Paul de Sorbait, Prof. Dr. med., Dr. phil.

25.1.1624 – 29.4.1691
geb. in Montbliart bei Mons, Hennegau | Montblyart, Belgien gest. in Wien, Österreich

Mediziner, kaiserlicher Hof- und Leibarzt

Ehrungen

Ehrung Titel Datierung Fakultät
Tor der Erinnerung Sorbait-Tor 1998/99

Funktionen

Rektor 1668/69
Dekan*in Medizinische Fakultät 1666/67
Dekan*in Medizinische Fakultät 1669/70
Dekan*in Medizinische Fakultät 1678/79

Herkunft und Studium

Paul de Sorbait besuchte in seiner Heimatstadt Montbliart die Pfarrschule und anschließend die Lateinschule im 30 km entfernten Thuin. Der an Musik Interessierte lernte in jungen Jahren Geige zu spielen. In den Wirren des 30-jährigen Kriegs begab er sich nach Köln und erlebte 1642 die Belagerung der Stadt Neuss.

Sorbait studierte zunächst in Paderborn, Wien und schließlich in Padua, wo er 1652 zum Doktor der Medizin promoviert wurde. Er beherrschte neben Griechisch und Latein die französische, wallonische, italienische und deutsche Sprache. Nach seiner Promotion kehrte Sorbait nach Wien zurück, wo er sich dauerhaft niederließ.

Paul de Sorbait war nicht der Einzige aus seiner Familie, der nach Wien übersiedelte. Vermutlich mit seiner Unterstützung hatte auch sein Bruder Jakob de Sorbait (1631–1699) als Mitglied der Hartschierenleibgarde Aufnahme in den Hofdienst gefunden. Weiters lebten zwei Neffen Sorbaits, Hubert und Franz, in Wien. Hubert de Sorbait (1661–1728) war bürgerlicher Wachskerzler, Franz de Sorbait (1657–1698) hofbefreiter Barbier.

An der Universität Wien

In Wien angekommen, wurde Sorbait 1652 in die Medizinische Fakultät aufgenommen. Daneben war er zunächst Arzt am Bürgerspital. 1655 berief man ihn zum Professor der Medizinischen Theorie, 1666 zum Professor der Anatomie bzw. der Medizinischen Praxis. Im Studienjahr 1658/59 war er Prokurator der Ungarischen Nation. Weiters wählte man ihn dreimal zum Dekan der Medizinischen Fakultät (1666, 1669, 1678) und im Jahre 1668 zum Rector magnificus. Als Professor der Theorie sorgte er für den Anatomie- und Botanikunterricht. Er ließ auf eigene Kosten das Goldberg-Stiftungshaus in Wien (Johannesgasse 13) für Studenten renovieren und darin eine Kapelle errichten.

1682 legte Sorbait seine Professur nieder. Während der Belagerung Wiens durch die Osmanen 1683 ließ er sich für die akademische Legion aufstellen und wurde zum Oberstwachtmeister ernannt. Im weiteren Verlauf der Belagerung übernahm er das Kommando der 3. Akademischen Kompanie.

Kaiserlicher Leibarzt

Ab 1657 war Sorbait Arzt im Hofstaat der Witwe Kaiser Ferdinands III. (1637–1657), Eleonore Magdalena Gonzaga (1628–1686). In den Quellen wird er vielfach als Hofarzt bezeichnet. In dieser Funktion wäre er für den Hofstaat der Kaiserinwitwe und nicht für sie selbst zuständig gewesen, was angesichts der Reputation Sorbaits unwahrscheinlich ist. Auch die Höhe seiner Gehaltszahlungen sprechen dafür, dass er die Funktion eines Leibarztes ausübte. Er selbst bezeichnete sich als „Leib- und Hofarzt“.

Seine Stellung bei Hof war zweifellos mitbestimmend dafür, dass Sorbait 1672 in die Academia Naturae Curisorum, die heutige Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen wurde. So nannte ihn die Akademie in ihrem Gesuch an den Reichshofrat um die kaiserliche Anerkennung 1676 als Ansprechpartner. Diese wurde 1677 bewilligt und ist – auch wenn es keine Belege dafür gibt – auch der Fürsprache Sorbaits zu verdanken.

Pest und Gesundheitsmanagement

Im Jahre 1678 erkannte er frühzeitig die Vorboten der epidemischen Ausbreitung der Pest und mahnte Bevölkerung und Politik zu Maßnahmen wie Abstandhalten und Vermeidung von Massenansammlungen von Menschen. Seine Ratschläge nahm niemand ernst, die Pest breitete sich ein Jahr später rasant in Wien und darüber hinaus aus. 1679 wurde Sorbait zum Generalinquisitor in Pestangelegenheiten ernannt und gab eine auf einem Manuskript von Johann Wilhelm Ritter von Mannagetta basierende Pestordnung heraus, die allen geistlichen und weltlichen Behörden, Landgerichten, Burgfriedsherrschaften und Grundobrigkeiten zuging, worin Symptome, Ursachen, Verhaltensmaßnahmen und die Errichtung von Pestlazaretten dargelegt sind.

Tod und Nachleben

Paul de Sorbait starb am 29. April 1691 in seinem Haus in der Weihenburg an einem Schlaganfall. Er wurde auf dem Stephansfriedhof begraben, heute befindet sich sein Epitaph im Dom im rechten Seitenschiff (Südwand).

Der von ihm selbst verfasste Text des Epitaphs, das Testament sowie die Leichenpredigt inszenieren Sorbait als überzeugten Katholiken: So widerrief er testamentarisch schon im Vorhinein einen möglichen Abfall vom Glauben. Sowohl Predigt als auch Epitaph nennen ihn u.a. Arzt, Professor, Musiker, Hofmann und Soldat und betonen, dass er sämtliche Aspekte seines weltlichen Daseins der Sorge um sein ewiges Leben untergeordnet hatte.

Bereits zu Lebzeiten hatte Sorbait verschiedene Ehrungen empfangen: 1682 wurde er zum kaiserlichen Rat ernannt und 1685 in den ungarischen Ritterstand erhoben. In seinem Testament erwähnt er mehrere Wertgegenstände, die er von hochrangigen Hofangehörigen erhalten hatte.

Nach seinem Tod war er an der Universität in erster Linie als Stifter der Sorbaitschen Stiftung für zwei Studenten aus seiner Familie bzw. aus den Niederlanden präsent. Auf den 1893 errichteten Ehrentafeln der Fakultäten scheint sein Name nicht auf.

Dagegen wurde er auf dem 1894 im Stephansdom errichteten „Türkenbefreiungsdenkmal“ als Verteidiger Wiens gegen die Osmanen 1683 prominent direkt neben dem Stadtkommandanten Ernst Rüdiger Graf Starhemberg dargestellt. In der zeitgenössischen Berichterstattung zur Denkmalenthüllung wird er durchwegs als damaliger Universitätsrektor bezeichnet, was nicht den historischen Tatsachen entspricht.

Im selben Jahr beschloss die Stadt Wien die Umbenennung des äußeren Teils der Kandlgasse im 15. Bezirk in „Sorbaitgasse“. Die Sitzungsprotokolle halten zwar keine Begründung für die Namenswahl fest, doch ist zu vermuten, dass die Ehrung ebenfalls dem christlichen Soldaten Sorbait galt.

Die Universität Wien ehrte eine der „bedeutendsten Persönlichkeiten der Wiener Wissenschaft“ 1998 durch die Benennung eines der „Tore der Erinnerung“ am Campus der Universität Wien  (Sorbait-Tor, Durchgang von Hof 5 zum Institut für Hirnforschung).

In Zusammenarbeit mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften widmet die Universität Wien ihm anlässlich seines 400. Geburtstages die Ausstellung „Medikus und Professor, Soldat und Leibarzt. Der Wiener Pestexperte Paul de Sorbait (1624–1691)“, die am 25. Jänner 2024 eröffnet wird.

Medizinische Werke:

Universa medicina tam theoretica quam practica [Opera medica theoretico-practica]. Norimberga 1672.

Nova et aucta institutionum medicarum Isagoge […]. Vienna 1678 (überarbeitete und verbesserte Neuauflage der Universa medicina).

Consilium medicum dialogus, oder Freundliches Gespräch, uber den betrübten und armselgen Zustandt […]. Wien 1679.

Commentaria et controversiae in omnes libros aphorismorum Hippokratis […]. Vienna 1680.

Praxios medicae, auctae et a plurimis typis mendis [...]. Vienna 1680 (nochmalige Überarbeitung der Universa medicina; enthält auch De modo promovendi, einige Disputationen unter dem Vorsitz Sorbaits sowie den Consilium medicum dialogus).

Pest-Ordnung, oder der gantzen Gemein nutzlicher Bericht und Gutachten von der Pestilentz in genere […]. Wien 1680 (Überarbeitung der Pestordnung Johann Wilhelm Mannagettas).

41 Observationes (Fallstudien) in den „Miscellanae curiosa sive ephemeridum medico-physicarum Germanicarum Academiae Caesareo-Leopoldina“.
 

Werke zur Geschichte und Organisation der Universität Wien:

Modus promovendi doctores in archilycaeo Viennensi […]. Vienna 1667.

Historia rectorum ac illustrium virorum archigymnasii Viennensis. Vienna 1669 (Fortsetzung des Catalogus rectorum des Georg Eder).

Daniela Angetter-Pfeiffer, Ulrike Denk, Nina Knieling

Zuletzt aktualisiert am 28.12.2023 - 21:35

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