Wilhelm Anton Neumann, o. Univ.-Prof. Dr. theol.

4.7.1837 – 5.10.1919
geb. in Wien, Österreich gest. in Mödling, Österreich

Funktionen

Senator Katholisch-Theologische Fakultät 1882/83
Senator Katholisch-Theologische Fakultät 1883/84
Senator Katholisch-Theologische Fakultät 1884/85
Senator Katholisch-Theologische Fakultät 1885/86
Senator Katholisch-Theologische Fakultät 1886/87
Senator Katholisch-Theologische Fakultät 1887/88
Dekan*in Katholisch-Theologische Fakultät 1890/91
Dekan*in Katholisch-Theologische Fakultät 1897/98
Rektor Katholisch-Theologische Fakultät 1899/1900
Dekan*in Katholisch-Theologische Fakultät 1904/05

Anton Neumann, Sohn eines Beamten, besuchte zunächst das Schottengymnasium in Wien und absolvierte den Großteil seiner Gymnasialstudien am Theresianum, wo Anton Gruscha und Karl Tomaschek zu seinen Lehrern zählten. Bereits während seiner Schulzeit lernte er Italienisch, Ungarisch und Persisch. Nach der Reifeprüfung trat er 1855 er in das Zisterzienserstift Lilienfeld ein (Ordensname Edmund), wechselte jedoch 1858 in das Zisterzienserstift Heiligenkreuz (Ordensname Wilhelm), wo er bereits seit 1856 an der Philosophisch-Theologischen Hauslehranstalt seinen Studien der orientalischen Sprachen nachging. 1859 legte er die Profess ab und empfing 1860 im Wiener Stephansdom die Priesterweihe.

Wilhelm Anton Neumann lehrte von 1861 bis 1874 als Professor für Altes Testament sowie Orientalische Sprachen an der Hauslehranstalt des Stiftes Heiligenkreuz und betreute dessen Bibliothek. Wissenschaftlich beschäftigte er sich zunächst vor allem mit Forschungen zu Palästina und zu Bibelwissenschaften, veröffentlichte bisher unbekannte mittelalterliche Pilgerhandschriften und war Mitarbeiter der „Österreichischen Vierteljahrschrift für katholische Theologie“. 1869 unternahm er seine erste Reise in den Orient, die ihn über Ägypten nach Palästina, Syrien, in den Libanon sowie nach Libyen führte.

Nach seiner Rückkehr studierte Wilhelm Anton Neumman ab 1870 Theologie an der Universität Wien, u. a. bei Carl Werner und Hermann Zschokke. Noch zwei Wochen vor seiner Promotion zum Doktor der Theologie am 27. Juni 1874 wurde er am 13. Juni zum außerordentlichen Professor für Semitische Sprachen und Höhere Exegese an der Theologischen Fakultät der Universität Wien ernannt.
Aufgrund seiner Palästinaforschungen wurde Neumann Mitglied der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft in Halle und Leipzig, der Société de l’Orient latin und des Deutschen Palästina-Vereins. 1886 war er maßgeblich an der Organisation des 7. Internationalen Orientalisten-Kongresses beteiligt. 1887 folgte seine Berufung zum Ordinarius. Zu seinen Schülern zählten Nirvard Schlögl und Theodor Innitzer.

Neben seinem Hauptforschungsgebiet beschäftigte sich Neumann auch zunehmend mit kunsthistorischen Fragestellungen und gehörte bald verschiedenen Vereinigungen, wie dem Wiener Altertumsverein, dem von ihm mitbegründeten Wiener Dombauverein, seit 1897 der „Central-Commission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale“ sowie dem k.k. Museum für Kunst und Industrie (heute: MAK – Museum für angewandte Kunst) an. Besonders interessierte ihn die Epoche der Gotik. Er arbeitete intensiv zum Wiener Stephansdom, war Schriftleiter des „Wiener Dombauvereins-Blatts“ und setzte sich für die historistische Regotisierung der Stiftskirche von Heiligenkreuz ein. Im Auftrag des Herzogs Ernst August von Cumberland forschte und publizierte er auch über den Welfenschatz (Reliquienschatz des Hauses Braunschweig-Lüneburg).

Daneben unternahm Neumann weiterhin zahlreiche Studienreise, die ihn nach Dalmatien, Deutschland, England, Dänemark und Italien sowie abermals nach Palästina und Syrien (1884 sowie 1907) führten und über deren Verlauf er Reisetagebücher verfasste. Später fungierte er zudem als Berater Alois Musils bei den Vorbereitungen für dessen Orientreisen.

Zwischen 1882 und 1888 fungierte Neumann sechsmal als Senator der Theologischen Fakultät und als Dekan in den Studienjahren 1890/91, 1897/98 und 1904/05 setzte er sich erfolgreich für die Einrichtung von wissenschaftlichen Seminaren an der Fakultät ein. Für das Studienjahr 1899/1900 wurde er zum Rektor der Universität Wien gewählt. Während seiner Amtszeit als Rektor kam es ab 7. Mai 1900 zu Zusammenstößen zwischen deutschnationalen und neugegründeten katholischen Studentenverbindungen. Nachdem die Unruhen mehrere Tage andauerten, erließ der Senat ein allgemeines Farbenverbot und geriet mit dem Rektor in Konflikt. Als Konsequenz trat Rektor Neumann am 12. Mai 1900 von seinem Amt als Rektor zurück. An seiner Stelle übernahm Prorektor Julius Wiesner für den Rest des Studienjahres die Amtsgeschäfte.

Wilhelm Anton Neumann war jedoch weiterhin innerhalb der Universität Wien nicht nur als Lehrender sehr aktiv. In einer „Huldigungsfestschrift“ anlässlich des 50. Jubiläums der Thron­besteigung von Kaiser Franz Joseph I. präsentierte die Universität eine nach Fakultäten gegliederte Leistungsschau. Innerhalb des für die Erarbeitung zuständigen Komitees übernahm Neumann den Bereich der Theologie. Zudem gehörte Neumann der Bibliothekskommission sowie der artistischen Kommission der Universität Wien an.

Für seine Leistungen wurde Wilhelm Anton Neumann vielfach geehrt. Er gehörte zahlreichen wissenschaftlichen Gesellschaften an, etwa seit 1894 als Ehrenmitglied dem Archäologischen Vereins von Knin (Dalmatien) sowie als Mitglied der Pontificia Accademia Romana d’ Archeologia. Er wurde mit dem Komturkreuz II. Klasse des dänischen Danebrog-Ordens (1895), dem Orden der Eisernen Krone III. Klasse (1897) und mit dem Titel eines Hofrats (1907) ausgezeichnet. Seit 1895 gehörte er dem Direktorium der katholischen Leo-Gesellschaft an.

Nach seiner Emeritierung im Jahr 1908 war Neumann weiterhin aktiv, übernahm etwa die Vizepräsidentschaft des Altertumsvereins. Am 28. Dezember 1910 leistete er demonstrativ den Antimodernisteneid, obwohl dies nur von aktiven Professoren der Theologie verlangt wurde.

Werke (Auswahl)

Über das Volk der Drusen und den Emîr Fachrêddin. Zwei Vorträge gehalten im Orientalischen Museum im Winter 1877/78, 1878.
Grundriß einer Geschichte der bildenden Künste und des Kunstgewerbes in Liv-, Est- und Kurland, vom Ende des 12. bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, 1887.
Der Reliquienschatz des Hauses Braunschweig-Lüneburg, 1891.
Mit Johannes Nöhring (Hrsg.): Werke mittelalterlicher Holzplastik und Malerei in Livland und Estland, 1892.
Qurn Dscheradi: Studien zu Matth. VIII,28 ; Marc. V,1 ; Luc. VIII,26,37, 1894.
Über die orientalischen Sprachstudien seit dem XIII. Jahrhunderte mit besonderer Rücksicht auf Wien (Inaugurationsrede, gehalten am 17. October 1899 im Festsaale der Universität), 1899.
Der Dom von Parenzo, 1902.
Über die neuesten österreichischen Palästinaforschungen (Proff. Sellin und Musil) (Vortrag, gehalten zur Eröffnung der Vortragssaison des Wissenschaftlichen Klub in Wien am 10. November 1904), 1905.
Baugeschichte von Sanct Stephan in Wien, gothische Periode (in: Geschichte der Stadt Wien, Band 3), 1905.
Kleinkünste während des Mittelalters (in: Geschichte der Stadt Wien, Band 3), 1905.
(Bearbeiter): Der Dom zu St. Marien in Riga. hrsg. von der Gesellschaft für Geschichte und Altertumskunde der Ostseeprovinzen Rußlands, 1912

> Ausführliche Bibliographie in Biographia Cisterciensis

Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am 03.04.2024 - 20:38

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