Johann Nepomuk Ritter von Raimann, o. Prof. Dr. med.

20.5.1780 – 8.3.1847
geb. in Freiwaldau, Schlesien | Jesenik, Tschechische Republik gest. in Wien, Österreich

1818-1829 Direktor des Wiener Allgemeinen Krankenhauses, Schwiegersohn von Andreas Freiherr von Stifft, Onkel von Johann Anton Raimann

Funktionen

Rektor 1832/33

Johann Nepomuk Raimann besuchte das Gymnasium in Weißwasser (Bělá pod Bezdězem, Tschechien) und begann nach Absolvierung der philosophischen Jahrgänge das Medizinstudium an der Universität Prag. Nach zwei Jahren wechselte er nach Wien, wo er seinen Lebensunterhalt durch Nachhilfeunterricht verdienen musste und 1804 an der Universität Wien zum Doktor der Medizin promoviert wurde. Bereits im Folgejahr wurde Raimann zum Supplenten für Allgemeine Pathologie, Therapie und Materia medica (Arzneimittellehre) an der Universität Krakau ernannt. Diesem Provisorium folgte 1807 die Berufung zum ordentlichen Professor für dieselben Fächer. Daneben vertrat er den Lehrstuhl für Physiologie und höhere Anatomie, fungierte als Notar der Medizinischen Fakultät und arbeitete während der Besetzung Krakaus – zu dieser Zeit noch Teil des österreichischen Kronlandes Galizien – in Militärspitälern.

Nachdem die Habsburgermonarchie infolge der Napoleonischen Kriege Westgalizien inklusive Krakau 1809 an das von Napoleon Bonaparte errichtete Herzogtum Warschau abtreten musste, verließ Johann Nepomuk Raimann die Stadt. Mit der Ernennung zum kaiserlichen Rat und Feldstabsarzt lehrte er ab 1810 als Professor der Allgemeinen Pathologie und Arzneimittellehre an der medizinisch-chirurgischen Josephs-Akademie (Josephinum) in Wien. 1813 übernahm er zunächst provisorisch den Lehrstuhl der Medizinischen Klinik für Wundärzte an der Universität Wien, bis er 1814 als wirklicher Professor und Direktor dieser Klinik berufen wurde. 1813 trug er mit Vorschlägen an das Kaiserhaus dazu bei, dass die in Siebenbürgen ausgebrochene Pestepidemie eingedämmt werden konnte.

Neben seiner Tätigkeit als Lehrer und Arzt verfasste Raimann praxisorientierte Lehrbücher, so 1815 eine „Anleitung zur Ausübung der Heilkunst“ und 1816/17 ein „Handbuch der speciellen medicinischen Pathologie und Therapie“, die beide auch ins Lateinische übersetzt sowie im In- und Ausland breit rezipiert wurden. Zudem wirkte er an der Bearbeitung der 1820 von den Behörden veröffentlichten „Pharmakopoea Austriaca“ mit.

Als Nachfolger des verstorbenen Johann Valentin von Hildenbrand übernahm Raimann 1818 provisorisch dessen Professur der speziellen Therapie und Medizinischen Klinik für Ärzte und die Leitung des Wiener Allgemeinen Krankenhauses sowie des Gebär- und Findelhauses. 1820 wurde er zum definitiven Direktor bestellt und zum Regierungsrat ernannt. Ab 1821 unterstützt durch einen Vizedirektor, konnte Raimann die Verwaltung und Ausstattung der drei unter seiner Leitung vereinten Anstalten – des AKH, des Gebärhauses und der Irrenanstalt – wesentlich verbessern. Neben der Errichtung eines neuen Bades und neuer Kliniken, die die Kapazität des AKH um 500 Betten erweiterten, sowie der Erprobung neuer Behandlungsmethoden gegen Typhus und neuer Arzneistoffe sorgte er für eine Erhöhung der Gehälter der Ärzte und erließ Dienstanweisungen für das Krankenhauspersonal. Aufgrund seiner organisatorischen Erfahrung fungierte er in der Folge wiederholt als Berater bei der Einrichtung solcher Anstalten in anderen österreichischen Provinzen.

Seine Funktion als Direktor des Allgemeinen Krankenhauses legte Johann Nepomuk Raimann zurück, als er 1829 zum Leibarzt von Kaiser Franz I. ernannt wurde. Nach dessen Tod wurde er 1836 Leibarzt von Kaiser Ferdinand I.

An der Universität Wien wurde Johann Nepomuk Raimann zum Rektor für das Studienjahr 1832/33 gewählt. Nach dem Tod seines Schwiegervaters Andreas von Stifft wurde er 1837 dessen Nachfolger als Direktor der medizinisch-chirurgischen Studien und Präses der Medizinischen Fakultät der Universität Wien. Zusätzlich wirkte er ab 1844 als medizinischer Referent bei der Studien-Hofkommission.

Zwischen 1837 und 1846 übernahm Raimann zudem von Stifft die Herausgabe der „Medicinischen Jahrbücher des kaiserl. königl. oesterreichischen Staates“, an deren Redaktion er seit dessen ersten Jahrgang 1811 mitgearbeitet hatte.

Für seine vielfältigen Verdienste wurde Johann Nepomuk Raimann vielfach geehrt und ausgezeichnet. 1826 von Kaiser Franz I. mit dem Prädikat „Edler von“ in den Adelstand erhoben und 1829 erstmals zum kaiserlichen Leibarzt ernannt, folgte 1835 die Ernennung zum wirklichen Hofrat durch Kaiser Ferdinand I. sowie 1836 jene zu dessen Leibarzt. 1840 erhielt er das Ritterkreuz des Leopold-Ordens und wurde damit in den Ritterstand versetzt. Zudem wurden ihm zahlreiche ausländische Auszeichnungen verliehen. Raimann gehörte der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Dresden, der Medizinisch-chirurgischen Gesellschaft in Berlin, der Philosophisch-medizinischen Gesellschaft in Würzburg sowie weiteren gelehrten Vereinigungen an.

Die Stadt Wien benannte 1910 die Raimannstraße in Wien-Penzing (14. Bezirk) nach ihm.

Werke (Auswahl)

Rede zur Gedächtnissfeyer des hoch- und wohlgebornen Herrn Nic. Jos. Freyherrn v. Jacquin. Gehalten im Saale der Hohen Schule am 9. Juni 1818, 1818.
Anleitung zur Ausübung der Heilkunst. Als Einleitung in den klinischen Unterricht, 1815 (2. Auflage 1821).
Institutiones generales ad praxin clinicam, usui academico dicatae, 1829.
Handbuch der speciellen medicinischen Pathologie und Therapie, für akademische Vorlesungen (2 Bände: Band 1 | Band 2), 1816–1817 (3. Auflage 1826, 5. Auflage 1839).
Principia Pathologiae ac Therapiae specialis medicae, usui academico adcommodata (2 Bände: Band 1 | Band 2), 1835.

Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am 02.07.2024 - 18:14

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