Immatrikulation – Inskription – Zulassung durch die Jahrhunderte

1365–21. Jhdt.

Am Beginn des Studiums steht die Immatrikulation/Inskription/Zulassung, das „Einschreiben“ in die Universität bzw. das Studium. Lange Schlangen von Studierenden vor der Studien- und Prüfungsabteilung prägten Jahrzehntelang das Bild der Universität zu Semesterbeginn. Heute erfolgt die Anmeldung online über u:space – ein kurzer Blick in die Geschichte der Zulassung.

Immatrikulation – Zulassung

Im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit war die Aufnahme in die Universität, die durch den Eintrag in die Matrikel begründet wurde, weniger ein Verwaltungsakt als vielmehr ein Rechtsakt: Mit der Immatrikulation wurden nicht nur Studenten, sondern auch Lehrende, Universitätshandwerker oder Diener Teil der Rechtsgemeinschaft der Universität.

Neuangekommene Studenten hatten sich beim Rektor zur Immatrikulation zu melden. Neben der im gesamten deutschsprachigen Raum verwendeten Bezeichnung „Immatrikulation“, also der Einschreibung in die Matrikel, findet sich vielfach auch der Begriff „Intitulation“ (intitulatio), der auf den finanziellen Aspekt der Gebührenzahlung verweist. Der nur in Österreich gebräuchliche Terminus „Inskription“ kam dagegen in der Frühzeit der Universität Wien noch relativ selten vor. Nicht nur der Rektor, sondern auch die Fakultäten und die akademischen Nationen führten eigene Matrikelbücher. Das Aufnahmeprocedere war in allen Fällen ähnlich.

Ablauf der Immatrikulation (Zulassung zur Universität)

Der Albertinische Stiftbrief sah vor, dass die Immatrikulation innerhalb eines Monats nach Ankunft in Wien zu geschehen hatte. Sie bestand aus drei Teilen: Der Neuankömmling hatte zunächst einen Eid abzulegen, mit dem er Gehorsam gegenüber der Universität bzw. dem Rektor und die Einhaltung der Statuten gelobte. Weiters verpflichtete er sich, die Universität stets zu fördern und auf persönliche Rache für erlittenes Unrecht innerhalb der Gemeinschaft zu verzichten.

Nach der Eidleistung erfolgte der Eintrag in die Matrikel. Die gängige Form war die Verzeichnung von Name und Herkunft, eine Angabe des Studiums oder der Fakultät erfolgte nur in Einzelfällen. In Wien war die Matrikel zusätzlich nach den akademischen Nationen gegliedert: An erster Stelle wurden die Angehörigen der Österreichischen Nation erfasst, ihnen folgten die Rheinische, Ungarische und Sächsische Nation.

Ebenfalls erfasst wurden die Gebühren („Taxen“), die für die Einschreibung zu bezahlen waren, und die den dritten Teil des Rechtsaktes darstellten. Diese Taxen waren je nach Fakultät und bereits erworbenem Grad gestaffelt, auch der soziale Rang wurde berücksichtigt. Die Gebühren betrugen zwischen 12 Kreuzer für Besucher der Artistenfakultät und 3 Gulden für Angehörige des hohen Adels.

Dieser Akt, der an keine bestimmte Frist im Studienjahr gebunden war, begründete den Rechtsstatus der Universitätsangehörigen. Damit waren neben der Unterordnung unter die universitäre Gerichtsbarkeit zahlreiche wirtschaftliche Privilegien wie die Befreiung von persönlichen Steuern und Abgaben an die Stadt oder die gebührenfreie Wareneinfuhr verbunden. Kein Wunder, dass es vielfach zu Rechtsstreitigkeiten zwischen der Universität und der Stadt kam, in denen die rechtliche Zugehörigkeit einzelner Personen eine wesentliche Rolle spielte. Vom Rektor ausgestellte Immatrikulationsbestätigungen dienten daher auch als Beweismittel vor Gericht.

Veränderungen im 18. und 19. Jahrhundert

Der rechtliche Status und die Form der Immatrikulation veränderte sich kaum, in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts finden sich erste Hinweise auf Immatrikulationstermine: 1775 wurde der Dekan der Juridischen Fakultät ermächtigt, je zwei Tage im November und Dezember für die Immatrikulation zu bestimmen. Erst die Aufhebung der akademischen Gerichtsbarkeit 1783 und die ein Jahr später verfügte Streichung der verpflichtenden Immatrikulation führten zu Veränderungen der Studierendenevidenz. 1804 wurde die Immatrikulationspflicht wiedereingeführt, nun wurden zusätzlich zu Name und Herkunft auch Angaben zum Vater oder Vormund erhoben.

Die Immatrikulation und die darauf basierenden Angaben über den Studienfortschritt dienten administrativen Zwecken wie der Einhebung von Kollegiengeldern für einzelne Lehrveranstaltungen, aber auch der Überwachung der Studenten. In den von den Professoren geführten Studienkatalogen wurde nicht nur der Studienfortschritt erfasst, sondern auch das sonstige Betragen. Beides zusammen entschied über den Aufstieg in das nächste Studienjahr. Pro Studienjahr hatten die Studenten und Schüler Unterrichtsgeld zu entrichten – es sei denn, sie erhielten Stipendien oder waren von der Zahlung befreit. Die von der Universitätskassa geführten Journale geben so einen guten Überblick über den Studienfortschritt einzelner Studenten.

Inskription (Zulassung zum Studium) im 19. und 20. Jahrhundert

Die Reformen Leo Graf Thun-Hohensteins 1849/50 brachten neben inhaltlichen Änderungen des Studiums – Stichwort „Lehr- und Lernfreiheit“ – auch Neuerungen in der Erfassung der Studenten. Nun mussten diese jedes Semester ein sogenanntes „Nationale“ ausfüllen.

Weiterhin mussten sich Studierende am Beginn ihres Studiums an der Universität Wien einmalig immatrikulieren, für die Fortsetzung des Studiums hatten sie in jedem Semester die einzelnen Lehrveranstaltungen zu inskribieren. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts konnten erstmals auch Frauen inskribieren. Für sie wurden anfangs gesonderte Verzeichnisse, getrennt von den Männern, geführt, was erst nach über zwei Jahrzehnten aufgegeben wurde.

Inskriptionsfrist

Vor Beginn jedes Semesters, erschien ein gedrucktes Verzeichnis aller geplanten Lehrveranstaltungen (Vorlesungsverzeichnis). Innerhalb der Inskriptionsfrist – sie startete meist zwei Wochen vor Vorlesungsbeginn und endete eine Woche danach (mit einer rund dreiwöchigen Nachfrist) – schrieben sich die Studierenden in die einzelnen angekündigten Lehrveranstaltungen ein. Es gab bis in die 1960/70er Jahre keine vordefinierten Studienrichtungen oder verbindlichen Studienpläne, lediglich Empfehlungen. Man inskribierte daher einzelne Lehrveranstaltungen nach Interesse und konnte sie nach Bezahlung der entsprechenden Gebühren (Kollegiengeld) besuchen.

Ablauf der Inskription

Die Studierenden mussten ausgefüllte und unterschriebene „Nationale“ (Inskriptions-/Zulassungsscheine), den Studentenausweis (Legitimation, entspricht heute der u:card) und das Meldungsbuch, beides mit Passfoto, ihre persönlichen Dokumente (Reifezeugnis, Geburts- und Heimatschein und Meldezettel, allfällig Abgangszeugnis einer vorher besuchten Universität) am jeweiligen Dekanat abgeben. Ein Nationale wurde am Dekanat einbehalten, ein anderes an der Quästur, die übrigen Dokumente gemeinsam mit einem provisorischen Aufnahmeschein zurückgegeben. Damit ließen die Studierenden in der Quästur die eigentliche Inskription durchführen. Pro Vorlesung waren Belegscheine einzureichen und die entsprechenden Studiengebühren zu bezahlen.

Inskriptionsgebühren/Studienkosten

Die Studienkosten setzten sich aus zahllosen „Taxen“ und Gebühren zusammen (Preise von 1930 in Schilling): Auditorengeld (18–30 S., je nach Fakultät), Immatrikulationstaxe (6 S.), Bibliotheksbeitrag (3 S.), Fürsorgebeitrag (1 S.), Regiebeitrag (3 S.), obligatorische Unfallversicherung (1 S.), Mitgliedsbeitrag der Studentennation bzw. später Hochschülerschaft (3 S.), Kollegiengeld (1 Schilling je Stunde Lehrveranstaltung) und allfällige Labortaxen oder Seminarbeiträge (1–30 S., je nach Studium, Institut und Lehrveranstaltung) sowie zahlreiche Gebühren für Formulare und ihre Einreichungen, Prüfungen, Zeugnisse, Bestätigungen, etc.

Die Gesamtkosten hingen von der Studienrichtung ab – so kostete ein Chemiestudium 1937 das Doppelte eines Physikstudiums bzw. das Zehnfache eines Geschichtsstudiums oder das 30-fache eines Anglistikstudiums (Stand: 1937). Generell galt: Ausländische Studierende mussten jeweils das Dreifache der Inländer*innen Gebühren bezahlen.

Für eine (halbe/ganze) Befreiung von den Kollegiengeldern mussten entsprechende Anträge und Dokumente (Mittellosigkeitszeugnis) eingereicht werden, nur Kinder von Universitätslehrenden waren von den Studiengebühren automatisch und zur Gänze befreit.

Die allgemeinen Studiengebühren wurden in den 1970er-Jahren (Regierung Bruno Kreisky, SPÖ) abgeschafft, und 2001 (Regierung Wolfgang Schüssel, ÖVP) als Studienbeiträge im Ausmaß von 363,36 € pro Semester wieder eingeführt.

Inskriptionsschein/Stammdatenblatt „Nationale“ (1850–1966/67)

Die Inskriptionsscheine („Nationale“) gehören heute zu den wichtigsten Quellen für die Geschichte der Studierenden im 19. und 20. Jahrhundert. Bis Ende der 1960er Jahre basierten alle statistischen Angaben zu Studierendenzahlen auf einer händischen Auszählung der Inskriptionsscheine in der Quästur und den Dekanaten. Die einzelnen ausgefüllten Nationale-Formulare wurden je unterschiedlichem Verwaltungserfordernis immer wieder neu gruppiert (für manche Verwaltungsvorgänge nach Fakultäten, für manche nach Geschlecht, Zahlungsstatus, ordentliche/außerordentliche, in- oder ausländische Studierende, etc.) und gezählt.

Alle Studierenden füllten zu Semesterbeginn mindestens ein „Nationale“ aus – bei Nachinskription oder Änderungen in den persönlichen Angaben wie etwa Adressänderungen jeweils ein weiteres „Nationale“ (fallweise bis zu sechs je Semester und das in mehrfacher Ausfertigung).

Das Nationale enthält Angaben über: Fakultät; Status (ordentliche bzw. außerordentliche Hörer*in), jeweiliges Studiensemester; Staatsbürgerschaft; Geburtsort und -land; Muttersprache; Volkszugehörigkeit (ab Wintersemester 1928/29); Alter (anfangs Alter in Jahren, später konkretes Geburtsdatum); Religionsbekenntnis; Name, Beruf und Adresse des Vaters bzw. Vormunds (Studierende waren bis 1919 erst im Alter von 24 Jahren großjährig und damit rechtsfähig, ab 1919 mit 21 Jahren, ab 1973 mit 19 Jahren und seit 2001 mit 18 Jahren); Wohnadresse während des Studiums; Angaben zu Schulabschluss bzw. zur zuletzt besuchten Lehranstalt; Angaben zu Beschäftigung im öffentlichen Dienst (ab Wintersemester 1928/29) und schließlich die inskribierten Vorlesungen.

NS-Zeit

Das im Nationale anzugebende Religionsbekenntnis war für die Administration die zentrale Quelle bei der Vertreibung der jüdischen Studierenden im Nationalsozialismus, sowie auch die Basis der Berechnung des im März/April 1938 eingeführten „Numerus clausus für jüdische Studierende“ von 2% für das damals bereits laufende Sommersemester 1938 (dieser bedeutete einen gezielten Ausschluss von 80 bis 90% der jüdischen Studierenden der Universität Wien). Zusätzlich mussten alle inländischen Studierenden eine eidesstattliche Erklärung abgeben, „dass ich nicht Jude bin und nicht als Jude zu gelten habe“, Falschangaben zogen die Ungültigkeit der Inskription nach sich.

Umstellung auf elektronische Studentenevidenz (1967/68)

1967/68 wurde die Inskription auf EDV umgestellt (Durchführungsverordnungen zum Allgemeinen Hochschulstudiengesetz AHStG 1966 1967) und alle Studierenden mit siebenstelligen Matrikelnummern eindeutig identifizierbar gemacht. Auch alle Lehrenden, Lehrveranstaltungen, Studien, Institute und Universitäten erhielten eindeutig identifizierbare Kennziffern. Die Studierenden mussten nun nur noch jeweils ein Formular ausfüllen. Für die „Ablochung“ der Inskriptionsscheine wurde eigens ein Locher der Firma IBM angeschafft, während für die Datenverarbeitung die 1968 neu aufgestellte IBM-Rechenanlage des Statistischen Instituts benutzt wurde. Auch die Vorschreibung der Studiengebühren erfolgte von nun an mittels Computer. Studentenausweise enthielten nur noch die Angaben zum Studium, aber nicht mehr jede einzelne Lehrveranstaltung, wie das bis dahin übliche Meldungsbuch. Die Vorlesungsverzeichnisse wurden noch bis 2003 jedes Semester zigtausendfach gedruckt und verkauft, ab 2003/04 wurde auf Onlineverzeichnisse umgestellt, aktuell zu finden unter u:find (Vorlesungs- und Personen-/Organisationsverzeichnis der Universität Wien).

Mit der Umstellung auf das Internet wurde das Portal UNIVISonline (mit Studienübersicht, Sammelzeugnis, Studienbeitragsinfo und -zahlungsmöglichkeit) eingeführt, das Mitte der 2010er-Jahre durch das aktuelle Portal u:space abgelöst wurde (Serviceportal rund ums Studium). Matrikelnummern sind seit Juni 2017 achtstellig.

  • Inskription

    " Ich habe also inskribiert. Der Vorgang war sehr kompliziert und ehrfurchtgebietend; nichts als lateinische Namen auf dem ganzen Amtsweg: Quästur,...

    BestandgeberIn: Privatarchiv Herbert Posch, Wien UrheberIn: Marie Österreicher
    1936

Druckversion

  • Akten der Artistenfakultät mit der Verteilung der Lehrbücher für 1390

    Im Mittelalter war die Artistenfakultät (später Philosophische Fakultät) die größte der vier Fakultäten der Universität. Während die übrigen...

    BestandgeberIn: Archiv der Universität Wien UrheberIn: Universität Wien Signatur: UAW, PH 6, fol. 44v-45r
    1390
  • Inskriptionsbestätigung für den Mediziner Johannes Zwelfer

    Paul de Sorbait, Rektor des Studienjahres 1668/69, bestätigt, dass der Mediziner Johannes Zwelfer [auch Zwölfer] 1649 während des Rektorats von...

    BestandgeberIn: Wiener Stadt- und Landesarchiv UrheberIn: Ulrike Denk Signatur: WStLA, 3.1.2.A1.1/1670 [unfol.]
  • Vorlesungsverzeichnis 1851

    Das Vorlesungsverzeichnis der Universität Wien vom Sommersemester 1851. eines der ersten Vorlesungsverzeichnisse nach den Universitätsreformen von...

    1851
  • Inskriptionsformular „Nationale“ (1849–1924), 1869

    Ein Beispiel für einen ausgefüllten Inskriptionsschein, damals genannt „Nationale“ , aus dem Wintersemester 1869 (vom damaligen Germanistik- und...

    BestandgeberIn: Archiv der Universität Wien UrheberIn: Universität Wien
    1869
  • Inskriptionsformular "Nationale" (1924-1968)

    Ein Beispiel für einen ausgefüllten Inskriptionsschein, damals genannt „Nationale“ , aus dem Wintersemester 1937/38 (vom damaligen Jusstudenten Kurt...

    BestandgeberIn: Archiv der Universität Wien UrheberIn: Universität Wien
    1937
  • Studentenausweis/Meldungsbuch (1900-1968)_1

    BestandgeberIn: Archiv der Universität Wien Signatur: UA S187.786
    1936
  • Studierendenausweis (1970er-1996)

    Studierendenausweis, wie er von Ende der 1960er Jahre bis Mitte der 1990er Jahre in Verwendung stand, der neben persönlichen Angaben auch je Semester...

    BestandgeberIn: Privatarchiv Herbert Posch, Wien UrheberIn: Herbert Posch
    1984
  • Studierendenausweis (1994-2018)

    Studierendenausweis, wie er von Mitte der 1990er Jahre bis 2018 in Verwendung stand, der nur noch wenige persönliche Angaben enthielt. Semesterweise...

    BestandgeberIn: Privatarchiv Herbert Posch, Wien UrheberIn: Herbert Posch
    1996
  • Studierendenausweis (2018-heute) u:card

    Muster einer " u:card " (Vorder- und Rückseite), die 2018 den Studierendenausweis aus Papier ablöste . Sie ist gleichzeitig auch Bibliotheksausweis...

    BestandgeberIn: Universität Wien UrheberIn: Universität Wien
    2008
Ulrike Denk, Herbert Posch

Zuletzt aktualisiert am 11.10.2024 - 10:33