Vinzenz Eduard Milde, Dr. theol. h.c.

11.5.1777 – 14.3.1853
geb. in Brünn, Mähren | Brno, Tschechische Republik gest. in Wien, Österreich

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Ehrendoktorat Dr. theol. h.c. 1823 Katholisch-Theologische Fakultät

Vinzenz (auch Vincenz) Eduard Milde, Sohn des Buchbinders Vinzenz Milde und dessen Ehefrau Maria Anna Milde, besuchte das Gymnasium in Brünn und absolvierte 1792–1794 die philosophischen Jahrgänge an den Universitäten Wien und Olmütz. Anschließend trat er in das Wiener Priesterseminar ein und war ab 1798 als Korrepetitor für Orientalische Sprachen an der Theologischen Fakultät der Universität Wien sowie als Studienpräfekt im Priesterseminar tätig. Nachdem er 1800 zum Priester geweiht worden war, wirkte er zunächst als Seelsorger, dann als Professor für Katechetik (Religionslehre) an der Normalhauptschule St. Anna in Wien sowie als Religionslehrer an der Wiener Realakademie. 1805 zum Hofkaplan ernannt, erfolgte 1806 seine Berufung zum ersten Professor für Erziehungswissenschaften an die Philosophische Fakultät der Universität Wien. In dieser Position unterrichtete er auch Katechetik für Theologen.

Seine universitäre Lehrtätigkeit beendete Vinzenz Eduard Milde 1810 aus gesundheitlichen Gründen und wurde als Pfarrer in Wolfpassing (Niederösterreich). Dort verfasste er sein berühmtes zweibändiges „Lehrbuch der allgemeinen Erziehungskunde“, dessen 1821 publizierte Kurzform über Jahrzehnte als vorgeschriebenes Lehrbuch an den österreichischen Universitäten dienen sollte. 1814 sandte ihn Kaiser Franz I. als Pfarrer und Dechant nach Krems und ernannte ihn zudem zum Schuldistriktaufseher und Direktor der dortigen philosophischen Lehranstalt. In dieser Funktion initiierte Milde die Reorganisation von Schulen sowie die Neugründung von Bibliotheken und Pfarrarchiven. Neben seiner pädagogischen Tätigkeit engagierte Milde sich auch für die Seelsorge in Haftanstalten. Er wurde zum Ehrendomherrn von St. Stephan in Wien ernannt.

Von Kaiser Franz I. nominiert, wurde Milde 1823 als Bischof von Leitmeritz (Böhmen) geweiht. Er bemühte sich, den geschwächten Orden zu stärken, das theologische Studium zu erneuern und die Weiterbildung von Geistlichen zu fördern.

1831 wurde Vinzenz Eduard Milde zum Erzbischof von Wien ernannt, seine Amtseinführung erfolgte nach päpstlicher Bestätigung 1832. Nach 150 Jahren Besetzung durch den Hochadel war er der erste Bürgerliche in diesem Amt. Auch in dieser Position engagierte er sich für eine Erneuerung der Religionslehre, die Aus- und Weiterbildung der Priester sowie die Alphabetisierung, Bildung und Seelsorge des Volkes. Gegenüber dem absolutistisch regierenden Kaiser und dem Staatskirchentum verhielt er sich stets loyal.

Im Alter von 70 Jahren gelang es ihm im Zuge der Revolution 1848 nicht mehr, den Reformwünschen des jungen Klerus angemessen zu begegnen. Entgegen den allgemeinen Forderungen nach Versammlungs- und Pressefreiheit verbot er Versammlungen des Klerus, die Gründung von katholischen Vereinen, Bücher- und Lesevereinen sowie die Erneuerung der Wiener Kirchenzeitung. Erst im Dezember 1848 verfasste er schließlich auf Initiative des Salzburger Erzbischofs Friedrich zu Schwarzenberg eine Denkschrift an den österreichischen Reichstag, in der er die kirchenpolitische Lage thematisierte.

Vinzenz Eduard Milde verstarb am 14. März 1853 im Alter von 75 Jahren in seiner Residenz in Wien. Sein Grabmal befindet sich in der Taufkapelle des Stephansdomes.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden die Qualitäten von Mildes praktischer Arbeit und theoretischer Lehre in verschiedenen Bereichen der Pädagogik wiederentdeckt: Insbesondere die Betonung der Psychologie als Grundlage der Pädagogik, seine einfühlsame Seelsorge für jugendliche Straftäter sowie die Anregung der Schüler zu selbständigem Lernen wurden als Pionierleistungen hervorgehoben. Er gilt als Begründer der Heil-, Sonder- und Kriminalpädagogik sowie als wichtiger Impulsgeber für die Sozial- und Religionspädagogik.

Ehrungen

Für seine Verdienste wurde Vinzenz Eduard Milde mit dem Großkreuz des Leopold-Ordens ausgezeichnet. 1823 ernannte ihn die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Wien zum Ehrendoktor. 1884 benannte die Stadt Wien den Mildeplatz in Wien-Ottakring (16. Bezirk) nach ihm.

Die Katholisch-Theologische Fakultät beantragte am 31. März 1955 zudem, den Namen von Vinzenz Eduard Milde als berühmtes Mitglied des Lehrkörpers in die Ehrentafel der Theologischen Fakultät aufzunehmen:

„Seine zweibändige ‚Allgemeine Erziehungskunde‘ (erstmals 1811/12) war lange über seinen Tod hinaus das Lehrbuch der Pädagogik in Österreich. Als Anreger der individuellen Pädagogik, der Heilpädagogik, des Hilfsschulunterrichts und der Kriminalpädagogik war er bahnbrechend und wirkt bis zur Stunde nach.“
(Antrag von Dekan Kosnetter, 31.3.1955, in: Archiv der Universität Wien, Akademischer Senat GZ 6 ex 1954/55)

Der Antrag wurde am 30. Juni 1955 durch den Senat einstimmig angenommen, doch wurde die offiziell genehmigte Eintragung aus unbekannten Gründen nicht durchgeführt.

Werke (Auswahl)

Lehrbuch der allgemeinen Erziehungskunde zum Gebrauch öffentlicher Vorlesungen (2 Bände), 1811–1813 (Neuauflagen 1877, 1908, 1922, 1965).
Lehrbuch der allgemeinen Erziehungskunde im Auszug. Als Leitfaden bey öffentlichen Vorlesungen, 1821 (italienische Ausgabe 1927).
Allgemeine Anleitung zur Seelsorge in Strafhäusern, 1817.
Christkatholische Betrachtungen und Gebete in den Tagen der Gefahr der Asiatischen Brechruhr Cholera morbus, 1831.
Reliquien von V. E. Milde etc. nebst einem Lebensabrisse desselben (hg. von August Ginzel), 1853 (2. Auflage 1859).

Archiv der Universität Wien, Akademischer Senat GZ 6 ex 1954/55 (Eintragung Ehrentafel der Fakultät).
Archiv der Universität Wien, Kath.-Theol. Dekanat GZ 110 ex 1954/55 (Eintragung Ehrentafel der Fakultät).
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Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am 02.04.2024 - 22:42