Karl Gottfried Hugelmann, o. Univ.-Prof. Dr. jur.

26.9.1879 – 1.10.1959
geb. in Wien, Österreich gest. in Göttingen, Deutschland

Professor für Deutsche Rechts- und Verfassungsgeschichte, Bundesratsvorsitzender

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Ehrensenator*in sen.h.c. 1940/41 (aufgehoben 1945) Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät

Karl Gottfried Hugelmann wurde am 17. Jänner 1941 zum Ehrensenator der Universität Wien ernannt „… als Anerkennung dafür, daß er als Lehrer und Forscher wichtige Zweige der deutschen Rechtsgeschichte und des deutschen Verfassungsrechts bereichert und befruchtet, als Schriftsteller und Politiker für die staatsrechtliche Einheit des Deutschen Volkes unermüdlich und unerschütterlich gekämpft und die völkischen Rechte der Hochschüler unerschrocken verteidigt hat.“ (Wortlaut Diplom).

Diese Ehrung wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in der Sitzung das Akademischen Senats vom 19. Mai 1945 aus rein formalen Gründen umgehend aufgehoben, da „die österreichischen Bestimmungen die Ernennung von Ehrensenatoren nicht vorgesehen haben“. Das zuständige Staatsamt stimmte zu und der Beschluss wurde nie veröffentlicht, Karl Gottfried Hugelmann darüber aber explizit nicht informiert und auch das Ehrendiplom wurde von ihm nicht, wie sonst üblich, zurückgefordert.

Die Ehrung wird 2022/23 aufgrund von Karl Gottfried Hugelmanns Antisemitismus und seiner Involvierung in den Nationalsozialismus als „problematisch“ eingestuft. Hugelmann war Mitglied im „Deutschen Klub“, einer Verbindungsorganisation zum Nationalsozialismus, und hatte bereits 1930 gemeinsam mit Wenzel Gleispach 1930 die „Gleispach`sche Studentenordnung“ ausgearbeitet, die – obwohl verfassungswidrig – vom Senat der Universität Wien am 20. März 1930 beschlossen worden war und die den Ausschluss jüdischer und ausländischer Studierenden von der Vertretung der Studierenden bzw. vom Studium generell implizierte. Er hatte gegen den autoritären Kurs der Regierung Dollfuß sowohl (rechts-)wissenschaftlich als auch medial heftig angekämpft. Aufgrund seines Widerstands gegen das Dollfuß-Regime wurde er im November 1934 ins Deutsche Reich an die Universität Münster berufen. Hier wurde er – als „Märtyrer des Nationalsozialismus“ – umgehend auch zum Rektor gewählt (1935–1937). Seine Zugänge und Forschungen in der Zeit des Nationalsozialismus wurden zunehmend zur rechtshistorischen Legitimation des NS-Staates. So rechtfertigte er die Annexion Tschechiens und argumentierte für „ethnische Flurbereinigungen“.

Funktionen

Senator Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1925/26
Dekan*in Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät 1926/27

Karl Gottfried Hugelmann, geboren 1879 in Wien, studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Wien und Tübingen und promovierte 1905 in Wien zum „Dr. jur.“ (und absolvierte auch den Ausbildungslehrgang am Institut für Österreichische Geschichtsforschung). Er war Mitglied der katholischen Studentenverbindung KStV Alamannia Tübingen im KV geworden, später auch noch Ehrenphilister der KV-Verbindungen Deutschmeister Wien, Greifenstein Wien und KStV Winfridia Göttingen. Nach dem Studium schlug er die Richterlaufbahn ein und war bis 1918 im Gerichtsdienst (zuletzt Bezirksrichter in Klosterneuburg) und daneben wissenschaftlich und politisch aktiv. 1909 habilitierte er sich an der Universität Wien für Deutsches Recht (1917 erweitert um Allgemeines Staatsrecht, nachdem er kurz zuvor den Titel eines „tit. ao. Profs.“ erhalten hatte).

1918-1924 war er Ministerialsekretär, später Sektionsrat, im neugegründeten Bundesministerium für Volksgesundheit bzw. später für soziale Verwaltung. 1924 wechselte er an die Universität und wurde zum außerordentlichen Professor für Deutsche Rechts- und Verfassungsgeschichte, Staatsrecht und Kirchenrecht (ad personam) ernannt. 1925/26 war er Senator und 1926/27 Dekan der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien. Nachdem er 1930 bereits den Titel eines „tit.o.Prof.“ erhalten hatte, erfolgte 1932 seine tatsächliche Ernennung zum ordentlichen österreichischen Professor.

Schon seit Mai 1921 war er Mitglied des Bundesrates (Christlichsoziale Fraktion), ab Dezember 1923 dessen stellvertretender Vorsitzer – beides bis Juni 1932, als er aus der Christlich-Sozialen Partei austrat. Er hatte in der Christlichsozialen Partei dem nationalen Flügel angehört, war Herausgeber des „Deutschen Volksblattes“ (1919-1922) und eng mit Prälat Ignaz Seipel befreundet. Nach dessen Tod 1932 entfremdete er sich zunehmend den Christlichsozialen, wurde nicht mehr in den Bundesrat entsandt und kämpfte heftig gegen die Regierung Dollfuß und ihre Politik an. Er war auch Mitglied im Deutschen Klub, einer Verbindungsorganisation zum Nationalsozialismus, und hatte bereits 1930 gemeinsam mit Wenzel Gleispach 1930 die "Gleispach`sche Studentenordnung" ausgearbeitet, die – obwohl verfassungswidrig – vom Senat der Universität Wien am 20. März 1930 beschlossen worden war und die den Ausschluss jüdischer und ausländischer Studierenden von der Vertretung der Studierenden bzw. vom Studium generell implizierte. Er hatte gegen den autoritären Kurs der Regierung Dollfuß sowohl (rechts-)wissenschaftlich (u.a. in der Zeitschrift „Verwaltungsarchiv“) als auch medial heftig angekämpft.

Im Juli 1934, wenige Stunden nach der Ermordung von Bundeskanzler Engelbert Dollfuß durch Nationalsozialisten, wurde Hugelmann, als Dollfußkritiker, Anschlussbefürworter und Sympathisant der putschenden Nationalsozialisten und als geplanter Außenminister der Putschregierung verhaftet, er blieb über zwei Monate eingesperrt. Im Zuge einer Disziplinaruntersuchung wollte er mit einer Selbstanzeige beim Rektorat im August 1934 beweisen, dass er „nicht mit dem Putsch auf das Bundeskanzleramt vom 25. Juli 1934 in Verbindung gestanden“ sei, womit er aber scheiterte (sein Rechtsanwalt war Arthur Seyß-Inquart, der 1938 dem „Anschluss-Kabinett“ angehörte). Er wurde stattdessen als Beamter unter Reduktion der Bezüge um ein Drittel in den Ruhestand versetzt und das Disziplinarverfahren wurde ohne inhaltliche Entscheidung Anfang 1935 zurückgelegt. Er war in der Zwischenzeit im November 1934 ins Deutsche Reich an die Universität Münster berufen worden, und unterstand damit nicht mehr der Disziplinargewalt der Universität Wien. An der Universität Münster wurde er – als „Märtyrer des Nationalsozialismus“ – umgehend auch zum Rektor gewählt (1935-1937).

Seine Zugänge und Forschungen in der Zeit des Nationalsozialismus wurde zunehmend zur rechtshistorischen Legitimation des NS-Staates. So rechtfertigte er die Annexion Tschechiens und argumentierte für „ethnische Flurbereinigungen“.

Ehrung 1941

Nach der Machtergreifung des Nationalsozialismus wurde Karl Gottfried Hugelmann am 17. Jänner 1941 zum Ehrensenator der Universität Wien ernannt. Er wurde geehrt

"… als Anerkennung dafür, daß er als Lehrer und Forscher wichtige Zweige der deutschen Rechtsgeschichte und des deutschen Verfassungsrechts bereichert und befruchtet, als Schriftsteller und Politiker für die staatsrechtliche Einheit des Deutschen Volkes unermüdlich und unerschütterlich gekämpft und die völkischen Rechte der Hochschüler unerschrocken verteidigt hat." (Wortlaut Diplom).

Diese Ehrung wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in der Sitzung das Akademischen Senats vom 19. Mai 1945 aus rein formalen Gründen umgehend aufgehoben. Das zuständige Staatsamt stimmte zu und der Beschluss wurde nie veröffentlicht, Karl Gottfried Hugelmann darüber aber explizit nicht informiert und auch das Ehrendiplom wurde von ihm nicht, wie sonst üblich, zurückgefordert.

1944 war er auch zum korrespondierenden Mitglied der Österreichische Akademie der Wissenschaften in Wien ernannt worden.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Hugelmann im Entnazifizierungsverfahren entlastet, da er zwar offensiv und eindeutig die Ziele des Nationalsozialismus befürwortet hatte, aber formal nicht Mitglied der NSDAP geworden war. Er war nach seinem Abgang in Münster 1944 noch bis 1947 Ordinarius an der Universität Göttingen und nahm dort nach seiner Emeritierung 1947 noch bis zu seinem Tod einen Lehrauftrag für Verfassungsgeschichte wahr, obwohl seine Schriften „Volk und Staat im Wandel deutschen Schicksals“ (Essener Verlagsanstalt, Essen 1940) und „Die Eingliederung des Sudetenlandes“ (Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1941) in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur landeten.

Werke

Zu seinen Werken zählen "Der Anschluß Deutschösterreichs an Deutschland", Wien: Alfred Hölder 1919 (= Flugblätter für Deutschösterreichs Recht. 18.); "Der österreichische Bundesrat und seine Tätigkeit während der ersten Gesetzgebungsperiode des Nationalrates", Wien: Springer 1927 (= Abhandlung zur österreichischen Verfassungs- und Verwaltungsreform. 3.); "Die österreichischen Landtage im Jahre 1848", Wien: Hölder-Pichler-Tempsky 1928–1940 (= Archiv für österreichische Geschichte.), 3 Bände; (Hg.), Österreichisch-Deutsche Arbeitsgemeinschaft: Doppelte Staatsbürgerschaft", Wien: Verlag Deutsche Einheit 1928; "Das Vermögen der Habsburger. Gutachter: Karl Gottfried Hugelmann, Franz Zehentbauer. Gustav Turba", Wien: Volksbundverlag 1929; (Hg.), "Das Nationalitätenrecht des alten Österreich", Wien–Leipzig: Braumüller 1934; "Volk und Staat im Wandel des Schicksals", Essen: Essener Verlagsanstalt 1940; "Die Eingliederung des Sudetenlandes". Hamburg: Hanseatische Verlagsanstalt 1941 (= Idee und Ordnung des Reiches. [Band 1]. 5.); "Der Reichsgedanke bei Nikolaus von Kues", Stuttgart–Berlin: W. Kohlhammer 1943 (= Reich und Recht in der deutschen Philosophie. Band 1. [1]); "Stämme, Nation und Nationalstaat im deutschen Mittelalter. Band 1: Nationalstaat und Nationalitätenrecht im deutschen Mittelalter", Stuttgart: W. Kohlhammer 1955; "Die Grundgedanken unserer Verfassung in historischer Beleuchtung", Göttingen: Heinz Reise-Verlag 1961.

1959 erschien die von Wilhelm Wegener herausgegebene 2-bändige "Festschrift für Karl Gottfried Hugelmann, zum 80. Geburtstag am 26. September 1959 dargebracht von Freunden, Kollegen und Schülern", Aalen: Scientia Verlag 1959

Archiv der Universität Wien, Rektorat S 185.777 (=GZ 1206 ex 1933/34), GZ 228 ex 1934/35, GZ 1132 ex 1937/38, GZ 464 ex 1944/45

Herbert Posch

Zuletzt aktualisiert am 25.07.2023 - 23:31

  • Karl Gottfried Hugelmann

    BestandgeberIn: Österreichische Nationalbibliothek Wien, Bildarchiv Austria UrheberIn: Max Fenichel Signatur: Pf 3.681 C:(1)
    1938

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