Otto Kraupp, Univ.-Prof. DDr.
Ehrungen
Ehrung | Titel | Datierung | Fakultät | |
---|---|---|---|---|
Ehrensenator*in | sen.h.c. | 1989/90 | Medizinische Fakultät |
Otto Kraupp wurde am 26.06.1990 zum Ehrensenator ernannt als Mann, "QUI MULTOS PER ANNOS ET DECANUS ET PROFESSOR ORDINIS MEDICORUM VARIIS MUNERIBUS ACADEMICIS EGREGIE PERFUNCTUS NECNON INVESTIGATOR DE ALMA MATRE RUDOLPHINA OPTIME MERITUS EST, HUIUS UNIVERSITATIS" (Wortlaut Diplom) |
Die Ehrung wird 2022/23 aufgrund von Otto Kraupps NSDAP-Mitgliedschaft als „diskussionswürdig“ eingestuft. Er gehörte ab 1937 oder 1938 der Hitlerjugend und der NSDAP an.
Funktionen
Dekan*in | Medizinische Fakultät | 1975/76 |
Dekan*in | Medizinische Fakultät | 1977/78–1978/79 |
Dekan*in | Medizinische Fakultät | 1984/85–1985/86 |
Dekan*in | Medizinische Fakultät | 1988/89–1989/90 |
Dekan*in | Medizinische Fakultät | 1990/91–1991/92 |
- Pharmakologie
- Medizin
- Chemie
- Medizinische Fakultät
Otto Kraupp, Sohn des Mittelschullehrers Dr. Josef Kraupp und dessen Ehefrau Josefine (geb. Schwarz), besuchte die Volksschule und das Gymnasium in Baden bei Wien, wo er im Juni 1938 die Matura ablegte.
Nationalsozialismus
Otto Kraupp war ab Mitglied der Hitlerjugend und der NSDAP. Nach eigenen Angaben meldete er sich im Sommer 1938 – noch vor Vollendung seines 18. Lebensjahres – zum Wehrdienst, „um nicht durch späteres Ableisten der militärischen Dienstpflicht mein Hochschulstudium unterbrechen zu müssen“ (Wiener Stadt‐ und Landesarchiv (WStLA), 1.3.3.119.A42 NSRegistrierung Kraupp), wurde wenig später aufgrund dessen in die NSDAP aufgenommen und erhielt eine rote Mitgliedskarte. Ein Vermerk in seinem Gauakt gibt jedoch an, dass er bereits 1937 „die Mitgliedsbeiträge für die NSDAP bei der HJ eingezahlt“ und 1938 die für „illegale“ Parteimitglieder vorgesehene Mitgliedsnummer 6,382.411 erhalten habe (WStLA, 2.7.1.4.A1 Gauakt Kraupp).
Im Herbst 1938 rückte Kraupp zur Luftwaffe ein und diente bis zum Ende des Zweiten Weltkriege bei deren Sanitätstruppe. Von der Luftwaffe wurde er zum Medizinstudium abkommandiert, das er im Herbst 1939 an der Universität München begann und ab Winter 1940 an der Universität Wien fortsetzte. Am 14. Dezember 1944 promovierte er hier zum Doktor der gesamten Heilkunde. Gegen Kriegsende geriet er in US‐amerikanische Kriegsgefangenschaft, aus der er Anfang Oktober 1945 in Salzburg entlassen wurde.
Nachkriegszeit
Kraupp kehrte nach Wien zurück und begann im Wintersemester 1945/46 das Studium der Chemie an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien. 1946/47 arbeitete er zudem als Gastarzt am Pharmakologischen Institut der Universität Wien.
Im Zuge der politischen Überprüfung der Studierenden war Kraupp 1945 – sowie abermals im Jänner 1947 – als „politisch tragbar“ eingestuft worden. Gemäß der Registrierungspflicht für ehemalige NSDAP‐Mitglieder nach dem Verbotsgesetz 1945 meldete Kraupp im Mai 1946 seine Parteimitgliedschaft bei der Registrierungsbehörde in Wien. Erst das Inkrafttreten des Nationalsozialistengesetzes 1947 bedrohte Kraupps Karriereverlauf ernsthaft, schrieb dieses doch den Ausschluss „minderbelasteter“ Personen von Hochschulstudium bis 30. April 1950 vor. Daher wandte sich Kraupp im Mai 1947 an das Magistratische Bezirksamt Wien IX. mit der Bitte um Überprüfung, ob die Registrierungspflicht für ihn gelte, da er im September 1938 nur Anwärter der HJ gewesen sei und aufgrund seiner freiwilligen Meldung zur Wehrmacht ohne sein weiteres Zutun zur NSDAP überstellt worden sei. Von seiner NSDAP-Mitgliedschaft habe er erst zwei Jahre später erfahren und zu keinem Zeitpunkt Mitgliedsbeiträge einbezahlt. Eine rechtskräftige Mitgliedschaft sei also nicht vorgelegen. Im Juni 1947 richtete Kraupp zudem ein Ansuchen um Nachsicht der Sühnefolgen (laut § 27 des Verbotsgesetzes 1947) an den Bundespräsidenten:
„Durch die Bestimmungen des N.S.Gesetzes 1947 bin ich nun gezwungen, mein Studium bis zum Jahre 1950 unterbrechen zu müssen. Da die Biochemie bereits heute zu den schwierigsten Spezialgebieten der experimentellen Medizin gehört und Erfolge auf diesem Gebiete nur durch unablässiges Weiterstudium und Laboratoriumsarbeit möglich sind, bin ich durch das Studienverbot in meiner Berufsausbildung auf das schwerste gehindert, wobei ich noch in diesem Zusammenhange darauf hinweisen möchte, daß ich verheiratet bin und für ein unmündiges Kind zu sorgen habe.“ (WStLA,1.3.3.119.A42 NS‐Registrierung Kraupp)
Die für die Behandlung des Nachsichtsgesuchs zuständige Einspruchskommission für den IX. Bezirk kam im Jänner 1948 zu dem Beschluss, Kraupps Antrag nicht Folge zu leisten, änderte seine Registrierung jedoch von „Parteimitglied“ zu „Parteianwärter von September 1938 bis 27.4.1945“. Bereits im Juni 1948 erfolgte jedoch aufgrund des Jugendamnestiegesetzes (BGBl. Nr. 70) Kraupps Befreiung von den Sühnefolgen sowie die Einstellung des Verfahrens.
Bereits im Winter 1947/48 hatte Kraupp hatte seine Tätigkeit als wissenschaftliche Hilfskraft am Physiologischen Institut begonnen, wo er als Vorlesungsassistent von Prof. Carl Schwarz‐Wendl tätig war. Daneben arbeitete er an Forschungen des I. Chemischen Instituts im Bereich der organischen Chemie unter Leitung von Prof. Ludwig Eberth mit. Ab Jänner 1950 war er als Assistent am Pharmakologischen Institut unter Leitung von Prof. Franz Brücke tätig. Mit der Dissertation „Synthese und Abbaureaktionen des Triäthylendiaminrindes“ wurde er am 13. November 1952 zum Dr. phil. promoviert. Seine Forschungstätigkeit als Assistent des Pharmakologischen Instituts setzte er fort.
Am 19. November 1956 erfolgte Otto Kraupps Habilitation für den Fachbereich experimentelle Pharmakologie und Toxikologie. Als Universitätsdozent lehrte er an der Medizinischen Fakultät über allgemeine und spezielle Arzneiverordnungslehre und hielt an der Philosophischen Fakultät Vorlesungen über Pharmakodynamik und Toxikologie für Pharmazeuten. 1960 wurde Kraupp am Pharmakologischen Institut zum Oberarzt im dauernden Dienstverhältnis ernannt und 1962 erhielt er den Titel eines außerordentlichen Professors.
1966 folgte Kraupp der Berufung an die Ruhr‐Universität Bochum, wo er im Folgejahr zum ordentlichen Professor und Vorstand des Pharmakologischen Institutes ernannt wurde; er blieb bis 1971 in dieser Position. Von Oktober 1967 bis April 1968 fungierte er gleichzeitig als supplierender Leiter des Pharmakologischen Institutes der Universität Graz.
1971 kehrte Otto Kraupp als ordentlicher Professor der Pharmakologie und Vorstand des Pharmakologischen Institutes an die Universität Wien zurück. An der Universität Wien fungierte Kraupp zwischen 1975 und seiner Emeritierung 1992 fünfmal als Dekan der Medizinischen Fakultät gewählt; auch als Prodekan (1979–1982 sowie 1986/87) und Prädekan (1987/88) gestaltete er die Fakultät in diesen zwei Jahrzehnten entscheidend mit.
In seinen über 200 wissenschaftlichen Publikationen widmete sich Kraupp einem breiten Spektrum an pharmakologischen Themen. In seinen frühen Forschungen am Pharmakologischen Institut waren es zunächst vor allem Probleme der Muskelpharmakologie und ‐ physiologie – so entwickelte er u. a. ein kurz wirkendes Muskelrelaxan. Weitere Arbeiten befassten sich mit dem Abbau des Adrenalins im Körper sowie mit den Stoffwechsel von Cholesterin und Cholin. Besonders intensiv forschte Kraupp an verschiedenen Fragestellungen der pharmakodynamischen Beeinflussbarkeit von Herz‐ und Lungenstoffwechsel. Ab 1972 zeichnete Kraupp für mehr als zwei Jahrzehnte als Redakteur der „Wiener klinischen Wochenschrift“ verantwortlich.
Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit auch im Bereich der angewandten Pharmakologie aktiv, war Kraupp seit 1961 Mitglied der Österreichischen Arzneibuchkommission, ab 1972 Mitglied der Codexkommission sowie des Obersten Sanitätsrates und wesentlich an der an der Entstehung des Österreichischen Arzneimittelgesetzes von 1983 mitbeteiligt.
Ehrungen
Fachgesellschaften und wissenschaftliche Akademien würdigten seine Leistungen: So wurde Otto Kraupp zum Präsidenten der Österreichischen Biochemischen Gesellschaft (1965–1967) sowie der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft (1974), zum Mitglied des Vorstandes der Deutschen Pharmakologischen Gesellschaft (1977–1980), zum korrespondierenden, später wirklichen Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (1976, 1978) sowie zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina (1983) ernannt. Er war Träger zahlreicher Auszeichnungen, wie der Pro‐Meritis‐Medaille der Universität Graz (1969), der Wilhelm‐Exner‐Medaille (1973), des Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst I. Klasse (1978), der Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold (1986/87), des Großen Silbernen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich (1990), des Wissenschaftspreis des Landes Niederösterreich (1991) und des Preises der Stadt Wien für Medizin (1993).
Die Verleihung zweier mit der Universität Wien verbundener Preise ging jeweils auf die Initiative seines langjährigen Kollegen Wilhelm Holczabek zurück. Als Dekan der Medizinischen Fakultät beantragte Holczabek 1984, den Universitätspreis der Wiener Wirtschaft (Personalpreis) aus den Mitteln der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien an Otto Kraupp zu verleihen, „der durch seine wissenschaftlichen Arbeiten als Pharmakologe, insbesonders durch seine Grundlagenarbeit am Arzneimittelgesetz, eine ideale Verbindung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft herstellt.“ (Archiv der Universität Wien, Senat S 199.83.20). Die feierliche Vergabe des Preises erfolgte am 5. Juni 1984 entsprechend Holczabeks Antrag. Sechs Jahre später schlug Holczabek vor, Kraupp anlässlich seines 70. Geburtstages mit der Ernennung zum Ehrensenator der Universität Wien zu ehren, aufgrund seiner führenden Tätigkeit für die Medizinische Fakultät sowie seines internationalen Renommees als Pharmakologe, besonders im Bereich der Herz‐Kreislauf‐Pharmakologie. Der Festakt zur Verleihung der Ehrensenatorenwürde – gleichzeitig an Kraupp und Holczabek – fand am 26. Juni 1990 im Großen Festsaal der Universität Wien statt.
Otto Kraupp starb am 9. Februar 1998 in Baden bei Wien.
In Gedenken an Kraupp und zur Würdigung seiner Bemühungen um die Kooperation zwischen Universität und Pharmaindustrie begründete die Gesellschaft der Ärzte in Wien 1999 den Otto‐Kraupp‐Preis, der seither jährlich für die beste an einer österreichischen Universität angenommene medizinische Habilitation vergeben wird.
Archiv der Universität Wien, Senat S 229.19.9 (Kraupp, Otto, Ehrensenator).
Archiv der Universität Wien, Senat S 199.83.20 (Universitätspreise der Wiener Wirtschaft 1984).
Wiener Stadt‐ und Landesarchiv, 1.3.3.119.A42 NS‐Registrierung Kraupp.
Wiener Stadt‐ und Landesarchiv, 2.7.1.4.A1 Gauakt Kraupp
> Träger*innen der Wilhelm Exner Medaille
> Wikipedia
Zuletzt aktualisiert am 27.03.2024 - 22:43