Campus der Universität Wien

1965–21. Jhdt.

Die Umwandlung des Alten Allgemeinen Krankenhauses in den Campus der Universität Wien war das größte universitäre Bauprojekt im 20. Jahrhundert. 1988 schenkte die Stadt Wien das innerstädtische Krankenhausareal der Universität, um einen Campus für die Geistes- und Kulturwissenschaften einzurichten, der schließlich nach zehnjähriger Planungs- und Bauzeit 1998 eröffnet werden konnte.

Vorgeschichten

Bereits 1365 hatte Herzog Rudolf IV. in der Gründungsurkunde der Universität Wien verfügt, dass die Universität Wien ein eigenes Stadtviertel erhalten sollte. Dieser als "phaffenstadt" bezeichnete, ummauerte Universitätscampus nahe des Schottentors sollte die Scholaren von der Stadtbevölkerung trennen, um Konflikte zu vermeiden. Nach dem Tod Rudolfs wurde der Plan jedoch nicht umgesetzt. Es dauerte 600 Jahre, bis eine Realisierung einer solchen Idee wieder in greifbare Nähe rückte.

Der älteste Teil (Hof 1) des heutigen Campus der Universität Wien am Alsergrund war 1693 als Großarmen- und Invalidenhaus errichtet worden. Nach dem Anbau weiterer Höfe wurden die Gebäude 1784 zum (Alten) Allgemeinen Krankenhaus umgebaut, das auch die Universitätskliniken beherbergte. Schon Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Gebäudekomplex allmählich zu klein und ungeeignet für die expandierende und modernisierende Krankenversorgung. In den 1950er-Jahren wurde daher beschlossen, einen neuen, verkehrstechnisch besser gelegenen Zentralbau – das neue Allgemeine Krankenhaus – zu errichten und 1964 mit dem Bau begonnen.

Schenkung der Stadt Wien

Besonders ab Mitte des 20. Jahrhunderts stiegen auch die Zahlen der Studierenden stetig an, was eine zunehmende räumliche Expansion der Universität Wien zur Folge hatte. Anlässlich des 600. Universitätsjubiläums 1965 stellte der Wiener Bürgermeister Franz Jonas die Überlassung des 96.000 m2 großen, zentrumsnahen Areals des Alten AKH an die Universität im Anschluss an die Errichtung des Neuen AKH in Aussicht. Nachdem sich die Fertigstellung des AKH-Neubaus sich – nicht zuletzt durch den AKH-Skandal 1980 – wiederholt verzögert hatte, unterbreitete die Stadt Wien der Universität erst 1987 ein erstes Schenkungsangebot.
Nach einer Nutzbarkeitsanalyse erfolgte am 7. Dezember 1988 schließlich die Unterzeichnung des Schenkungsvertrags durch Bürgermeister Helmut Zilk und Rektor Wilhelm Holczabek. Sowohl Zilk als auch Vizebürgermeister und Finanzstadtrat Hans Mayr wurden dafür 1991 mit der Ehrensenatorenwürde der Universität Wien ausgezeichnet (die Auszeichnnug des Koordinators Prof. Walther Kastner mit einem Ehrendoktorat scheiterte hingegen 1992 am studentischen Widerstand wegen dessen NS-Vergangenheit). Während das ehemalige Garnisonsspital (heute: Zahnklinik der Medizinischen Universität Wien) in Bundesverwaltung blieb, wurde ein Teil des Areals des Alten AKH an die Nationalbank verkauft, wobei der Erlös als Finanzierungshilfe für den geplanten Umbau diente. Weiters trugen Mittel des Bundes sowie ein Drittmittelprojekt der Universität zur Finanzierung des Umbaus bei.

Umbau zum Universitätscampus

Ab 1988 erarbeitete man an der Universität Wien ein Leitprogramm für den Umbau der historisch gewachsenen Gebäudeanlage und beauftragte 1992 das Architektenteam „ARGE Architekten Aktes AKH“ bestehend aus Hugo Potyka, Friedrich Kurrent, Johannes Zeininger, Sepp Frank, Rudolf Zabrana und Ernst Kopper mit der Planung. Nachdem der Bau des neuen AKH 1994 abgeschlossen worden war und die letzten medizinischen Einrichtungen (zuletzt die Augenklinik) das Alte AKH verlassen hatten, wurde 1995-1998 die bauliche Adaptierung als neuer Standort für geisteswissenschaftliche Institute, die bislang in der Stadt verstreut untergebracht waren, durchgeführt. Als Rektor der Universität Wien 1990–1998 spielte Alfred Ebenbauer eine wichtige Rolle bei der Umgestaltung zum Universitätscampus.

Eröffnung des Campus der Universität Wien 1998

1998, im Jahr der Fertigstellung des neuen Campus, beschloss der Akademische Senat, drei Akteure des Großprojekts für ihr Engagement zu ehren. Die feierliche Verleihung der Ehrensenatoren- bzw. Ehrenbürgerwürden an Bürgermeister Michael Häupl, Richard Fischer (Baukoordinator) und Matthias Rant (Controller des Bauprojekts) für deren Arbeit im Zusammenhang mit dem Umbau des AAKH zum Campus der Universität fand am 6. Oktober 1998 statt.

Nach zehn Jahren Planungs- und Bauzeit wurde der neue Campus der Universität Wien schließlich am 16. Oktober 1998 durch Rektor Wolfgang Greisenegger und Bürgermeister Michael Häupl eröffnet. 26 Institute der damaligen Geisteswissenschaftlichen Fakultät fanden dort eine neue Unterkunft. Mit seinen 13 begrünten Innenhöfen sowie verschiedenen Gastronomie- und Geschäftsbetrieben diente der Campus von Beginn an auch der ansässigen Stadtbevölkerung öffentlich nutzbare Flächen. Als Folge der Aussiedelung der geisteswissenschaftlichen Institute aus dem Neuen Institutsgebäude (NIG) konnte sich dieses wiederum zum Zentrum der damaligen Grund- und Integrativwissenschaftlichen Fakultät entwickeln.

Das im Hof des Campus errichtete Hörsaalzentrum bietet seit 2002/03 zwei Großhörsäle.

Kritische Gedenkkultur am Campus

Die in den 1990er-Jahren entstehende kritische Gedenkkultur der Universität zum Nationalsozialismus manifestierte nicht zuletzt auf dem neuen Universitätscampus. 1998 wurden die 23 Durchgänge des neuen Campus als „Tore der Erinnerung“ Persönlichkeiten der Wiener Wissenschaft, darunter einigen im Nationalsozialismus vertriebenen Lehrenden, gewidmet.

Weitere Gedenkprojekte folgten: Das ehemalige jüdische Bethaus des Alten AKH wurde als begehbarer Gedenkort DENK-MAL Marpe Lanefesch künstlerisch umgestaltet und 2005 eröffnet. Seit 2009 wird dort auch das handgeschriebene Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus der Universität Wien 1938 aufbewahrt. 2008 wurde vor dem Institut für Kunstgeschichte im Hof 9 des Campus das Denkmal für Ausgegrenzte, Emigrierte und Ermordete des Kunsthistorischen Instituts der Universität Wien enthüllt.

Jubiläen 2015/2018

Im Rahmen des 650. Universitätsjubiläums fand von 29. April 2015 bis 18. März 2016 in der Fachbereichsbibliothek Zeitgeschichte am Campus der Universität Wien (Hof 1.12)  die Ausstellung "Vom AKH zum Uni-Campus" statt, die die Geschichte des Areals sowie die umfangreichen Umbauarbeiten dokumentierte. Die parallel veröffentlichte Website "Achse der Erinnerung" informiert über die auf dem Areal befindlichen Denkmäler.

Im Gedenkjahr 2018 feierte die Universität Wien "20 Jahre Uni Wien Campus". Aus diesem Anlass wurde ein breites Veranstaltungsprogramm mit Führungen, Ausstellungen, Filmvorführungen, Podiumsgesprächen mit WissenschafterInnen, Kinderprogramm, Konzerten sowie Theaterstücken, Filmvorführungen geboten, um den Campus nachhaltig als Wissenschafts- und Kommunikationstreffpunkt zu etablieren.

​> Öffentliche Führungen durch den Campus der Universität Wien

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Katharina Kniefacz

Zuletzt aktualisiert am : 26.03.2024 - 22:20

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