelle der modernen Parodontologie anzusehen ist, wurde die Bernhard Gottlieb Medaille gestiftet, die frühestens alle zwei Jahre an Persönlichkeiten verliehen wird, die sich höchste Verdienste um die Wiener Zahnklinik erworben haben. Am 1. Juli 2005 wurde sie erstmalig verliehen - in Anwesenheit von Prof. Erich Gottlieb, Sohn von Bernhard Gottlieb - an Prof. mult. Dr. h.c. Karl Donath (zwei weitere Verleihungen folgten am 25. April 2008 an MedR. Prof. Dr. Rudolf Slavicek und am 17. Dezember 2014 an a.o. Univ. Prof. Dipl.-Ing. Dr. Johann Wernisch – eine vierte Verleihung war für Sommer 2020 geplant).
Brunnen der Vertriebenen 2008
2008 wurde Bernhard Gottliebs Name in die Liste am Brunnen der Vertriebenen vor dem Rektorat der Medizin Universität Wien aufgenommen.
Gedenkbuch 2009
2009 wurde Bernhard Gottlieb in das "Gedenkbuch der Universität Wien für die Opfer des Nationalsozialismus 1938" aufgenommen,
Gedenktafel 2020
Um die sichtbare Ehrung aber weiterhin aufrecht und gut sichtbar zu erhalten, wurde von der Medizin Universität Wien nach Ende der Umbauarbeiten im März 2020 eine große Gedenktafel zu Ehren von Bernhard Gottlieb, prominent an der Außenfassade der Universitätszahnklinik angebracht mit dem Text:
"Gegen das Vergessen | Bernhard Gottlieb (1885–1950) | war ab 1921 Privatdozent und ab 1931außerordentlicher Professor an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien. Er gehörte in den 1930er-Jahren als Spezialist für Parodontose und Kieferchirurgie zu den weltweit bedeutendsten Zahnärzten. | Während des Nationalsozialismus als Jude verfolgt, wurde er 1938 von der Universität Wien vertrieben und seine Venia legendi widerrufen. Gottlieb emigrierte nach Palästina und später in die USA. | 1941 erlangte er eine Professur am Baylor College of Dentistry in Dallas, wo er seine wissenschaftliche Arbeit bis zu seinem Tod 1950 fortsetzte. | Seit 2005 vergibt die Universitätszahnklinik für besondere Verdienste die "Bernhard Gottlieb Medaille".
Die Gedenktafel wurde im Rahmen des "dies academicus", des Tages der Medizinischen Universität, im März 2020 eröffnet, der aber mit der Schließung der Universität wegen der ersten CORONA-Pandemie zusammenfiel. Darüberhinaus wurde beim Eingang ein Schauraum zu Bernhard Gottlieb eingerichtet.
UAW RA GZ 680 II ex 1937/38, GZ 730 ex 1937/38, S 304.371, MED PA 886, MED Rigorosenprotokoll M 12.4, MED Promotionsprotokoll M 33.9 | UB MedUni Wien/van Swieten Blog | Geschichte der Universitätszahnklinik 2020
Zuletzt aktualisiert am 28.05.2023 - 20:22