Blanka Satz (verh. Moscisker)

11.11.1917 – 15.1.2009
geb. in Wien, Österreich gest. in London, Vereinigtes Königreich

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Denkmal „Vertriebene Historiker*innen“ 2022 Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät

Blanka Satz, verh. Moscisker, geboren am 11. November 1917 in Wien/Österreich-Ungarn (heimatberechtigt in Wien, Staatsbürgerschaft 1938: Österreich), Tochter von Josef Satz (1883–1967, Kaufmann) und Dora Satz, geborene Katz (1893–1964), wohnte in Wien 20., Karl-Meißl-Straße 4/64. Sie hatte 1936 mit Auszeichnung am Bundesrealgymnasium XX (Wien 20., Unterbergergasse 1) ihre Reifeprüfung (Matura) abgelegt und begann im Wintersemester 1936/37 an der Universität Wien zu studieren.
Sie war zuletzt im Wintersemester 1937/38 an der Philosophischen Fakultät im 3. Studiensemester inskribiert und belegte Vorlesungen in Geschichte und Romanistik. Sie erzählte 1998, dass sie eine akademische Karriere ergreifen wollte, obwohl sie sich an ihre Zeit an der Universität als stark geprägt von Antisemitismus, (latenter) Gewalt und schlagenden Burschenschaftern erinnerte.

Sie wurde im Nationalsozialismus aus rassistischen Gründen gezwungen, das Studium abzubrechen und die Universität Wien zu verlassen.

Ihr jüngerer Bruder Jakob Satz (1919–1996), der an der Medizinischen Fakultät zu studieren begonnen hatte, wurde ebenfalls von der Universität Wien vertrieben, konnte aber über die Schweiz mit einem Studentenzertifikat nach Palästina [Israel] emigrieren.

Sie versuchte, mit ihren Eltern nach England auszureisen, und die aussichtsreichste Chance dafür war es, ein domestic service permit (»Dienstmädchenvisum«) zu erhalten. Deshalb lernte sie intensiv Englisch und ihre Mutter Kochen, um gemeinsam ihre Ausreisechancen zu verbessern; ferner gab sie Nachhilfeunterricht, um Geld zu verdienen, da ihr Vater sein Geschäft aufgegeben hatte. Sie gaben eine Annonce in England auf, versuchten in Wien alle notwendigen Papiere für eine Ausreise zu erhalten; Ende März 1939 konnte sie gemeinsam mit ihrer Mutter mit einem domestic service permit nach Großbritannien emigrieren. Sie arbeitete das erste halbe Jahr als Stubenmädchen und ihre Mutter als Köchin bei einer Familie auf der Isle of Wright, allerdings unter so schwierigen Arbeitsbedingungen, dass sie rasch eine andere Stellung suchten und später für einige Monate eine gemeinsame Stelle an der Südküste fanden; es gelang ihnen sogar, den Vater noch kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges nach England nachzuholen. Später lebten sie in 24, St. Andrew Grove, London N 16, und wurden aufgrund positiver Empfehlungen Ende 1939 als friendly aliens eingestuft, somit von der Internierung aus genommen, und konnten weiter in London, England, leben.

Blanka heiratete im Jänner 1950 in Hackney, London, Theodor Moscisker (1915–2009), der aus Mährisch-Ostrau/Österreich-Ungarn [Moravská Ostrava/Tschechische Republik] stammte, emigrieren musste und in der britischen Armee gedient hatte. Der promovierte Tierarzt konnte nicht in seinem gelernten Beruf arbeiten: Sie bauten gemeinsam ein Kinderspielzeug- und Kinderkleidungsgeschäft auf und bekamen zwei Söhne, Arnold (1952 geboren ) und Simon (1955 geboren).
Im März 1950 wurde Blanka Moscisker britische Staatsbürgerin (damals lebte sie in 63, Heath land Road, London N 16). Später zog sie mit ihrem Mann nach Warwick Grove 36, Hackney, Greater London.
In der Pension engagierte sie sich im karitativen Bereich. 1998 schildert sie in einem Interview die Nachteile, welche der Bildungsabbruch für ihr Leben bedeutet hatte, zog aber trotzdem ein positives Resümee, als sie gefragt wurde, wie sehr sie dies bedaure:

I did at first very much so. But then I found, that living, and learning from life, is also a lesson! And it is something that is available.

Blanka Moscisker, geborene Satz, starb am 15. Jänner 2009 in London, England, und ist am Rainham Jewish Cemetery, Havering, Greater London, England/Großbritannien beigesetzt.

Ehrung

Seit 2009 wird an sie im "Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien 1938" erinnert (online).

Seit 2022 findet sich ihr Name auch auf dem "Denkmal für die im Nationalsozialismus vertriebenen Geschichte-Studierenden und -Lehrenden der Universität Wien (Wenn Namen leuchten)", im ersten Stock des Hauptgebäudes der Universität.

Archiv der Universität Wien / Nationale PHIL 1936–1938; Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde IKG Wien / Geburtsmatriken; The National Archivesof the UK, Kew, London / HO 396/78 WW2 Internees (Aliens) Index Cards 1939–1947; General Register Office / United Kingdom / Civil Registration Marriage Index / Vol. 5c p. 1531; London Metropolitan Archives, London, England, Electoral Registers 1959, 2003–2010; The London Gazette v. 21. April 1950, p. 1955;  www.ancestry.de; www.genteam.at; www.findagrave.com; USC|University of Southern California - VHA|Shoah Foundation Institute for Visual History and Education, Interview 44606 (20. Mai 1998).

Herbert Posch

Zuletzt aktualisiert am 12.02.2024 - 21:09

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