Sebastian Jenull, Prof. Dr. jur.

21.1.1777 – 28.12.1848
geb. in Winklern, Kärnten, Österreich gest. in Wien, Österreich

Funktionen

Rektor 1847/48

Sebastian Jenull, Sohn eines Gastwirtes und Bruder des später geadelten Juristen Johann Ritter von Jenull (Mitbegründer der Zeitschrift Carinthia), besuchte das Gymnasium und den ersten philosophischen Jahrgang in Salzburg, ehe er an das Lyzeum Graz (später Universität Graz) wechselte. Dort absolvierte er den zweiten obligatorischen philosophischen Jahrgang und nahm das Studium der Rechtswissenschaften auf. Am 29. Mai 1802 wurde er zum Dr. jur. promoviert.

Als im Folgejahr das neue österreichische Strafgesetzbuches in Kraft trat, wurde Jenull von Franz Zeiller, dem Direktor der juridischen Studien, zum Dozenten der Politischen Wissenschaften am Lyzeum Graz ernannt, um dort die strafrechtliche Lehre zu reorganisieren und aktualisieren. 1804 erfolgte seine Ernennung zum Professor der Politischen Wissenschaften. Im Studienjahr 1804/05 fungierte er hier zudem als Rektor. Infolge der Reform des staats- und rechtswissenschaftlichen Studiums wurde Jenull 1810 in Graz Professor für Natur- und Österreichisches Kriminalrecht.
Neben seiner universitären Tätigkeit engagierte sich Jenull in Graz auch für die Begründung des Joanneums und des Armenversorgungs-Vereines.

Ab 1828 als Referent im Zuge der Revision des Strafgesetzbuches aktiv, wurde Sebastian Jenull 1829 Mitglied der k.k. Hofkommission für Justizgesetzsachen in Wien. 1830 erfolgte seine Berufung zum Professor für Natur-, Allgemeines Staats- und Völkerrecht und Kriminalrecht an der Universität Wien.

Jenull war ein wichtiger Vertreter der Reformideen Paul Johann Anselm von Feuerbachs zur Umgestaltung der Wissenschaften und Gesetzgebung im Bereich des Strafrechts. Gemeinsam mit Franz Zeiller und Karl Joseph Pratobevera-Wiesborn, für deren Fachzeitschriften er ausführliche Beiträge verfasste, machte er sich um die Bekanntmachung zentraler Werke der deutschen Rechtswissenschaft und deren Umlegung auf das österreichische Recht verdient. Neben einer großen Anzahl an rechtswissenschaftlichen Artikeln veröffentlichte Jenull zwischen 1808 und 1815 sein vierbändiges Hauptwerk „Das österreichische Criminalrecht nach seinen Gründen und seinem Geiste dargestellt“.

Für seine Verdienste wurde Sebastian Jenull 1833 zum Regierungsrat und 1837 zum Hofrat ernannt.

Seit 1838 war Jenull als ordentlicher Beisitzer der Hofkommission in Justizgesetzsachen tätig, auch nach dem Antritt seines Ruhestandes 1842. Ab 1845 fungierte er zudem als Mitglied und Sprecher des Komitees zur Ausarbeitung eines neuen Lehrplanes für die rechts- und staatswissenschaftlichen Studien sowie eines kaiserlichen Beraterkomitees für ein neues Zensurgesetz.

Sebastian Jenull kehrte im Alter von 71 Jahren in den Dienst an der Universität Wien zurück, als er am 15. November 1847 von den vier Prokuratoren der akademischen Nationen zum Rektor für das beginnende Studienjahr 1847/48 gewählt wurde. Am 30. November 1847 erfolgte die Amtsübergabe von seinem Vorgänger Ignaz Feigerle.

Als Rektor während der Revolution von 1848 unterstützte er den Wunsch der Studenten nach Bildung einer Akademischen Legion, bestand jedoch auf die Zustimmung des Kaisers. Nachdem die von den Studenten vorbereitete Petition, die weitreichende politische Forderungen enthielt, am 12. März 1848 dem Kaiser übergeben wurde, trugen Rektor Sebastian Jenull und Anton Hye diese dem Kaiser vor. Unter Druck der Revolutionäre bewilligte Kaiser in den Folgetagen die Studentenbewaffnung, Lehr- und Lernfreiheit, die Aufhebung der Zensur und sagte eine Konstitution für Österreich zu. Noch vor dem Erlass der Pillersdorfschen Verfassung samt eines breiter angelegten Wahlrechts am 25. April 1848 wählten Studenten und Fakultäten in einer allgemeinen Universitätsversammlung unter Jenulls Vorsitz am 3. April ihre Vertreter in das Frankfurter Vorparlament. Als die kaiserlichen Zugeständnisse im Mai 1848 wieder weitgehend zurückgenommen wurden und die Revolutionsstimmung sich zunehmend radikalisierte, zog sich Jenull zurück. Er beantragte und erhielt einen sechsmonatlichen Urlaub vom Rektorsamt, aus dem er nicht mehr an die Universität zurückkehrte. Am 16. Dezember trat er endgültig den Ruhestand an und starb wenige Tage später am 28. Dezember 1848.

In Erinnerung an Sebastian Jenull benannte die Stadt Wien 1896 die Jenullgasse in Wien-Penzing (14. Bezirk) nach ihm.

Werke (Auswahl)

Das Oesterreichische Criminal-Recht nach seinen Gründen und seinem Geiste dargestellt (4 Bände), 1808–1815, (3. Auflage 1837): 1. Teil | 2. Teil | 3. Teil  4. Teil
[Italienische Übersetzung: Commentario sul codice e sulla processura criminale della Monarchia austriaca, 1816.]

Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am 27.03.2024 - 21:54

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