Szepter und Amtsketten des Rektors und der Dekane

Insignien der Universität Wien
15. Jhdt.–20. Jhdt.

Akademische Hoheitszeichen

Universitäts- und Fakultätsszepter sind die ältesten akademischen Hoheitszeichen, die in Wien erst im Jahre 1804 um Amtsketten ergänzt worden sind. Ihr Ursprung ist in der „imitatio“ päpstlicher und kaiserlicher Insignien zu suchen und in der seit dem 13. Jahrhundert (Alexander von Roes) propagierten Idee von der Trinität der Universalmächte: „imperium, sacerdotium, studium“. Neben Wappen, Siegel und Fahnen wird in Wien auch das Matrikelbuch genannt. Diese „officialia“ wurden mit dem Szepter von Rektor zu Rektor übergeben.

Das Rektorsszepter

Der gewählte Rektor führte in Wien während des Mittelalters kein eigenes Szepter. In feierlicher Mission und bei öffentlichen Prozessionen trugen die Pedellen die vier Szepter der Fakultäten voran. Diese Stäbe symbolisierten die „direkte Unterstellung“ unter den Schutz des jeweiligen Patrons (Theologen: Hl. Johannes, Juristen: Justitia, Mediziner: Hl. Lukas, Artisten: Hl. Katharina) und den idealen Anspruch auf Autonomie bzw. auf den Entzug der direkten Einflussnahme weltlicher Obrigkeiten auf Universität und Wissenschaft.

Im Jahre 1558 erhielt die Universität Wien nach der Kaiserkrönung Ferdinands I. erstmals ein Rektorsszepter, geschmückt mit der Kaiserkrone. Damit wurde zwar das Rektorsamt aufgewertet. Die alte Korporation war jedoch 1554 („Reformatio Nova“) zu einer landesfürstlichen Ordinarienuniversität umgestaltet worden. Das neue Rektorsszepter zeigt als Bekrönung folgerichtig nicht heilige Patrone, sondern  das Symbol der kaiserlichen Macht. Über einem Blattwerk erhebt sich auf einer sechseckigen Platte die mit zwei Amethysten geschmückte Kaiserkrone. Der polygonale Silberstab ist an der Bekrönung und an den drei Knäufen vergoldet und misst 137,4 cm.

Bei Promotionen und Sponsionen legen die Promovenden noch heute ihr akademisches Gelöbnis auf das Rektorsszepter bzw. auf das jeweilige Fakultätsszepter ab. Mit dem Wort "Spondeo!" geloben sie, als Absolventen das Ansehen ihrer Universität würdig zu vertreten und die Wissenschaften zu fördern.

Die Fakultätsszepter

Katholisch-Theologische Fakultät (1601)

Von einem Augsburger Goldschmied wurde der zylindrische Silberstab (126 cm) im Jahre 1601 um 150 Gulden angefertigt. Seine fünf Knäufe sind vergoldet, die Bekrönung bildet ein kelchförmiger Sockel, auf dem die vier Evangelistensymbole (Engel, Stier, Adler, Löwe) stehen. Auf der darüber befindlichen Deckplatte befindet sich die Statuette des hl. Evangelisten Johannes, des Patrons der Fakultät.

Evangelisch-Theologische Fakultät (1859)

Die Evangelisch-Theologische Fakultät bestand seit 1821 als Lehranstalt, seit 1850 als selbständige Fakultät. Erst 1922 wurde sie in den Verband der Universität Wien aufgenommen. Der zylindrische Silberstab (156 cm) wurde 1859 angeschafft. Er besteht aus zwei zusammenschraubbaren Teilen. Als Bekrönung dient ein oblong-kugeliger Knauf, an dem zwei Rossstirnschilde mit Kreuz, Anker, Buch und Kelch angebracht sind, dazwischen sind in je zwei übereinanderliegenden Medaillons die vier Evangelisten. Über dem Knauf sitzt die österreichische Kaiserkrone.

Medizinische Fakultät (1615)

Der sechseckige Silberstab (139,8 cm), dessen Knäufe vergoldet sind, wurde 1615 von dem Mediziner Sigismund Geisler gestiftet. Einzelne Teile wurden von älteren Vorgängern verwendet. Die Bekrönung bildet ein zweiteiliger Blattkranz unter einer Konsole, welche die Figurine des hl. Evangelisten Lukas trägt, der in der Rechten ein Buch hält, seine Linke ruht auf dem Kopf eines Stieres. Der Stab zeigt eingravierte Inschriften, die auf den Stifter des Szepters und die Heiligen Cosmas und Damian hinweisen..

Rechtswissenschaftliche Fakultät (1615)

Das silberne, teilweise vergoldete Juristenszepter (150 cm) ist 1615 entstanden und mit Bestandteilen eines spätmittelalterlichen Vorgängers verziert. Der Stab ist mit vier Knäufen untergliedert, die Bekrönung wird durch zwei Blattkränze gebildet, auf denen ein sechsseitiger Sockel die Statuette der Justitia mit Schwert und Waage trägt. Der Schaft trägt eine Inschrift mit der Datierung und Renovierungsvermerken.

Philosophische Fakultät (1666)

Rektor Balthasar Nolaren von Nolenstein schaffte 1666 den neuen silbernen, teilweise vergoldeten, sechseckigen Stab (143,5 cm) an, da das vorhandene Szepter aus dem Jahre 1401 schadhaft war. Es wird durch fünf Schaftknäufe unterteilt, die Bekrönung bilden zwei Blattkränze, auf denen eine sechsseitige Standplatte befestigt ist. Darauf befindet sich die vergoldete Figurine der hl. Katharina von Alexandria mit dem Rad. Diese Figurine gilt als ältester Bestandteil der Wiener Szepter, da sie als Bekrönung des verlorenen gotischen Stabes von 1401 gedient hatte.

Die Amtsketten

Eine Amtskette gab es bis in das ausgehende 18. Jahrhundert in Wien nicht. Die Abschaffung der akademischen Amtstracht erzeugte damals den Wunsch nach einem „unterscheidenden Zeichen“. Die Universität bat daher um die Verleihung „goldener Medaillen“. Kaiser Leopold II. verlieh ihr 1792 fünf Medaillen mit seinem Porträt an violetten und roten Bändern. Die Magnifizenzen und Spektabilitäten fühlten sich jedoch mit Beamten „von unterem Range“ gleichgesetzt. Auf ein neuerliches Gesuch unter Rektor Franz Anton von Zeiller bewilligte Kaiser Franz II. am 29. Dezember 1804 die neuen fünf Ketten für Rektor und Dekane, die bis zum heutigen Tag in Verwendung stehen. Als Avers-Umschrift der Medaille wurde festgelegt: „FRANCISCVS ROM. ET AVST. IMP.“. Der Kammermedailleur Johann Nepomuk Würth (Signatur: „I. N. WIRT“) übernahm die Herstellung der Rektorskette aus dem Gold von 50 Dukaten für den Preis von 673 Gulden. Für die Reversseite wurde folgender Text festgelegt: „MVNIFICENTIA AVGVSTI RECTORI VNIVERSITATIS VINDOBONENSIS“, darunter die Jahreszahl „MDCCCIV“. Die runde Goldmedaille mit dem Porträt des Kaisers Franz I. (II.) wurde im Mittelfeld zweier übereinandergelegter purpurroter Malteserkreuze platziert, darüber befindet sich die österreichische Kaiserkrone. Die breitere Rektorskette besitzt 49 größere Glieder gegenüber den kleineren 62 Gliedern der vier Dekansketten.

Szepter und Amtskette als Symbole der Amtsübergabe

Der Charakter des Rektorsstabes hatte sich im Laufe der Geschichte vom Herrschafts- und Machtsymbol des einst mit fürstlichen Rang und hoher Gerichtsgewalt ausgestatteten Rektors gewandelt. Er wurde nun als Symbol der gemeinsamen Geschichte und Identität aller Universitätsmitglieder interpretiert und zum Zeichen der universitären Selbständigkeit und zum Sinnbild für die Grundsätze von Freiheit und Einheit von Forschung und Lehre erklärt. Ähnlich definierte man nun den Charakter der Rektorskette, einer Amtskette, die ursprünglich zwar als Ausdruck der hohen Würde des Rektorsamtes, aber auch als Zeichen der engen Verbindung zum Kaiser- und Stifterhaus zu sehen war.

Nun wurde die Rektorskette als „Symbol für den Wirkungskreis der Universität“, als Sinnbild der vom Souverän der Universität zur eigenständigen Erfüllung übertragenen Aufgaben in Forschung und Lehre vorgestellt. Die alten „Herrschaftszeichen“ imperialen Ursprungs haben eine zeitgemäße Interpretation erhalten, die ihren Platz in der modernen Universität rechtfertigten und ihre Berechtigung als ein identitätsstiftendes Symbol erhielten.

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  • Insignien des „Collegium Poetarum et Mathematicorum“

    Reproduktion eines Holzschnitts von Hans Burgkmair d. Ä. (1504/05). Dargestellt ist der siberne Dichterlorbeer ( laurea ) mit dem kaiserlichen...

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    BestandgeberIn: Archiv der Universität Wien, Bildarchiv Signatur: 106.I.3056
    1805